„Haben Sie Sonnencreme drauf?“, fragt die junge Frau während unserer kurzen Einführung. Ich bin um drei Uhr morgens aufgestanden. Jetzt ist es sieben. Ich schüttle stumm meinen Kopf. Nein, um diese Zeit creme ich mich noch nicht ein. «Dann ist es gut», sagt sie, «denn darauf reagiert ihre Haut sehr sensibel». Wir dürfen sie auf keinen Fall anfassen und falls einer in unsere Nähe kommt, sollen wir Ruhe bewahren.
Ich nicke pflichtbewusst und schnappe mir einen Schnorchel und eine Tauchermaske.
Dank der frühen Stunde ist noch wenig los. Zwei Fischer schieben eines der typischen philippinischen Holzruderboote ins Wasser und fordern mich auf mich reinzusetzen. Und los geht’s. Bevor ein flaues Gefühl überhaupt aufkommen kann, bin ich auch schon am Ort des Geschehens, nur wenige Meter vom Ufer entfernt. Hier haben sich bereits weitere Ruderboote im Kreis versammelt. Einer der Fischer gibt uns das Startkommando. Ich könne jetzt ins Wasser gehen, ich solle aber darauf achten, dabei nicht zu spritzen, denn das mögen sie gar nicht. Ich streife die Tauchermaske über und lasse mich ganz vorsichtig vom Boot ins Wasser gleiten.
Da ist er auch schon direkt vor mir. Nur wenige Meter vor mir. Der grösste Fisch der Welt. Ein Walhai! Sein riesiges Maul ist geöffnet und irgendwie muss ich in diesem Moment an Pinocchio denken. Beruhigend zu wissen, dass sich die bis zu 13 m langen Walhaie nur von Plankton ernähren. Beeindruckend ist das riesige Maul dennoch und mit gebührendem Abstand fange ich an, die ersten Fotos zu schiessen.
Ich bin völlig auf mein Gegenüber und auf meine Kamera konzentriert. Gleichzeitig möchte ich aber auch in der Nähe des Bootes bleiben, nur für den Fall, dass mein Gegenüber plötzlich auf mich zu schwimmen sollte. Alles scheint friedlich, als direkt neben mir ein schwarzer Schatten auftaucht. Reflexartig drehe ich meinen Kopf. Da sehe ich ein riesiges, geöffnetes Maul direkt auf mich zu schwimmen. Für einen kurzen Moment setzt mein Herz aus. Kurz darauf spüre ich es in Kopf und Magen wieder heftig pochen.
Ich versuche mich wieder zu beruhigen. „Ruhig bleiben und vorbeiziehen lassen“ hatte die junge Frau bei der Einweisung gesagt. Ruhig bleiben und vorbeiziehen lassen … «Don`t panic!». Kaum zu glauben, aber es gelingt mir tatsächlich den ersten Schreck zu überwinden und mich des riesigen gefleckten Ungetüms zu erfreuen, das majestätisch unter mir durch das Wasser gleitet. Drei oder vier riesige Walhaie schwimmen jetzt um mich herum, verschwinden in den Weiten des Meeres, um dann plötzlich, wie aus dem Nichts, wieder aufzutauchen.
Begleitet werden sie von riesigen Schwärmen silbern schillernder Fische, die mit weit aufgerissenen Mäulern durchs Wasser schwimmen. Ihr Anblick hat etwas Komisches. Wie ein Männerchor, der ein hohes A singt. Nur ohne Ton. Dabei filtern sie nur Plankton aus dem Wasser.
Und das ist auch der Wermutstropfen in dem Spektakel: Die Walhaie werden von den Fischern mit Plankton angefüttert. Nur so ist garantiert, dass sie auch gesichtet werden können. Den Fischern beschert das aufgrund der zahlreichen Besucher ein zusätzliches Einkommen und verhilft der ganzen Gegend um Oslob zu einem bescheidenen Wohlstand.
Das Wasser wird mit steigendem Planktonanteil zusehend trüber und das Plankton pikst auf meiner Haut. Auch sind jetzt deutlich mehr Menschen im Wasser als am Anfang, sodass mir immer jemand vor die Linse schwimmt. Meine 30 Minuten bei den Walhaien sind ohnehin vorbei und es ist Zeit wieder ans Ufer zurückzukehren.
Im Besucherzentrum warten bereits die nächsten Gäste auf das Abenteuer.
Auch wenn ich die ganze Situation Revue passieren lasse, kommt sie mir fantastisch, ja fast unwirklich vor. Ich bin froh, dass ich sie auf Fotos festgehalten habe. So kann ich mich immer wieder selbst davon überzeugen, dass ich kleiner Schisser tatsächlich mit den grössten existierenden Fischen geschnorchelt bin. Allein schon dafür hat sich die lange Reise auf die Philippinen gelohnt. Dieses Erlebnis ist wieder einer dieser kleinen Edelsteine, die ich in meine „Schatzkiste des Leben“ sammle. Zu gerne hätte ich diesen Moment mit meinen Kindern und meinem Mann geteilt. Vielleicht komme ich wieder. Dann aber ganz bestimmt mit Familie.
Fazit:
Auch wenn die Praxis des Anfütterns nicht unumstritten ist, war das Schnorcheln mit den Walhaien ein unvergleichliches Erlebnis! Dafür bin ich gerne morgens um 3 Uhr aufgestanden!
Ich empfehle möglichst früh am Morgen dort zu sein. Dann ist die Sicht noch klar und der Schnorchelplatz nicht zu voll.
Gut zu wissen
Es gibt vor Ort die Möglichkeit zu duschen. Ich war froh, dass ich das pikende Plankton abwaschen konnte.
Die Walhaie reagieren sehr empfindlich auf Sonnencreme, etc. Deshalb sollte man vor dem Schnorcheln darauf verzichten sich einzucremen. Grundsätzlich sollte man etwa 4 Meter Abstand halten. Die Walhaie halten sich allerdings nicht immer daran. Also nicht erschrecken, wenn plötzlich etwas Grosses, Dunkles aus dem Meer auftaucht!
Travel on! Die kleinen und grossen Abenteuer warten darauf, erlebt zu werden.
Mit sonnigen Grüssen
Ich sehe das Ganze mittlerweile etwas differenzierter, auch wenn es ein wahnsinniges Erlebnis war. Die Walhaie werden komplett in ihrem natürlichen Verhalten gestört. Ich weiss, dass eine ganze Region davon profitiert. Aber manchmal fällt es schwer, die tatsächlichen Auswirkungen des Eingreifens der Menschen zu erfassen.
Mehr Informationen zum Schnorcheln mit den Walhaien findet Ihr auch bei Adrian und Valeria von littlecity
Weitere Artikel über die Philippinen:
Bohol – kleines Paradies und noch viel mehr
Cebu – Hotel Shangri La`s Mactan
Manila – quirliger Moloch mit Charme
Ganz herzlichen Dank an das Philippine Department of Tourism für die Einladung! Salamat!
8 Antworten
Liebe Ellen ,
ein wunderschöner Bericht!! Man hat das Gefühl als wäre man selbst gerade am Geschehen beteiligt.Und nachdem wir immer noch mit dir träumen,freuen wir uns gleichzeitig schon darauf ins kühle Nass zu gleiten und diese wundervollen Geschöpfe live zu erleben .
Lieben Gruß
Stephan und Tanja
Liebe Tanja, lieber Stephan
Vielen Dank für Euren sehr netten Kommentar. Da dürft Ihr Euch zu recht drauf freuen! Ich bin schon gespannt, wie es für Euch wird.
Liebe Grüsse,
Ellen
Hallöchen 🙂
Toller Bericht, ich habe mir fest vorgenommen mir diesen riesigen Fisch auch mal aus der Nähe anzuschauen. Weißt du ob es in jedem Monat möglich ist mir den Walhaien zu schnorcheln? Mich interessiert besonders der November..vielleicht hast Du das noch in Erinnerung?
Viele sonnige Grüße
Laura
Liebe Laura
Das solltest Du unebdingt tun, wenn Du die Gelegenheit dazu hast! Für mich war es eines der tollsten Erlebnisse überhaupt. Soweit ich weiss kann man in Oslob das ganze Jahr hindurch mit den Walhaien schnorcheln. Ich würde so früh, wie möglich am Morgen starten. Später füllt sich das Meer zusehends.
Gaaanz viel Spass dabei!
Liebe Grüsse,
Ellen
Sehr gut geschrieben und mit Worten näher gebracht Werde es mir nicht entgehen lassen .
Lg Fritz
Hallo,
wir planen Ende April in Oslob mit den Walhaien zu tauchen. Wir wohnen für ein paar Tage in einem Resort in Oslob, das heisst nicht weit vom Tauchen entfernt. Meine Frage ist nun, ist es nötig jetzt schon vorab das Schnorcheln zu buchen oder kann man das einfach vor Ort machen am selben Tag?
Viele Grüße
Hallo Kay,
Wir haben das direkt vor Ort gebucht. Fragt am Besten mal in Eurem Resort nach. Achtet darauf, dass Ihr ganz, ganz früh hin geht. Gegen später ist das kein Vergnügen mehr. Auch wenn ich das Erlebnis echt nicht missen möchte, stehe ich der ganzen Geschichte heute etwas kritischer gegenüber. Wenn Ihr die Möglichkeit habt den Riesen in ganz freier Natur, ohne das ganze Spektakel zu begegnen, würde ich diese Variante auf jeden Fall vorziehen.
Lieber Gruss und ganz viel Spass auf den Philippinen!
Ellen
Super, vielen Dank!