Dass der Schwarzwald an sich schon ein Juwel ist, darüber besteht in meinen Augen kein Zweifel. Darum zieht es mich immer wieder in dieses Land der dunklen Tannen, hohen Berge und gemütlichen Schwarzwaldhöfe. Ausserdem mag ich die Schwarzwälder. Dieses leicht eigenbrötlerische Tüftlervolk hat es mir angetan. So ist der Schwarzwald immer wieder gut, um auf Schatzsuche zu gehen.
Nur 15 bzw. 20km nordöstlich von Freiburg im Breisgau gelegen, bilden das Elztal und das Simonswäldertal inmitten der bergigen Schwarzwaldlandschaft zusammen die Region Zweitälerland. Viel Natur, gemütliche Städtchen und kleine Weiler. Hier scheint es ein wenig, als wäre die Zeit stehen geblieben.
Die geografische Abgeschiedenheit ist vermutlich auch der Grund für den Fortbestand der Traditionen über die Jahrhunderte. Auf meiner Reise habe mich auf die Suche nach den Juwelen des Zweitälerlandes begeben. Im Städtchen Waldkirch wurde ich fündig.
Das Elztalmuseum
Vom Elztal in die weite Welt – und wieder zurück
Während auf dem samstäglichen Markt geschwatzt und diskutiert wird und manche Köstlichkeit in Form von Schwarzwälder Speck, feinstem Waldhonig, oder auch einem Stück Schwarzwälder Torte den Besitzer wechselt, finde ich nur weinige Schritte weiter im Elztalmuseum ganz andere Kostbarkeiten. Das Elztalmuseum liegt im Barockbau des ehemaligen Chorherrenstiftes. Orgeln in allen Formen und Grössen. Traditionelle und moderne Musikautomaten geben hier schon von weitem hörbar den Ton an. 1799 hat sich mit Mathias Martin der Orgelbau in Waldkirch angesiedelt. Im Grunde genommen ist eine Orgel ja nichts weiter, als die Weiterentwicklung einer Kuckucksuhr, nur ohne Uhr und mit viel mehr als nur zwei Tönen. Im Elztalmuseum sind zahlreiche Schmuckstücke der heimischen Orgelbaukunst ausgestellt, die auch heute noch in aller Welt begehrt und geschätzt sind. Kirchenorgeln, Karusellorgeln, aufwendige Orchestrien, Drehorgeln und Leierkästen haben von Waldkirch aus die damaligen Charts von Paris, Rom, Amsterdam, Londen bis Sankt Petersburg erobert. Heute kommt die Welt dafür nach Waldkirch. Alle drei Jahre findet hier das „Internationale Waldkircher Orgelfest“ statt. Sogar aus Mexiko und Chile reisen Besucher für das Fest an, erfahre ich.
Die Führung durchs Museum ist kurzweilig und für Kinder gibt es vieles zum Anfassen, Ausprobieren und Begreifen. Aber auch wir Erwachsenen verlassen das Museum mit ein paar Aha-Erlebnissen. Viele berühmte Komponisten haben damals Stücke nur für Flötenuhren geschrieben. Hayden zum Beispiel. So konnte der Komponist sicherstellen, dass sein Name und seine Musik auch beim einfachen Volk bekannt wurde. Marketing würde man das heute nennen.
Es glitzert und funkelt im Elztal
Auch wenn das Hauptaugenmerk des Elztalmuseums auf den Orgeln liegt, so finde ich doch auch einen Raum, der mich ganz anderen Juwelen näher bringt. Hier glitzert und funkelt es. Rubinschmuck, ein grosses, geschliffenes Kreuz aus Bergkristall, die heilige Anna, die Schutzpatronin der Edelsteinschleifer und ein altes Foto ziehen mein Augenmerk auf sich. Sie erinnern mich dran, dass ich gleich im Anschluss eine weitere Verabredung habe.
Edelsteinschleiferei Wintermantel
Die älteste noch in Betrieb befindliche Edelsteinschleiferei Deutschlands
Bernd Wintermantel erwartet mich am alten Gewerbekanal, der hier Runze genannt wird. Bis ins 18. Jahrhundert gab es 35 Mühlenstandorte entlang des Kanals. Die Wasserräder lieferten Energie für die örtlichen Handwerksbetriebe in Waldkirch. So auch den Edelsteinschleifern. 28 bis 30 Schleiferstandorte gab es in der Region. Bernd Wintermantel führt diese Handwerkstradition in der sechsten Genration auch heute noch weiter. Er selbst ist zwar kein Schleifer, dafür fehle ihm die Geduld, verrät er mir. Aber als Goldschmied hat er noch einen Schleifer in der Schleiferei angestellt. Freilich wird heute ganz anders geschliffen, als anno dazumal.
Die historische Schleiferei im Zweitälerland öffnet er gerne für kleine Führungen. Stolz zeigt er die Turbinenanlage, die sein Grossvater 1925 hat bauen lassen und die auch heute noch funktionsfähig ist. Die Edelsteine kamen damals aus Europa nach Waldkirch. Bergkristalle aus der Schweiz, Granat aus Böhmen und Jaspis aus dem Markgräflerland. Geschliffen wurde bäuchlings liegend, mit den Händen nach vorne am riesigen Schleifstein aus Sandstein. Besonders bequem war das vermutlich nicht, aber immerhin haben es zwei Angestellte damals zum Bundesverdienstkreuz geschafft. Das heisst, sie sind dieser Arbeit über 60 Jahre lang nachgegangen. Die Geheimnisse der Edelsteinschleiferei wurden damals wie ein Schatz bewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben.
Am modernen Schleifstein erfahre ich, dass der Stein den Schliff vorgibt und nicht der Schleifer. Jeder Stein verlangt einen individuellen Schliff, auf den der Schleifer sich einstellen muss. Die Natur gibt den Ton an!
Vermutlich ist es genau das, was die Schwarzwälder als das Volk der Tüftler und Erfinder so weit gebracht hat. Man hat es verstanden, aus den begrenzten Möglichkeiten das allerbeste herauszuholen und sich dabei doch nach der alles bestimmenden Natur zu richten. Man hat den Uhrzeiger zum Laufen gebracht, den Kuckuck aus Holz zum Singen und den Edelstein zum Funkeln. Und noch vieles mehr.
Mystische Wanderung im Zweitälerland
Die Kandel-Tour
Die Muse für Erfindungen und Tüftelei ist, heute wie damals, ganz sicher in der wunderschönen und inspirierenden Schwarzwaldlandschaft zu finden. Das durfte ich selbst bei einer Wanderung entlang der Kandel-Tour im Zweitälerland erleben. Während es unten im Tal sommerlich warm ist, ist es hier oben auf dem Hausberg der Waldkircher, dem 1’241 m hohen Kandel, deutlich frischer. Nach dem nächtlichen Gewitter hängen am Morgen noch Wolken in den Bergflanken.
Der Kandel ist der höchste Berg im mittleren Schwarzwald. In früheren Zeiten galt er als der „Blocksberg des Schwarzwaldes“. Dass er diesen Namen ganz zu Recht trug, wird dem Besucher auf der Kandel-Tour nur allzu deutlich. Die Wanderung durch die Wälder verzaubert auf ihre ganz eigene Art. Weitblicke über das Rheintal hinüber in die Vogesen und bei gutem Wetter über den Südschwarzwald bis in die Alpen, lassen den Geist aufatmen.
Dass der Schwarzwald viel mehr kann, als nur dunkle Tannenwälder stellt er hier im permanent wechselnden Landschaftsbild ganz eindrücklich unter Beweis. Viele Sagen ranken sich um den Berg und spätestens am Fusse des Kandelfelsens läuft selbst dem beharrlichsten Skeptiker ein kühler Schauer über den Rücken:
Auf dem Kandelfelsen befand sich bis ins Jahr 1981 eine riesige steinerne Plattform, die Teufelskanzel. Just in der Walpurgisnacht im Jahr 1981 brach der riesige Felsvorsprung ab und donnerte talwärts. Wie diese feste Felsplatte so plötzlich abbrechen konnte, ist bis heute ein Mysterium. Vielleicht hatten auch tanzende Hexen Ihre Hände im Spiel?
Ich wandere gedankenversunken weiter und freue mich an der ursprünglichen Natur. Vorbeigeht es an der Thoma-Schutzhütte, von wo mein Blick ins und über das tief unten liegende Glottertal schweift, bis zur Kandelpyramide, von wo sich erneut die ganze Pracht der Berglandschaft und der umliegenden Täler mit ihren verborgenen Juwelen offenbart.
Es lohnt sich im Schwarzwald auf Schatzsuche zu gehen. Der Reisende wird mit einer Vielzahl an grossen und kleinen Fundjuwelen belohnt.
In diesem Sinne, geht raus und entdeckt sie!
Mit sonnigen Grüssen,
Passend zum Thema meiner Reise, waren wir im Hotel Kronjuwel in Waldkirch untergebracht. Das Drei-Sterne Designhotel setzt auf pomp und plüsch. Die Zimmer sind sehr sauber und auch das Essen ist durchaus empfehlenswert.
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Andre vom Reiseblögele war auch im ZweiTälerLand zum Wandern unterwegs.
Offenlegung: Diese Reise wurde von der Deutschen Zentrale für Tourismus, Schwarzwald Tourismus und dem Zweitälerland unterstützt.
Eine Antwort
Das Simonswälder Tal kenne ich gut – an jedem Arbeitstag fahre ich die Strecke nach Furtwangen hin und wieder zurück und durchquere dabei dieses Stückchen Schwarzwald. Dabei stelle ich mir immer vor, wie die Menschen früher auf den Höfen gewohnt haben und fast abgeschnitten waren – keine Autos oder Busse, alle Wege zu Fuß oder bestenfalls mit dem Pferdefuhrwerk.
Heute könnte ich mir gar nicht vorstellen, so abgeschieden zu wohnen und bin jeden Abend froh, dass es heute schnellere Möglichkeiten gibt, um von A nach B zu kommen. Aber immerhin: Zum Wandern ist die Gegend traumhaft. Die Photos sind toll geworden, da bekommt man richtig Lust, selbst auf Tour zu gehen!
Vielen Dank für den schönen Beitrag!