Schon die Anreise mit dem Zug über Chur nach Disentis/Mustér in der Region Surselva im Kanton Graubünden lässt das Herz vor Freude höher schlagen. Durch die mystische und zauberhafte Rheinschlucht arbeitet sich der Zug Meter für Meter bergwärts. Die Sonne blinzelt verheissungsvoll. Schon von Weitem ist das mächtige Kloster am Hang zu sehen. Dann ist Disentis erreicht. Durch den alten, kleinen Ortskern geht es über Pflastersteine bergauf.
Unser Ziel ist das Benediktinerkloster Disentis, das auf eine 1’400 jährige Geschichte zurückblicken kann.
Ich geh ins Kloster!
Schon seit jeher dienen Klöster als Zufluchtsort und Herberge für Reisende und Wanderer. Besonders den Benediktinern war und ist die Gastfreundschaft schon immer wichtig. Pater Theo, der mich durch das Kloster führt, fügt mit einem Augenzwinkern hinzu, dass man heute den Gästen aber nicht mehr die Füsse bei der Ankunft wasche, so wie das ursprünglich in den Schriften vorgesehen war. Aber man pflegt die Tradition der Gastfreundschaft und so werden im Kloster Disentis seit dem Jahr 2017 moderne, schlichte und behagliche Zimmer angeboten. In der Stiva St.Placi wird für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt.
Wir sind allerdings nur Gast auf Zeit. Wer bleiben möchte, muss eine Probezeit von 4 Jahren bestehen. Im Anschluss stimmen die Mönche darüber ab, ob man in die Gemeinschaft aufgenommen wird. Abgestimmt wird mit Bohnen. Eine weisse Bohne im Kästchen heisst ja, eine Schwarze heisst nein.
Der Ausblick von unserem Zimmer über Disentis und die Berge ist himmlisch!
Auch wenn man nicht weiss, warum sich der Mönch Sigisbert und der Rätier Placidus um das Jahr 700 genau hier niedergelassen haben, so kann man doch vermuten, dass auch sie dieser Anblick ins Tal und in die Alpen verzückt hat.
Das Kloster Disentis ist das älteste, belebte Benediktinerkloster der Schweiz. Es dient zudem mit seinem Gymnasium als wichtige Bildungsstätte in der Region.
Nach einem Rundgang durch das Kloster und die helle Barockkirche erwartet mich Marie Rose Deflorin an der Klosterpforte. Sie führt mich durch das Dorf, das aus verschiedenen Weilern besteht.
Der Tourismus entwickelte sich hier in der Surselva einst aufgrund einer Radonquelle. Disentis war bis ins Jahr 1984 ein Kur- und Badeort. Doch 1984 verschüttete eine Lawine die Quelle und brachte sie zum versiegen.
Auch heute suchen die Gäste in Disentis vor allem Erholung und nutzen die zahlreichen Möglichkeiten in den Bergen aktiv zu sein. Sei es beim Skifahren, beim Schneeschuhwandern oder beim Wandern.
Da auch ich eine Schneeschuhwanderung mit Mr. Patotra geplant habe, frage ich Marie Rose nach eine Geheimtipp. Die Antwort ist einfach und doch erhellend: „Hier ist es überall schön, um mit den Schneeschuhen unterwegs zu sein!“ Und sie hat Recht! Nach einer himmlischen Nacht im Kloster und einem ausgiebigen Frühstück schnallen wir die Schneeschuhe auf den Rucksack.
Ursprünglich war unser Plan mit dem Postauto von Disentis nach Curaglia zu fahren und von dort mit den Schneeschuhen zurück nach Disentis zu wandern. Aber das Frühstück war viel zu gut, um es nur schnell schnell einzunehmen. Das Postauto ist also weg und das nächste kommt erst in etwas mehr als einer Stunde! Ich erinnere mich an Marie Roses Worte und plane kurzerhand um.
Leichte Schneeschuhwanderung in Soliva
Mit dem Auto fahren wir es durch wilde Schluchten mit schroffen Felswänden in Richtung Lukmanierpass bis zur Abzweigung nach Soliva. Von hier windet sich das schmale Strässchen in engen Kehren den Berg hinauf. Der kleine Weiler Soliva ist von der Sonne geküsst und es bieten sich traumhafte Ausblicke auf die umgebende Bergwelt.
Vom kleinen Parkplatz am Rand des Weilers startet unsere gemütliche Schneeschuhtour. Auf dieser Seite des Tales hat die Sonne den meisten Schnee schon weggeleckt. So bleiben die Schneeschuhe erstmal auf dem Rucksack. Das tut dem Erlebnis keinen Abbruch. Die Aussichten sind traumhaft. Durch kleine Wäldchen geht es bergauf. Die unendliche Ruhe, die Ausblicke und der Sonnenschein sind Balsam für die Seele. Die stürmischen Zeiten sind für einen Moment ganz weit weg!
Kleine Maiensässe säumen den Weg – immer wieder mit Ausblicken auf die verwunschene Winterlandschaft am Piz Muraun, ins Val Plattas und auf den Piz Medel. Jedem Augenblick wohnt ein Zauber inne.
Wir gehen bis zur Fontauna Rodunda. Hier kehren wir um und nehmen den gleichen Weg zurück. Mit den Schneeschuhen ginge es eigentlich querfeldein über verschneite Wiesen den Berg hinunter. Aber die Sonne hat hier schon ihr Werk getan und den Schnee schmelzen lassen. Also lassen wir die empfindliche Wiesenvegetation in Ruhe und gehen den verschneiten Weg zurück, auf dem wir gekommen waren. Nach insgesamt ca. 2 Stunden kommen wir wieder an unserem Ausgangspunkt in Soliva an.
Sehr zufrieden und erholt geht es zurück in Richtung Disentis. Das Hüngerli in unseren Mägen wird in der gemütlichen Bündnerstube „Stiva Grischuna“ ganz vorzüglich gestillt. Hier gibt es typische, regionale Gerichte aus regionalen Produkten (teilweise in Bio Qualität).
Wer Ruhe und Erholung und atemberaubende Aussichten sucht, wer einfach mal dem Alltag entrinnen möchte, der ist in Disentis Sedrun allerbestens aufgehoben. Wir wären gerne länger geblieben
Mit sonnigen Grüssen
Hallo! Ich bin Ellen. Ich bin die Gründerin von PATOTRA, Content-Creator und freie Journalistin. Ich liebe das Meer und kleine Inseln. Aber auch die Berge, die Wüste, der Dschungel und Grossstädte können mich begeistern. Begegnungen mit Menschen sind für mich der Schlüssel zu anderen Ländern und deren Kultur. Nachhaltige Projekte liegen mir dabei ganz besonders am Herzen. Meine grossen Leidenschaften sind: das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren.
Im Jahr 2014 entstand PATOTRA als reiner Familienreiseblog. Gemeinsam mit meinen drei Kindern und meinem Mann durfte ich viele tolle Nah- und Fernreisen erleben, die sich hier auf dem Blog in Form von Reiseinspirationen und Reisetipps wiederfinden. Aus den Reisen mit Kindern wurden im Laufe der Jahre Reisen mit Teenagern. Schliesslich ist der Blog, gemeinsam mit meinen Kindern, den Kinderschuhen entwachsen. Mittlerweile reise ich meist gemeinsam mit meinem Mann – oder auch mal alleine.
Mit viel Herz und ansprechenden Reisefotografien möchte ich Euch ermutigen, diese Welt selbst und mit offenen Augen zu entdecken. Mein Fokus liegt auf spannenden Geschichten, traumhaften Landschaften und Begegnungen mit Menschen. Manchmal bringe ich Euch den Geschmack der grossen, weiten Welt auch in Form von Rezepten von meinen Reisen mit.
Offenlegung: Dieser Bericht ist im Rahmen einer Einladung von Disentis Sedrun entstanden. Meine Meinung bleibt davon unberührt.
Eine Antwort
Als ich vor zwei Jahren in Disentis mal Goldwaschen war – übrigens eine interessante und überraschend anstrengende Freizeitbeschäftigung – übernachtete ich auch im Kloster. Mich haben nebst dem leckeren Essen vor allem die hellen und ziemlich grossen Räume begeistert. In meiner Unwissenheit hätte ich mir das ja eher als etwas Beengendes und Düsteres vorgestellt – etwa so wie in „der Name der Rose“. Ich kann jedem, der da oben ein paar Tage bleiben will, das Kloster sehr ans Herz legen. Ein wirklich tolles Erlebnis.