Eigentlich war der Plan nach Inishmore, auf die grösste der Araninseln zu reisen. Dort wollte ich mich auf die Suche nach einer Strickerin begeben und Euch erzählen, was es mit den verschiedenen Mustern der berühmten Aran-Pullover auf sich hat. Irlands manchmal doch etwas launisches Wetter hat mir dies leider vereitelt. Es stürmte abenteuerlich. Kurz vor der Überfahrt hiess es: „sorry, no boats to the Island today!“ Mist! Eigentlich kein Problem. Ich mag es ja, spontan zu sein. Aber meine Story war erst mal futsch. Also musste ganz schnell Plan B gefunden werden. Connemara!
Plan B: Connemara
Diese wunderschöne wilde Gegend ganz im Westen von Irland. Ich kenne sie schon eine halbe Ewigkeit. Ich habe bislang noch keinen anderen Ort auf dieser schönen Erde entdeckt, der mich so sehr verzaubern kann. Connemara, das ist Magie.
Die liebliche und doch so raue Natur Connemaras hat mich schon in meiner Kindheit in ihren Bann gezogen. Es ist diese Besinnung auf das Wesentliche, der unweigerliche Einklang mit der Natur, der auch die Menschen in dieser Region prägt. Man lebt mit der Natur, mit ihren Launen, mit Wind, Stürmen, Regen und auch mit Sonnenschein, die sich manchmal im Sekundentakt abwechseln. Wetterprognosen sind hier völlig überflüssig. Man muss sich auf alles einstellen.
Von Galway nach Leenan
Gedacht getan. Mein Weg führte mich also von Doolin, in der Nähe der Cliffs of Moher, von wo aus ich eigentlich ja auf die Arans aufbrechen wollte, weiter nördlich nach Galway. Von Galway dann weiter Richtung Oughterard und Lough Corrib. Dort, wo die Gegend dann immer weniger dicht besiedelt ist und nur noch vereinzelt Häuser zu entdecken sind, beginnt das eigentliche Connemara. Sumpf und Torflandschaften, plätschernde Bäche mit glasklarem Wasser, Rhododendronbüsche, dunkelrot blühende Fuchsien, dazwischen strahlend blaue Seen und viel, viel Grün mit vereinzelten weissen Sommersprossen, in Form von Schäfchen. In Maam Cross entschliesse ich mich nicht weiter der „Hauptstrasse“ zu folgen, sondern lieber die kleine Strasse über die Berge in Richtung Leenane zu nehmen.
Ausser ein paar Schafen, die hin und wieder die Strasse queren und viel umwerfender Natur gibt es hier, sehr wohltuend, nichts – gar nichts.
Erst kurz vor Leenane tauchen vereinzelt wieder ein paar Häuser auf. Leenan liegt an Irlands einzigem Fjord, Killary Harbour. Leenane ist ein verträumtes Örtchen, ein paar Häuser und Souveniershops und ein paar Pubs und ein Restaurant, sowie ein kleines Schafs- und Wollmuseum. Der Ort schmiegt sich an die Bucht und im Hintergrund erheben sich Connemaras Hügel und Berge. Nichts Aufregendes, aber hübsch anzusehen.
Von Leenan in Richtung Clifden
Nach dem Stop in Leenan, folge ich dem südlichen Ufer des Fjords, weiter in Richtung Westen.
Ich komme an der berühmten Kylmore Abbey vorbei. Meist parken hier unzählige Busse auf dem Besucherparkplatz. Ich war als Kind häufig in der Abbey. Zum Klavier üben. Meine Lehrerin war eine spanische Nonne. Damals war die Abbey noch kein Museum und es hat sich kaum mal ein Fremder dorthin verirrt. Von Fotos weiss ich, dass „mein Klavier“ immer noch dort in den Räumlichkeiten steht, aber ich möchte es nicht mit unzähligen Touristen teilen. Ich spare mir also den Besuch der Abbey, betrachte sie nur von weitem und fahre weiter grade aus.
Bei meinem letzten Besuch bin ich in Moyard rechts abgebogen, um nach Cleggan zu kommen. Von dort geht das Boot rüber auf eine meiner Lieblingsinseln, Inishbofin. Dort habe ich vor knapp zwei Jahren mit der ganzen Familie eine traumhafte Woche verbracht. Der irische Wind bläst allerdings immer noch heftig und ich vermute, dass auch hier das Boot nicht fährt.
Die Skyroad
Also folge ich der Strasse weiter, durch den Connemara Nationalpark in Richtung Clifden. Clifden ist der Hauptort Connemaras. Den lohnenswerten Schlenker entlang der Küste, die Sky Road, lasse ich mir dabei natürlich nicht entgehen. Der Blick hinaus aufs Meer reicht bis hinüber zu den vorgelagerten Inseln Inishturk und Turbot, während sich in Richtung Landesinneres die Twelve Bens, Connemaras Gebirgszüge, aufbauen.
Clifden, der Hauptort Connemaras
Clifden ist ein kleines, verträumtes Provinzstädtchen. Bunte Häuser, liebevoll eingerichtete Läden, Pubs und Restaurants säumen die Strassen.
Wer es bis nach Connemara schafft, der wird bald erkennen, dass hier nicht der Sekundenzeiger den Takt angibt. Man nimmt sich Zeit und ist immer für ein Schwätzchen aufgelegt. Auch mit Fremden. Meist beginnt das Gespräch mit einem kurzen Lob oder mit Tadel über das aktuelle Wetter. Ein gutes Thema, denn davon hat man hier sehr viel.
Ich komme mitten im Zentrum von Clifden, im Benview House unter. Nach einem obligatorischen Schwätzchen mit der sehr liebenswürdigen Eileen, meiner Gastgeberin, kann ich mich sogleich ins Nachtleben schmeissen.
Während Clifden tagsüber sehr geruhsam daher kommt, steppt am Abend in den Pubs der Bär, oder besser gesagt, es steppen die Jungs und Mädels beim Irish Dance. Aus den zahlreichen Pubs ertönen eingängige irische Melodien und Gesang, meist von Fiedeln begleitet. Das Lied von der süssem Molly Malone lockt mich in Lowry`s Bar. Ein Glücksgriff, wie sich später herausstellen sollte.
Nach ein, zwei Guinness erfahre ich nämlich von meinem Sitznachbarn nicht nur dessen ganze Familiengeschichte, sondern auch, dass das Lowry`s im letzten Jahr zur besten traditionellen Bar in ganz Irland gekürt wurde. Auch wenn die Iren ganz gerne mal Geschichten erzählen, besonders die schaurigen Spukgeschichten, glaube ich ihm dies aufs Wort.
Bei ausgelassener Stimmung, netter Unterhaltung, teils fröhlicher und teils melancholischer Musik, verbringe ich also den Rest des Abends im Pub und lasse mich mitreissen von Connemaras Seele.
Das Herz von Connemara
Der nächste Morgen beginnt bei strahlendem Sonnenschein. Ein perfektes Thema für das erste Gespräch zum Frühstück.
Frisch gestärkt starte ich in den Tag, um weiter in das Herz von Connemara vorzudringen. Von Clifden aus nehme ich die südwestliche Strasse, die R431, immer am Meer entlang. Diese Gegend ist kaum besiedelt, abgesehen von ein paar einzelnen Häusern und zwei, drei kleinen Fischerdörfern. Ich bin mitten im Gaeltacht. Hier wird gälisch gesprochen und auch die Strassenschilder sind meist auf gälisch angeschrieben.
Es bieten sich unterwegs umwerfende Ausblicke über die wilde und dann doch wieder so liebliche Küste und es scheint, als hätte man diese Gegend irgendwie vergessen. Was ich allerdings durchaus positiv sehe.
Weltgeschichte made in Connemara
Dabei wurde, kaum zu glauben, genau hier Weltgeschichte geschrieben.
Guglielmo Marconi gelang 1901 von hier aus die erste transatlantische Funkübermittlung. Eine neu erstelle Gedenkstätte erinnert daran. Damit aber noch nicht genug: Am 14. Juni 1919 endete hier im Torfmoor die erste Nonstop-Transatlantiküberquerung der Herren John Alcock und Arthur Whitten Brown mit einem Flugzeug. Während diese zwei weitgehend unbekannt blieben, heimste sich Charles Lindbergh erst Jahre später, im Mai 1927 und damit also völlig zu Unrecht, den Ruhm ein. Und nein, das sind keine dieser irischen Geschichten, sondern tatsächlich Meilensteine der Geschichte.
Allerdings geht man hier mit solchen Berühmtheiten eher bescheiden um. Die wahren Herausforderungen waren in dieser Gegend immer ganz anderer Natur.
Connemara zählt zu den ärmsten Regionen in Irland. „To hell or to Connacht“ lautet ein altes irisches Sprichwort, das sich auf das harte Leben in dieser rauen Landschaft bezieht. Ich als Reisende hingegen habe diese Gegend immer als ganz besonders himmlisch empfunden.
Die Ruhe, die Einsamkeit, das Rauschen des Meeres, das Plätschern der Bäche, nur ab und zu durchbrochen durch das Blöken eines Schafes, der Wind, der Nebel, der Regen und die Sonne, das alles verleiht Connemara seine märchenhafte Magie.
Nur sehr schwer und wehmütig löse ich mich von dieser Gegend.
Galway
Je näher ich in Richtung Galway komme, desto weiter dringe ich wieder in die Zivilisation vor. In Galway tobt das pralle Leben. Eine quirlige, bunte Stadt. Für mich jedes Mal ein kleiner Kulturschock. Und trotzdem kann ich einen Besuch dieser Stadt am Meer nur wärmsten empfehlen.
Allein dieser Kontrast zum beschaulichen, wilden Westen zu spüren, ist das Erlebnis wert. Ich mag Galway mit seinen vielen Kneipen, Shops, den Iren, Musikern und Touristen.
Dennoch:
Mein Herz, das schlägt für Connemara. Eine ewige, nie endende Liebe.
Mein Fazit zum Roadtrip durch Connemara
Nun, meine geplante Story konnte ich Euch leider nicht mitbringen. Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal. Dafür konnte ich die ursprünglich geplante Reise durch eine Reise an meinen ganz persönlichen Sehnsuchtsort ersetzen. Wenn Ihr die Fotos anschaut, versteht Ihr vielleicht ein wenig, was ich meine.
Mit sonnigen Grüssen,
Offenlegung: Diese Reise wurde von Tourism Ireland unterstützt
3 Antworten
Connemara ist echt super schön! Bin ich auch schon durchgefahren!