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Messkirch Campus Galli – Eine Zeitreise

Im Campus Galli entsteht eine karolingische Klosterstadt nach dem Klosterplan von St.Gallen, der auf der Bodenseeinsel Reichenau entworfen wurde.
Inhalt

Wer bislang, wie ich, der festen Überzeugung war, dass Zeitreisen reine Fiktion sind, der wird hier eines Besseren belehrt.

Heute nehme ich Euch auf eine ganz besondere, ja fast unglaubliche, einzigartige und spannende Reise mit. Ich reise mit Euch ins Mittelalter!

Der Campus Galli liegt etwas ausserhalb von Messkirch, im Dreieck zwischen Schwarzwald, Bodensee und der oberen Donau.

Campus Galli Lageplan

Hier entsteht auf einem 25 ha grossen Landstück eine karolingische Klosterstadt nach dem Klosterplan von St.Gallen, der etwa 830 n.Chr. auf der Bodenseeinsel Reichenau entworfen wurde. 1200 Jahre später wird diesem Plan nun Leben eingehaucht. Insgesamt 52 Gebäude, darunter eine grosse Klosterkirche, sollen innerhalb der nächsten 40 bis 50 Jahre hier entstehen. Wohlgemerkt nicht mit den technischen Möglichkeiten des 21 Jh. Nein, hier wird weitgehend so gebaut wie vor 1200 Jahren.

Campus Galli Klosterplan

Kaum ist das Auto auf dem grossen Parkplatz vor dem Gelände geparkt, gehen wir dem Mittelalter entgegen. Schon die Wiese, die den breiten Schotterweg säumt, sieht anders aus als die Wiesen, die ich sonst kenne. Sie ist viel dichter mit Blumen bewachsen und ich erfahre, dass Klosterwiesen im Mittelalter wohl so ausgesehen haben.

Campus Galli Blumenwiese

Je weiter wir uns von der Strasse der modernen Zivilisation wegbewegen, desto ruhiger wird die Umgebung. Nach ein paar Metern macht der Weg eine Rechtsbiegung in den Wald. Ein grosser Stein mit der Aufschrift Campus Galli kündet am Wegrand von den ungewöhnlichen Begegnungen, die hier auf uns warten. Als erstes passieren wir die Spinnerei und die Weberei. Leider ist grade Mittagspause, so dass wir den Webstuhl und die Spindel nicht in Aktion erleben können. Von Bert M. Geurten, dem visionären Initiator der Baustelle, erfahren wir, dass am Webstuhl gerade eine Altardecke für Papst Franziskus entsteht.

Der breite Kiesweg führt weiter durch den dichten Wald. Die nächste Station ist der Schreiner, der Einblicke in die damaligen Arbeitsweisen gewährt.

Schreiner

Ein paar Meter weiter zaubert die Korbflechterin aus Weidenruten hübsche Körbe.

Leider ist der Schmied in die Mittagspause ausgeflogen, aber es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, wie hier mit Hammer und Amboss allerlei Werkzeuge entstehen.

Schmid

Vorbei am Kräutergarten des Medicus, der manchen Koch wohl vor Neid erblassen lässt, führt uns der Weg zum Imker. Dieser stellt aus Russ, Wachs und Holzplatten das „iPad des Mittelaltes“ her, so Herr Geurten. Auf die beschichtete, etwa iPad-grosse Platte können mithilfe eines Stockes Notizen und Nachrichten geritzt werden.

Imker

Die Bienen geben sich davon gänzlich unbeeindruckt und gehen fleissig, wie sie nun mal sind, ihrer Arbeit nach.

Beim Drechsler demonstriert uns der Historiker, der das Projekt begleitet, wie und was im Mittelalter gedrechselt wurde.

Drechsler

Emsig gearbeitet wird auch an der nächsten Baustellen. Hier entsteht die Klosterkirche, deren Fundament schon zu erkennen ist. Während zwei starke Männer Bausteine herbeitragen, erfahren wir, dass sogar der Mörtel nach einem Mörtelrezept aus dem Mittelalter gemischt wird. Das Holzkreuz, das noch etwas nackt daher kommt, wird einen silbernen Mantel bekommen. Geweiht wird diese Kirche nicht werden. Sie soll ein Begegnungsort für Menschen aller Konfessionen werden. Eine schöne Vorstellung!

Fundament Klosterkirche

Auf dem Marktplatz der karolingischen Klosterstadt dürfen wir uns an köstlicher Klosterwurst und Klosterfladen erfreuen und uns etwas Zeit nehmen, die Eindrücke sacken zu lassen. Auffällig ruhig ist es hier. Ausser einem leisen Klopfen und den Stimmen der Natur ist nichts zu hören. So gar kein Grossbaustellenfeeling. „Entschleunigen“ ist das Stichwort und wir erfahren, dass sogar eine Familie mit drei Kindern ihren Urlaub hier verbracht hat und sich dabei tatkräftig einbringen konnte. Offensichtlich war die Familie so begeistert, dass sie gar vom schönsten gemeinsamen Urlaub sprachen. Auch wenn es nicht grade ein ganzer Urlaub sein muss, kann ich mir gut vorstellen, dass das Arbeiten in der ruhigen Natur eine therapeutische Wirkung haben kann. Diese Art der „Therapie“ wird auch genutzt. Neben einigen Festangestellten und freiwilligen Helfern arbeitet der Campus Galli eng mit verschiedenen sozialen Einrichtungen in der Umgebung zusammen.

Gesättigt kann unsere Zeitreise weitergehen. Die Biologin, die sich um den Anbau und die Pflege alter Getreide- und Gemüsesorten kümmert, kommt uns strahlend mit zwei Holzeimern entgegen, obwohl der viele Regen in diesem Sommer der Ernte zugesetzt habe. Zu Zeiten des Mittelalters hätte da bestimmt eine grosse Hungersnot gedroht.

Biologin

Nur gut, dass wir uns mit wenigen Schritten wieder in das 21. Jahrhundert beamen können. Vorher kommen wir aber noch bei den vergnügt grunzenden Schweinen, dem Besenbinder, der Färberei und dem Schindelmacher vorbei.

Besenbinder

Es fällt auf, dass alle einen sehr entspannten und zufriedenen Eindruck machen. Die Hektik des 21 Jh. wurde ganz offensichtlich auf dem Parkplatz vor dem Gelände parkiert. Und genau dort finden wir uns, zugegeben ein wenig wehmütig, nach unserem Rundgang durch das Mittelalter auch wieder ein.

Fazit:

Das Campus Galli ist in meinen Augen ein grandioses Projekt, das mich sehr fasziniert hat. Ich habe mir fest vorgenommen mit meiner Familie mindestens ein Mal pro Jahr hier vorbeizuschauen.

Ich bin äusserst gespannt auf den weiteren Verlauf der Arbeiten. Wo hat man sonst schon die Möglichkeit das Mittelalter „live“ zu erleben und wenn man will auch mal mit anzupacken?

Eine wirklich empfehlenswerte Zeitreise!

Mit sonnigen Grüssen,

Eure Patotra - klein

 Extratipps für Campus Galli

  • Weiter Infos zum Campus Galli und zu den umfangreichen Gruppenangeboten, auch für Kinder unterschiedlicher Altersgruppen (ab 5 Jahre) gibt es hier. Hier findet ihr auch die Info, wann das Campus Galli in die Winterpause geht.

Zwei Übernachtungsmöglichkeiten, in der etwas weiteren Umgebung die ich empfehlen kann:

  • Romantikhotel Kleber Post in Bad Saulgau. Ein schickes Designhotel mit einer sehr guten Küche – etwa 40 km entfernt
  • Das mittelalterliche Hotel Arthus in Aulendorf, das kleine und grosse Ritter und Burgfräulein begeistert  – etwa 50 km von Messkirch entfernt
EIdechse

Vielen Dank an Tourismus Baden-Württemberg für die freundliche Einladung!

Ich gebe in meinem Blog zu jeder Zeit meine eigene Meinung wieder!

5 Antworten

  1. Das hört sich super spannend an. Als Geschichtsfan liebe ich Freilichtmuseen, und dieses hier scheint schon etwas ganz Besonderes zu sein. Ist gar nicht so weit weg von mir, aber ich bin momentan mit Arbeit, Unterricht und Wohnung auflösen einfach zu beschäftigt, um in den nächsten drei Wochen noch einen Ausflug zu schaffen. Vielleicht nächstes Jahr, dann bei einem Heimaturlaub in Deutschland oder wenn ich meine Freundin in der Nähe von Zürich besuche.

    1. Liebe Nuria,
      Vielen Dank für Deinen Kommentar! Campus Galli ist wirklich etwas ganz Besonderes. Ich finde das muss man gesehen haben! Das Gute ist, dass Du noch genügend Zeit hast, Dir die Baustelle live anzusehen – immerhin noch etwa 40 oder 50 Jahre 😉
      Lieber Gruss,
      Ellen

  2. Hallo, ich bin einer der Steinmetze der Klosterstadt.
    Eben bin ich beim Stöbern auf diesen schönen Bericht gestoßen.
    Es ist für uns Mitarbeiter immer schön so ein tolles Feedback zu bekommen.
    Das motiviert uns sehr für die kommende Saison.

    Das Fundament der Holzkirche ist bereits fertig, das Kreuz wurde an seinen richtigen Platz hinter dem zukünftigen Altar Versetzt und der Rohbau der Holzkirche steht auch schon.
    Viele schöne Fotos können auf unserer Facebookseite angesehen werden.
    https://www.facebook.com/pages/Campus-Galli-karolingische-Klosterstadt-Me%C3%9Fkirch/151785991534972?ref=bookmarks

    1. Lieber Jens,
      Ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Ich freue mich riesig darüber!
      Campus Galli war einer der Reiseorte, die mich im letzten Jahr ganz besonders bewegt haben. Ihr leistet eine tolle Arbeit und ich hoffe und wünsche Euch, dass diese von Erfolg und öffentlicher Aufmerksamkeit gekrönt wird. Ich werde auf jeden Fall mindestens ein Mal im Jahr vorbeikommen, um mir die Fortschritte anzusehen und die besondere Atmosphäre auf mich wirken zu lassen.
      Liebe Grüsse,
      Ellen

  3. Liebe Ellen,

    gerade sehe ich, dass du in meiner Heimat unterwegs warst. Wie es so ist, die Attraktionen, die am nächsten liegen, vergisst man zu besuchen. Wir haben den Campus Galli diesen Sommer auf jeden Fall fest in der Planung – und nach deinem tollen Bericht erst recht!

    Liebe Grüße
    Antje

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