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Thessaloniki – eine ungewöhnliche Liebesgeschichte

Thessaloniki ist eine Frau. Sie ist eine etwas rundliche Hausfrau mit roten Wangen, die ihre Gäste mit offenen Armen empfängt.
Inhalt

„Thessaloniki ist eine Frau. Sie ist eine etwas rundliche Hausfrau mit roten Wangen, die ihre Gäste mit offenen Armen empfängt. Sie hat Spass daran ihre Gäste zu verwöhnen.“

… Erfahre ich von Kostis Zafeirakis. Kostis führt Gäste auf seiner Food Walking Tour zu den kulinarischen Schätzen seiner Stadt.

Thessaloniki ist bestimmt keine Frau für die Liebe auf den ersten Blick. Doch wer sie näher kennenlernt, den zieht sie unweigerlich in ihren Bann. Thessaloniki ist die Liebe auf den zweiten Blick. Dafür viel tiefgründiger, weniger flüchtig und voller Magie.

Der erste Blick in Thessaloniki fällt auf Häuserfronten und Häuserschluchten, die an typische Plattenbauernsiedlungen der ehemaligen Ostblock-Staaten erinnert. Schön geht anders.

Promenade Thessaloniki

Was ich auf den zweiten Blick in ihr gesehen habe? Lasst mich am Besten ganz von vorne anfangen.

Die Erbschaft in Thessaloniki

Street Thessaloniki

Nach meiner Landung am Flughafen von Thessaloniki checkte ich etwa eine halbe Stunde später im Hotel Anatolia ein. Schnell den Koffer auf das kleine, aber saubere Einzelzimmer gebracht, war ich auch schon bereit mich in das Abenteuer zu stürzen. Abenteuer im wahrsten Sinne. Ich hatte kurz vor meiner Abreise ein ominöses Schreiben von einem Anwalt in Thessaloniki erhalten. Ich solle am Donnerstag um 17 Uhr in seine Kanzlei in der Innenstadt von Thessaloniki kommen, um ein Erbe anzutreten. Zunächst hatte ich die Mail als eine der üblichen Spammails abgetan. Aber da ich ja ohnehin nach Thessaloniki reisen würde, war meine Neugierde geweckt. Also begab ich mich auf direktem Weg zur Kanzlei. Dort wurde ich zur genannten Zeit schon vom Anwalt, natürlich im feinen Anzug, erwartet.

Er erzählte mir folgendes: Ein entfernter Onkel, den ich nicht gekannt hatte, sei verstorben und er habe mir und ein paar Miterben eine Erbschaft hinterlassen. Da der Onkel offenbar ein gewitzes Kerlchen war, habe er verfügt, dass ich und die anderen Erben erst ein paar Prüfungen bestehen mussten, bevor wir das Erbe antreten durften.

Diese Prüfungen waren in der Stadt verteilt. Los ging es am römischen Forum. Versorgt mit Informationen zum Leben und Wirken der Römer in Thessalonik musste ich die erste Prüfung bestehen. Eine runde Hozscheibe mit Löchern, durch die eine Schnur gefädelt war. Hm, und jetzt? Es dauerte doch seine Zeit, bis das Rätsel mit dem Hinweis gelöst war, aber schliesslich gelang es mir doch, die sogenannte Caesar Scheibe zu entziffern.  An der nächsten Station stand der Hinweis auf einer Skytala  – ein Hozstab und ein lagnes Band mit Buchstaben. Das war einfach! Aber verraten werde ich es nicht!  Rätsel für Rätsel arbeitete ich mich durch die Stadt weiter, vorbei an der byzantinischen Kirche Panagia Chalkeon. Nebenbei erfuhren ich und meine Miterben so allerhand wissenswertes über Thessaloniki und seine bewegte Geschichte, über die Römer, die Byzantiner und die Osmanen, über die grosse jüdische Gemeinde, die das Leben in Thessaloniki vor dem Zweiten Weltkrieg mit geprägt haben.

Forum
Torbogen Thessaloniki

Nach zwei Stunden voller Informationen und spielerischem Lösen von allerlei Rätseln, hatte ich die notwendigen Informationen, mehrere Ziffern und Zahlen, gesammelt und konnte, zurück im Büro des Anwaltes, mit Hilfe des erspielten Codes den Tresor zu meinem Erbe öffnen. Es stellte sich heraus, dass ein Onkel zu Lebezeiten wohl Fotograf war und er mir die erste Farbaufnahme von Thessaloniki hinterlassen hatte.

Viel mehr als an der Farbaufnahme erfreute ich mich allerdings an den Schätzen, die ich auf meinem Weg durch die Stadt entdeckt hatte. Meine Begeisterung für Thessaloniki war geweckt!

Thessaloniki bei Nacht

Liebe geht bekanntlich durch den Magen und ich verspüre langsam ein leises Kribbeln meinem Magen. Im traditionellen Restaurant „Ouzou Melathron“ liess ich den Tag bei köstlichen lokalen Leckereien und Tsiporo Revue passieren. Neben mir sass an einem langen Tisch eine ausgelassene griechische Familien.

Beim anschliessende Fussmarsch durch die Stadt fühlte ich es dann ganz deutlich. Thessaloniki lebt! Die Strassen sind voll mit lachenden, feiernden, geniessenden Menschen. Thessaloniki ist eine junge, vibrierende Stadt. Rund 10% der etwa 1 Mio. Einwohner Thessaloniks sind Studenten. Das verleiht der Stadt eine Leichtigkeit, wie ich sie in kaum einer anderen Stadt erlebt habe.

Thessaloniki entdecken

Der nächste Tag begann mit einer klassischen Stadtführung. Von der Promenade am Meer mit installierten Kunstwerken und dem weissen Turm, bis hin zu den höher gelegenen Regionen der Stadt. Vom Kettenturm aus hat man einen fantastischen Blick über die Stadt.

Schirme Thessaloniki
White Tower Thessaloniki
Impressionen Thessaloniki
Blick vom Kettenturm

Die kleinen schmalen Gassen, die sich den Berg hinunter winden, lassen kaum vermuten, dass man sich in einer Metropole befindet. Das Leben scheint hier langsamer zu laufen und der dörfliche Charakter hat einen ganz eigenen Charme. Gemütliche Tavernen mit weinberankten Pergolen laden zum verweilen ein.

Taverne Thessaloniki

Wieder unten in der Stadt gönnte ich mir ein köstliches Fischgericht im Restaurant Xontro Alati, das Fisch- und Seafoodliebhabern ganz besonders zu empfehlen ist!

Thessaloniki kreativ

Der Nachmittag war dann ganz der kreativen Seite Thessalonikis gewidmet.

Den Auftakt bildete ein Besuch in einer alteingesessenen Galerie, in der Mutter Charoula Nikolaidou und ihre Tochter Christina Papaioannou moderne Kunstwerke erschaffen, während der Gatte und Vater sich um den richtigen Rahmen kümmert. In namhaften Galerien dieser Welt wurden die Werke der kreativen Familie bereits ausgestellt, erfahre ich.

Kunstatelier Thessaloniki

Von der Künstlerfamilie ging es weiter zu den beiden Schwestern Elini und Paraskevi Kokolaki, die gemeinsam einen kleinen Laden führen. Während Paraskevi moderne Schmuckstücke erschafft, kümmert sich Elini um kulinarische Genüsse in Form von reinstem Olivenöl.

Kokolaki Schwestern

Kurz darauf fand ich mich in einem Schneideratelier wieder. Die quirlige Schneiderin Eleni schafft hier tragbare Kunst bzw. Mode für ihre zahlreichen Kunden. Sie mag besonders Swing-Musik erfahre ich von ihr und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es die Mode der dreissiger und vierziger Jahre ihr ganz besonders angetan hat.

Schneiderin Thessaloniki

Etwas düsterer ging die Entdeckung in den Katakomben des Aufnahmestudios Magnanimos weiter. Der Herr der Schalter und Knöpfe hat hier unzählige Produktionen begleitet und hat in den goldenen Zeiten Schaltplatten produziert, die Platinstatus erreichten.

Magnanimos

Ein paar Schritte weiter öffnete mir die Fotografin Emilia Panagiotou ihre Türen und ich bestaunte Ihre Kunstwerke an den weissen Wänden ihres Ateliers.

Fotografin Thessaloniki

Allen Künstlern gemeinsam ist dieses Funkeln in den Augen, diese Begeisterung, wenn Sie von ihrer Arbeit sprechen. Sie sind die Seele Thessalonikis und sie machen mit die wahre Schönheit dieser Stadt aus.

Ich spürte, wie meine Liebe zu dieser Stadt wuchs. Ein feines Menü im Fünfsternehotel Electra war der gebührende Abschluss eines erlebnisreichen Tages. Vom Restaurant des Hotels aus bietet sich ein bezaubernder Blick über die Stadt und auf das Meer.

Hotel Electra Thessaloniki

Thessaloniki kulinarisch entdecken

Gut ausgeschlafen starte ich in den nächsten Tag. Das Frühstück liess ich wohlweislich ausfallen.

Am Blumenmarkt erwartete mich Kostis Zafeirakis bereits. Und schon begann eine kulinarische Entdeckungstour durch die Märkte Thessalonikis. Der Modiano Markt, der von einer jüdischen Familie für die bessere Gesellschaft erbaut wurde, war die erste Station meiner kulinarischen Reise. Der Markt wurde 1926 eröffnet und steht heute unter dem Schutz der UNESCO. Leider sind die meisten Läden zurzeit geschlossen und es weht ein Hauch längst vergangener Zeiten durch die Halle. Dennoch lässt sich erahnen, welche kulinarischen Höhenflüge die hohe Gesellschaft damals hier genossen haben muss.

Wesentlich lebhafter geht es da ein paar Gassen weiter auf dem Kapani Markt zu. Der Kapani Markt ist und war der Markt für das Volk. Hier spielt sich das wahre Leben ab. Zwischen Gewürzen, Schafskäse und Ouzo, zwischen Obst, Gemüse und lachenden Marktfrauen und -herren.

Marktstand Thessaloniki

Manche Stände sind bereits seit Generationen in Familienbesitz. So auch der Stand der Familie Sataris. Früher hat Herr Sataris in manchen Jahren nur Melonen oder einmal auch nur Grapefruit verkauft. „Er hatte dann das Monopol darauf. Melonen gabt es nur bei ihm und sie stapelten sich im Laden bis unter das Dach“, erzählt mir seine Tochter lachend. Heute gibt es von süssen Bonbons, über Tee und Kräuter so ziemlich alles an Köstlichkeiten zu kaufen, was die griechische Küche zu bieten hat. Und ich durfte naschen. Nach Herzenslust lasse ich die kleine Leckereien, Feigenbrot und Sesamknusper genussvoll in meinem Mund verschwinden.

Markt Thessaloniki

Bereits ein wenig gestärkt ging es weiter, vorbei an zahlreichen Marktschreiern, die potentielle Kunden unüberhörbar auf ihr Sortiment aufmerksam machten. Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse und Gewürze. Auf der anderen Seite des Kapani Marktes befinden sich die etwas nobleren Geschäfte mit regionalen Delikatessen. Bei Schafskäse, eingelegten Oliven und einem Ouzou stellte ich fest, dass Liebe ganz bestimmt durch den Magen geht!

Thessaloniki kulinarisch

Thessaloniki hat mich voll und ganz – mit Haut und Haar.

So wie der Tag angefangen hatte, liess ich ihn nach einem Einkaufsbummel durch die Stadt auch ausklingen. Bei leckeren Mezze, einem Ouzo und umringt von ausgelassenen Menschen. Diesmal im Restaurant Panellinion. Leben pur!

Nightlife Thessaloniki
Food Thessaloniki

Angesichts der ausgezeichneten Küche verwundert es nicht weiter, dass der einizge Fastfood-Laden einer bekannten amerikanischen Kette in Thessaloniki schon nach wenigen Monaten wegen der ausbleibenden Kunden wieder schliessen musste…

Drei Tage sind viel zu kurz für diese vielfältige Stadt!

Es folgte noch ein kurzer Besuch im Weingut Domaine Gerovassiliou in Epanomi, eine Stippvisite am Strand von Potamos – ja, sogar schöne Strände gibt es in Stadtnähe – und ein leckeres Mittagessen im Restaurant des schicken Hotel Hyatt ganz in der Nähe des Flughafens. Dann sass ich leider schon wieder im Flieger in Richtung Wien, mit Anschluss nach Zürich.

Wine Thessaloniki
Strand Thessaloniki

Drei Tage sind definitiv viel zu kurz für Thessaloniki, auch wenn die Liebe schnell entfacht war!

Fazit:

Thessaloniki eignet sich nicht für ein flüchtiges Abenteuer. Thessaloniki will entdeckt werden.

Man muss in die Seele der Stadt schauen, um ihre wahre Schönheit zu erkennen. Und wer ihre wahre Schönheit erkannt hat, der kann sich ihrem Charme nur schwerlich entziehen.

Ja, Thessaloniki ist eine Reise wert!

Geht raus und entdeckt die schönen Orte dieser Welt. Geht die Schätze sammeln.

Mit sonnigen Grüssen,

Eure Patotra - klein

Extratipps für Thessaloniki

Hotels:

  • Hotel Anatolia: sauberes, modernes Hotel in Stadtnähe (ca. 15 Minuten zu Fuss ins Zentrum)
  • Hotel Mediterrane: in die Jahre gekommenes Fünfsterne Hotel mit guter Lage, direkt am Hafen und in der Stadtmitte
  • Hotel Electra: Hotel mit toller Lage und dem besten Blick über die Stadt und das Meer. Sehr gute Küche im Restaurant.
  • Hotel Hyatt Lage ausserhalb der Stadt, in Flughafennähe. Trotzdem sehr ruhig. Sehr gute Küche und dem gehobenen Standard entsprechend.

Restaurants:

  • Traditionell: Ouzou Melatron, Karipi 21 | Center, Thessaloniki
  • Fisch und Seafood: Xontro Alati, Ermou 26 | Thessaloniki
  • Gehobene Küche: Electra Orizontes, Mitropoleos 25 | Aristotelous Square, Thessaloniki
  • Traditionell, schick: Panellinion. Doxis 1 | Ladadika, Thessaloniki,
  • Cafe: Blé, Agias Sofias 19; für Kaffee und leckere Törtchen

Touren in Thessaloniki:

  • Witzige und zugleich lehrreiche Touren durch Thessaloniki: Dot2dot
  • Thessalonik Kreativ: Handpeak 
Meer Thessaloniki

Mit dabei waren:

Jeanette von Follow your Trolley

Tom vom Travelblogger


Offenlegung: Herzlichen Dank an Visit Greece und die Thessaloniki Hotels Association für die freundliche Einladung zu dieser Recherchereise!


4 Antworten

  1. Ach, Thessaloniki. Wir waren eine ganze Woche dort, hat auch nicht gereicht. 🙂 Und wir haben ganz andere Dinge erlebt als du. Das ist immer so witzig, bei anderen Bloggern über Orte zu lesen, wo man selbst gewesen ist, und es klingt ganz anders. Also, kein Wunder, wir hatten ja die Kinder dabei und haben uns hauptsächlich in Museen rumgetrieben. In dieser Beziehung hast du aber definitiv was verpasst, denn da ist die Stadt hervorragend aufgestellt. Wobei ich dir in einer Sache völlig Recht gebe: Liebe auf den ersten Blick ist in Thessaloniki schwierig. Aber ein bisschen Geduld zahlt sich aus! 🙂

  2. Schöner kann man Thessaloniki nicht präsentieren 🙂 Ich war schon öfter dort und mag v.a. das Ausgehviertel Ladadika, bei meinem nächsten Besuch werde ich dann Deine Orte aufsuchen. Vielen Dank für diesen schönen Bericht, mitten ins Herz eines Griechenlandfans. Liebe Grüße, Ines

    1. Liebe Ines
      Oh, vielen Dank für Deinen super lieben Kommentar! Ich freue mich sehr darüber!
      Thessaloniki hat mich völlig überrascht, denn mit so einer vibrierenden Stadt habe ich, ehrlich gesagt, gar nicht gerechnet. Ich glaube es wird Zeit, dass ich Griechenland grundsätzlich entdecke…
      Liebe Grüsse,
      Ellen

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