Ein ganzes Land in einer Woche …

Ganz große Zwerge im Maerchenpark
… das ist doch eigentlich nur möglich, wenn man ein Japaner auf Fotosafari ist. Ausnahme: das wunderbare Luxemburg.
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Gastartikel von Nadine Sorgenfrei

… das ist doch eigentlich nur möglich, wenn man ein Japaner auf Fotosafari ist. Ausnahme: das wunderbare Luxemburg. Wir hatten mit unseren drei Kindern sechs Tage Zeit, das gut 2.500 Quadratmeter kleine Großherzogtum zu bereisen und waren schwer begeistert. Luxemburg ist absolut familienfreundlich, denn es ist einfach für jeden etwas dabei.

Durchatmen in der Natur

Märchenhafte Wälder mit moosbewachsenen Steinen, Flüssen, Wasserfällen und Seen. Dazu abenteuerliche Schluchten, Felsspalten und Ausblicke auf weite Felder und Apfelbäume – Naturliebhaber wie mein Mann Björn und ich werden in Luxemburg verwöhnt. Zum Wandern ist das Land perfekt geeignet. Zwei Trails wurden sogar mit dem Qualitätssiegel „Leading Quality Trail – Best of Europe“ ausgezeichnet, der Escapardenne in den nördlichen Ardennen und der 112 Kilometer lange Mullerthal Trail in der Region Müllerthal, Kleine Luxemburger Schweiz. Dabei geht es nie zu steil bergauf (die Höhe in Luxemburg übersteig keine 600 Meter), das macht das Wandern sogar mit unseren Kleinkindern Emmy (6), Jasper (4) und Eva (2) möglich. Durch seine ausgeprägte Landschaftsform wird man immer wieder mit herrlichen Aussichten auf Täler und Schluchten belohnt.

Muellerthal 02

Super praktisch: Im Tourismuscenter Heringen Mühle im Müllerthal kann man eine komplette Wanderausrüstung kostenlos ausleihen. Roby versorgt mich mit Funktionskleidung wie Jacke, Wanderstiefeln, Rucksack, Stock, Björn bekommt eine Kleinkindtrage für Eva und ein Wanderfernglas von Zeiss. Alles hat höchste Qualität und ist von namenhaften Marken wie Vaude oder Bergans gesponsort. „So hat jeder Besucher auch spontan die Möglichkeit, unsere Natur perfekt ausgestattet zu genießen“, erklärt Roby.

Perfekt ausgeruestet - bereit zur Wanderschaft

Dann nimmt er uns mit auf Wanderschaft. Auf einer Strecke von nur ca. drei Kilometern bekommen wir viel zu sehen: ein malerischer Fluss, ein romantischer Tümpel, faszinierende Felsformationen und dann das Action-Programm: eine Wanderung durch drei Felsspalten. Bei der ersten knipsen wir alle unsere Stirnlampen an, dunkel ist es und so eng, dass Björn sogar die Kindertrage absetzen muss. Die Kinder sind aufgeregt und ein bisschen ängstlich zugleich. Pech für Emmy und mich: Nach etwa zehn Metern erleuchten wir mit unseren Stirnlampen eine fette Spinne an der Felswand. Der geworfene Schatten lässt sie monströs erscheinen und wir haben in der 40 cm engen Spalte keine andere Wahl, als uns zentimeternah an ihr vorbei zu drücken. Emmys Geschrei wird von den Steinwänden zurückgeprallt, ich versuche, meinen Blick nur noch starr gerade aus zu halten. Dann endlich, ein Licht am Ende des Tunnels – wir haben es geschafft. Jasper und Björn sind begeistert, fühlen sich wie echte Höhlenforscher. Wir Mädels sind erleichtert und genießen den beruhigenden Ausblick in den Wald jetzt umso mehr.

Wenn man nicht wandert, kann man in der Heringe Mühle Piratenschätze suchen, mit Roby Brot backen oder Entenrennen veranstalten (mit Anmeldung). Und die Eltern können im anliegenden Restaurant fantastisch speisen.

Schatz gefunden! Heringer Muehle
Jasper backt in der Heringer Muehle

Wir übernachten in der Jugendherberge von Beaufort. Ich war erst etwas misstrauisch, befürchtete Duschen auf dem Gang, grölende Jugendliche und lauwarmen Hagebuttentee aus Blechkannen. Aber nix da! Das vor zwei Jahren neu (und nach aktuellen Energiestandarts) gebaute Hostel war überraschend einladend. Wir betraten eine Lobby mit Bar, die eher einem hippen Großstadthotel entspricht. Unser Zimmer war sauber und geräumig, wir hatten ein eigenes Bad und das Essen war für den Preis erstaunlich gut. Für 9,90 Euro pro Erwachsenen und sechs Euro für die Kinder bekamen wir abends ein auf unseren Wunsch vegetarisches Menü mit Suppe, Salat, Hauptspeise und Dessert. Das Highlight für die Kinder war der große Indoorspielplatz, auf dem alle drei stundenlang turnten, kletterten und rutschten (und der auch uns Eltern ein paar ruhigere Minuten bescherte).

Dauer-Lächeln in Luxemburg-City

Wo fange ich bloß an…? Vielleicht ganz deutlich: Ich liebe diese Stadt! Luxemburg zaubert mir einfach ein seliges Lächeln auf die Lippen. Ja, es ist klein und das macht es so gemütlich. Durch enge Gassen bummeln, den Palast des Großherzogs bewundern, exquisite Pralinen, funkelnde Schmuckstücke und neuste Designermode in Schaufenstern bewundern… Und alles ist auf kurzen Wegen zu Fuß auch mit kurzen Beinchen und Kinderkarre gut erreichbar. Dazu spürt man in dieser Stadt wie wohl in keiner anderen den Flair der Europäischen Union. Kaum eine Sprache, die man nicht hört, die Menschen sind bunt gemischt –südeuropäisch, skandinavisch, deutsch, französisch, belgisch … Und die Architektur erst! Hier treffen alte, geschichtsträchtige Bauten wie z. B. die Stadtmauer oder das Abtei Neumünster mit hochmodernen Bürogebäuden oder der Philharmonie aufeinander. Auf dem Kirchberg, wo sich unter anderem der Europäische Gerichtshof befindet, übertrumpfen sich die Komplexe gegenseitig mit moderner, ausgefallener Architektur.

Sein ausgeprägtes Umweltbewusstsein macht Luxemburg sehr sympathisch. Es gibt in der Stadt alle 500 Meter eine Fahrradstation, die Räder kann man für 30 Minuten kostenlos nutzen, ansonsten beträgt die Gebühr einen Euro pro Woche. Für Familien mit größeren Kindern ab ca. zwölf Jahren ein perfekter und günstiger Transport. Die Stadt und einige Regionen sind Wasserschutzgebiete und verzichten auf den Einsatz von Pestiziden. Viele Grünflächen in der Stadt werden kaum gemäht und bieten Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten Lebensraum.

Blick von der alten Stadtmauer auf das Abtei Neumuenster in Luxemburg-Stadt

Und Luxemburg hat Stil – künstlerisch gestaltete Skulpturen z. B. fungieren im Winter als Vogelfutterautomat. Dazu gibt es zahlreiche Museen und Ausstellungen zu entdecken, unter anderem die Fotoausstellung „Family of Man“, die 2003 zum UNESCO- Weltdokumentenerbe erklärt wurde.

Wie im Märchen

Wer sich für Geschichte interessiert oder einfach romantisch veranlagt ist, dem geht das Herz auf bei all den Burgen, Schlösser und Ruinen, die es in Luxemburg gibt. Mal stehen nur noch die Mauern wie bei der Burg Larochette, mal stehen noch die Ahnenbilder auf dem Schreibtisch wie beim Schloss Beaufort. Besonders charmant: Die ehemalige Kammerzofe der letzten, hier lebenden Adligen macht Führungen durch die Gemächer des prächtigen Renaissance-Gebäudes und plaudert dabei aus dem Nähkästchen. Zum Beispiel, dass zwar auf die mehrere Hundert Jahre alten Stufen ein Treppenlift eingebaut wurde, die über 80-jährige Dame des Hauses diesen aber verschmäht – er war ihr einfach zu langsam. Im Burghof gibt es noch eine kleine Leckerei für die Eltern: Der hier hergestellte „ Cassero“ ist ein Likör aus schwarzen Johannisbeeren, die rund um das Schloss herum wachsen. Ein wenig davon in ein Glas eiskalten Crément – herrlich!

Wenige Tage später besuchen wir das Schloss Vianden, das 1. mit dem Sessellift erreichbar ist und 2. gerade Schauplatz eines wunderbaren Mittelalterfestivals war – besser geht es doch kaum. Das Fest findet jedes Jahr Ende Juli/Anfang August statt und war wirklich beeindruckend. Wie auch das Schloss selbst, das bestimmt auch ohne lebende Ritter, Burgfräulein und Musikanten einen Ausflug wert ist.

Aufwendig restauriert und erstaunlich hell und freundlich praesentiert sich das Chateau Vianden

Ein toller Ausflugstipp ist auch der Märchenpark im südlich gelegenen Bettembourg. Hier gibt es kleine Häuser, in deren Schaufenster Grimms Märchen erzählt und mit Puppen vorgespielt werden, einen großen Tierpark mit fantastischen Amazonas- und Madagaskar-Häusern sowie mehrere aufwendig gestaltete Spielplätze.

Mit Eseln, Pferden und Hühnern

Nach vier wunderbare Tagen im Müllerthal wechseln wir in die nördlich gelegene Region Ardenne. Wir beziehen das schnuckelige Hotel Cornelyshaff in Heinerscheid, ein umgebauter Bauernhof mit eigener Bierbrauerei. Unser großes Zimmer unterm Dach ist urgemütlich und bietet Platz für ein Doppelbett, ein Einzelbett, ein Klappbett und sogar noch ein Babybett, ohne, dass wir uns gegenseitig auf die Füße treten. Auch hier ist das Essen sehr gut und günstig (Tagesmenü zwölf Euro, eine Kugel Eis 40 Cent) und alle Extrawünsche der Kinder werden gern erfüllt.

Ardenne 02

Im Tourist Center Robbesscheier in Munshausen heißt es „ Zurück zu den Wurzeln“. Unsere Kinder sind zum Tagesprogramm (15 Euro) angemeldet und erfahren von 10-17 Uhr, wie man Wolle spinnt, Kuchen backt, Kerzen rollt, Hühner, Schafe, Schweine und Kühe füttern und und und. Dann dürfen sie noch töpfern, Esel reiten und Kutsche fahren. An diesem Abend fallen sechs Äuglein ganz schnell zu und drei Münder lächeln selig im Schlaf …

Eigentlich immer nah dran

In Luxemburg ist dank seiner überschaubaren Größe eigentlich nichts besonders weit entfernt. Egal, wohin man möchte, das Großherzogtum ist schnell durchquert – das macht es so perfekt für Familienreisen. Es gibt übrigens drei offizielle Amtssprachen: Deutsch, Französisch und Luxemburgisch. Was nicht bedeutet, dass jeder Luxemburger auch alle drei spricht – machmal wird selbstverständlich auf Deutsch geantwortet, manchmal parliert die Kellnerin ausschließlich Französisch. Dank seiner Offenheit Touristen und Fremden gegenüber (in Luxemburg wohnen rund 45% Ausländer) gelingt eine Verständigung aber meist gut. Absolut empfehlenswert ist die Luxemburg-Card. Für z. B. 48 Euro (für fünf Personen und zwei Tage) kann man im ganzen Land die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen und hat fast überall freien Eintritt oder Vergünstigungen.

Wir haben das kleine Großherzogtum sehr in unsere Herzen geschlossen. Jasper weint bittere Tränen beim Abschied, Eva winkt bei der Abfahrt mit ihren kleinen Speckärmchen eifrig aus dem Fenster – wir waren bestimmt nicht das letzte Mal hier.

Noch mehr Infos, Unterkünfte und viele nützliche Tipps gibts auf www.visitluxembourg.com.

Muellerthal 03

Frisch gebloggt von Nadine Sorgenfrei.

Nadine Sorgenfrei

Nadine wurde 1976 geboren. Sie hat vier Jahre in Stellenbosch, Südafrika studiert und arbeitet als Zeitschriften-Redakteurin beim Bauer-Verlag, Hamburg. Gemeinsam mit drei Kindern und Mann,  Hund, Katze und vier Schafen lebt sie auf einem Resthof im Naturpark Aukrug, Schleswig-Holstein (D).

Nach drei Babys ist Nadine seit letztem Jahr wieder beruflich unterwegs… „endlich,“ wie sie selbst sagt. Ein Glück auch für mich, dann so konnte ich sie und ihre reizende Tochter Emmy im letzten Winter in Tirol kennelernen.

Mit ihren packenden Geschichten war sie bereits in zwei Krimianthologien vertreten: Strandkorb Krimis aus dem Jahr 2014 und Meermorde (ab 15.09.15 im Handel erhältlich).

3 Antworten

    1. Liebe Mel,
      Ich muss gestehen, dass ich selber auch noch nicht in Luxemburg war, aber Nadines Bericht macht auf jeden Fall Lust darauf, das Land zu entdecken!
      Lieber Gruss,
      Ellen

  1. Ich liebe das kleine Müllerthal.. den Ort selber und natürlich den Wald mit seinen Wanderwegen durch die tollen Schluchten, Höhlen und Felsen dazwischen die Bachläufe. Aber ich muss bei jedem Besuch auch im Le Cigalon (Müllerthal) im Gourmet Restaurant oder in der Taverne was essen.. Das gehört einfach immer dazu, wenn ich im Land bin.

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