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Das Grand Hôtel auf dem Waadtländer Jurabogen

Grand Hotel Les Rasses
Als Teenager jobbte er auf dem hoteleigenen Minigolf-Platz, vor fünf Jahren kam er zurück ins Grand Hôtel Les Rasses – als Direktor. Wir haben Patrice Bez in seinem Bijou im Waadtländer Jura getroffen.
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Wer diesen Ort nicht kennt oder zumindest davon gehört hat, der kommt wohl kaum per Zufall hier vorbei. Umso mehr empfehlen wir diesen Ausflug nach Bullet im Waadtländer Jura, weit ab der Touristenmassen – obwohl der bekannte „Schweizer Grand Canyon“ Creux du Van in knapp 30 Kilometern zu erreichen ist, und auch die Thermalbäder von Yverdon nur rund 20 Kilometer entfernt liegen.

Doch in der 600-Seelen-Gemeinde Bullet ist von all dem nichts zu spüren, in der malerischen Hügellandschaft dominiert an diesem schönen Augusttag die Ruhe der Natur. Nur ein paar Motorradfahrer brausen über die kurvenreiche Strasse mit Sicht über den Neuenburgersee. In der Ferne kann man gar einen Teil des Genfersees sehen, sowie – dank des wunderschönen Wetters – ein beeindruckendes Alpenpanorama. Was erstaunen mag: Hier oben, auf 1200 Metern Höhe, steht ein Grand Hôtel aus dem 19. Jahrhundert.

Sicht auf den Mont Blanc

Von der Terrasse des 1898 erbauten Grand Hôtel Les Rasses haben wir das Gefühl, die halbe Schweiz läge uns zu Füssen. Nicht umsonst nennt man in der Romandie den Jurabogen auch „balcon du Jura», den Jura-Balkon. Selbst die Jungfrau und den Mont Blanc können wir sehen. „So deutlich wie während des Lockdowns im März haben wir den Mont Blanc noch nie gesehen!“, sagt Patric Bez begeistert. Er hat vor fünf Jahren die Direktion des 3-Sterne-Hotels übernommen – ein Hotel, das auf eine nicht immer einfache Zeit mit Konkursen in den 70er-Jahren zurückblickt, sich aber dennoch halten konnte.

Nun ist Bez eifrig daran, dem Grand Hôtel seinen einstigen Glanz zurückzugeben: Mit Liebe zum Detail kümmert sich Bez persönlich darum, dass man hier in vergangene Zeiten eintauchen kann. Die Stühle des Bistrots hat er aus einem Grand Hôtel in Flims geholt, und auch die Lampen, Nachttische und ein Lavabo stammen aus der alten Zeit. „Wir möchten so viel wie möglich der Epoche entsprechend wieder auferstehen lassen“, sagt Bez.

Anscheinend mit Erfolg: Im November 2018 erhielt das Grand Hôtel Les Rasses die Auszeichnung „Historisches Hotel des Jahres 2019“ – genau in dem Jahr, in dem es sein 120-jähriges Bestehen feierte. Das Label „Swiss Historic Hotels“ umfasst die 55 schönsten historischen Hotels der Schweiz und zeichnet Authentizität sowie architektonische Bedeutung aus. In den Gängen des Grand Hôtel Les Rasses zeugen schwarz-weiss Fotos von der bewegten Vergangenheit: Der französisch-armenische Sänger Charles Aznavour gab hier etwa ein Konzert, und das Hotel wurde gar zur Kulisse eines Spielfilms.

Rückkehr zu den Wurzeln

Die Hingabe des Hoteldirektors kommt nicht von ungefähr: Patrice Bez ist im Nachbarsdorf Auberson aufgewachsen. „Als 15-Jähriger hatte ich sogar einen Nebenjob im Grand Hôtel: Ich kümmerte mich um den Minigolf-Platz und verkaufte Glacé“, erzählt er lachend. Seine anschliessende Karriere in der Hotellerie sollte ihn aber erst einmal weit weg der Heimat führen, mit Stationen unter anderem in der Türkei, Israel, Mexiko und der Karibik, aber auch in der Schweiz. 2015 wurde er schliesslich Direktor des Grand Hôtel Les Rasses – eine Rückkehr zu den Wurzeln gewissermassen, eine wahre Herzensangelegenheit.

Diese Emotionalität ist spürbar, Patrice Bez fühlt sich verbunden mit diesem Ort, und der Kontakt zur lokalen Bevölkerung ist ihm ein wichtiges Anliegen. Das Hallenbad – wo notabene auch er schwimmen gelernt hat – ist für Schulklassen geöffnet, er setzt auf regionale Firmen, Freunde feiern bei ihm im Hotel Apéros und gar Hochzeiten. Schon nur beim kurzen Rundgang durch das Hotel begrüsst er mehrere Gäste mit Namen. Einzelne Zimmer haben nämlich Dauermieter.

Zudem setzt sich Patrice Bez als Präsident der Regionalsektion von Hotellerie Suisse für die Region Yverdon-les-Bains, Broye und Vallée de Joux ein, und führt auch das Hotel Aquatis in Lausanne mit dem grössten Süsswasser-Aquarium-Vivarium in Europa. Doch nicht nur sein Engagement, auch sein eingespieltes Team – darunter zahlreiche langjährige Mitarbeitende – verleihen dem Grand Hôtel eine harmonische Stimmung.

Musikdosen, Mountainbike und Schweizer Menü

Patrice Bez ist nicht zum Ausruhen in die Schweiz zurückgekommen, ständig überlegt er an neuen Anpassungen, die er am Hotel vornehmen kann. Im Frühjahr 2017 wurde die Idee eines typischen Schweizer Bistros lanciert. In der „Boîte à Musique​​​​​​​“ werden Schweizer Weine und Biere sowie verschiedene regionale Gerichte wie Fondue, Vacherin Mont-d’Or oder Rösti serviert.

Das Restaurant Belle Epoque hingegen widerspiegelt den Charme von anno dazumal. Beim Abendessen haben wir die Qual der Wahl – die Menükarte wartet mit diversen Köstlichkeiten auf. Auch das hat Bez angepasst, während der Corona-Krise im März: „Wir setzen nun ausschliesslich auf Schweizer Produkte“, sagt Bez nicht ohne Stolz. In der Tat kommen die Eglifilets, Forelle und selbst der Lachs aus der Schweiz. Doch das heisst nicht, dass hier eine währschafte, altertümliche Küche aufgetischt wird: Gerichte wie Lachsauftstrich mit Vanille und grünem Pfeffer, Forelle an einer Morchelsauce oder Rinds-Involtini mit extrareifem Trüffel-Greyerzerkäse zeigen die gehobene Klasse auch in der Küche. Nebst guter Gastronomie, Sonnenterasse mit Alpenpanorama, Spa-Bereich mit Sauna und Hammam sowie Hallenbad, bietet sich neben dem Hotel auch die Region selbst für einen Aufenthalt an. Bekannt soll der Ort Sainte-Croix für seine Musikdosen sein, selbst ein Museum gibt es dazu. Auch locken zahlreiche Wanderungen. Wir entscheiden uns für den vierstündigen Rundweg auf den Chasseron. Unterwegs treffen wir auf einige Mountainbiker, im Winter zieht die Region vor allem Langläufer und Schneeschuhwanderer an. Gut möglich also, dass wir in ein paar Monaten hierher zurückkehren werden.

Wer schreibt hier?

Eva Hirschi
ist freie Journalistin und Bloggerin. Während vier Jahren ist sie um die Welt gereist und hat dabei ihre zwei Leidenschaften kombiniert: Das Reisen und das Schreiben. Wegen Corona legt sie nun einen längeren Aufenthalt in der Schweiz ein – was ihr Nomadenherz aber nicht daran hindert, auch in unseren Breitengraden auf Entdeckungstour zu gehen.


Offenlegung: Die Recherche fand auf Einladung des Grand Hôtel Les Rasses statt.


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