Was tut man, wenn man Gäste hat? Richtig, man zeigt ihnen die eigene Heimat. Mit etwas Glück entdeckt man dabei sogar noch selbst etwas Neues.
Im Rahmen eines kulturellen Austauschs hatten wir Ilaria und ihren Mann Stefano vom Blog uno chef per Gaia für ein paar Tage bei uns zu Besuch. Enstanden ist die Idee spontan, als ich Ilaria auf einer Bloggerreise nach Bologna kennengelernt habe. Die Chemie zwischen uns stimmte sofort und wir waren beide begeistert von der Idee uns gegenseitig unsere Heimat zu zeigen.
Gesagt, getan. Im Oktober haben wir Ilaria und Stefano also den Kanton Thurgau, inklusive einem Abstecher in den angrenzenden Kanton Schaffhausen und nach Konstanz, gezeigt. Nur soviel sei vorweg genommen: es war eine Bereicherung für alle.
Herbstzauber am Bodensee
Dann, wenn der Wald sich in seinem farbenfrohen Kleid zeigt, wenn der Nebel über dem Bodensee liegt und die Sonne ihn langsam durchdringt, dann ist für mich eine der schönsten Zeiten am Bodensee.
Die grossen Touristenmassen haben sich verzogen und die Region kehrt in einen entspannteren Modus zurück. Die Äpfel und Trauben sind weitgehend abgeerntet und es beginnt die Zeit, die Früchte der Arbeit zu geniessen. Darum soll auch der Genuss auf unserer Entdeckungsreise nicht zu kurz kommen.
Genussland Kanton Thurgau
Der Kanton Thurgau ist bekannt für seine guten Beeren, Weine und vor allem für seine Äpfel. Im Volksmund wird er auch Mostindien genannt, angelehnt an seine Form, die der Form Indiens im Mini-Format gleicht.
Um einen Ausflug rund um den Apfel kommt man im Kanton Thurgau also kaum herum. Möglichkeiten gibt es dafür viele. Zum Beispiel der Apfelwanderweg in Altnau.
Kulinarische Entdeckungen im Thurgau
Cider-Tasting im Mostereimuseum Momö
Für uns und unsere Gäste sollte es allerdings ein etwas anderes Apfelerlebnis sein. Das Mosterei- und Brennereimuseum Momö in Arbon am Bodensee, zeigt neben der spannenden Firmengeschichte auch, wie der Geist des Apfels in die Flasche kommt. Das interaktive Museum ist ein Erlebnis für die ganze Familie. Ganz nebenbei wird hier viel Wissen rund um den Apfel und die Natur vermittelt. Wusstet Ihr, dass zwei Wildbienen in ihrem Leben so viele Apfelblüten bestäuben können, dass daraus rund 9’550 Liter Apfelsaft produziert werden können? Diese 9’550 Liter sind im Museum in Apfelkisten eindrücklich dargestellt.
Wir geben uns nicht ganz mit dem Saft zufrieden. Beim Cider Tasting erschmecken wir, welch überraschende Unterschiede und vielfältige Aromen es bei den unterschiedlichen Cidersorten der Firma Möhl gibt. Hier findet jeder seine präferierte Geschmacksrichtung.
Am Bodensee sagt man: „Fisch will schwimmen“ und dafür haben wir nun als schon mal eine gute Grundlage gelegt. Oder anders gesagt: Nach dem Alkohol tut etwas Nahrung Not.
Webseite: Momö
Glutenfreie Fischknusperli
Im Restaurant Seemöwe in Güttingen, finden wir mehr als das, wonach wir suchen. Nach einer feinen Rieslingsuppe folgen beste Fischknusperli und zum Abschluss ein Apfeltiramisu. Typisch Thurgau halt. Der Service ist, wie das Menü, ausgezeichnet. Die sympathische Köchin, Erika Harder, kocht viele der Speisen Laktose- und Glutenfrei. Gefehlt hat es uns dabei an gar nichts. Es war vorzüglich!
Webseite: Restaurant Seemöwe, Güttingen
Zarte Waffeln aus Gottlieben
Kulinarisch geht unsere Reise in Gottlieben am Seerhein weiter. Das kleine Dorf mit seinen Fachwerkhäusern und dem Schloss aus dem 13. Jahrhundert zählt zu den charmantesten Dörfern im Kanton Thurgau – und es beherbergt ein süsses Geheimnis.
Bereits im 19. Jahrhundert war Gottlieben für seine Hüppen, die damals noch Gaufrettes hiessen, bekannt. Man sagt, dass Königin Hortense Bonaparte und auch ihr Sohn Napoleon III., der spätere Kaiser von Frankreich, die im nahelegeren Schloss Arenenberg lebten, den zarten Waffeln zugetan waren.
Im Jahre 1928 verfeinerte die Gottlieberin, Elisabeth Wegeli, die einfachen, bis anhin ungefüllten Waffeln mit Schokolade. Die Gottlieber Hüppen waren geboren. Heute kann man die Manufaktur der Gottlieber Hüppen auf Anmeldung besichtigen und erleben, wie die Waffeln mit verschiedensten Füllungen versehen werden – am Ende des Rundgangs darf nach Herzenslust genascht werden. Nicht nur unsere Gäste aus Parma waren begeistert.
Im Anschluss empfiehlt sich ein Stopp im dazugehörenden Café direkt am Seerhein. Hier gibt es auch kleine, herzhafte Gerichte.
Webseite mit Onlineshop: Gottlieber Hüppen
Der Weinweg in Weinfelden
Aber nun zum Highlight unserer kulinarischen Reise durch den Thurgau.
Voller Vorfreude starten wir, ausgerüstet mit einem Rucksäckli mit einem Weinglas, einem Stück Trockenbrot, einer Flasche Wasser und einer Wanderkarte vom Bahnhof Weinfelden zum Ottoberg, den Weinberg von Weinfelden. Das sanfte Herbstlicht lässt die gelben und roten Blätter der Reben leuchten. Ein paar wenige Trauben wurden wohl vergessen. Sie schmecken herrlich süss. Kaum haben wir die letzten Häuser von Weinfelden hinter uns gelassen, empfängt uns schon die erste „Besenbeiz“ am Weg. Es sieht so gemütlich aus, dass es nur wenig Überredungskunst braucht, um bereits hier einen unplanmässigen Halt einzulegen und mit der Degustation zu beginnen.
Auf dem Thurgauer Weinwanderweg gibt es offiziell zwei „Weintresore„, die man mit dem Code öffnen kann, den man am Ticketschalter am Bahnhof Weinfelden zusammen mit dem gefüllten Rucksack bekommt. Im Preis für den Rucksack sind jeweils zwei Gläser Wein an jedem Tresor inkludiert. Wir beginnen schon etwas vor dem ersten Tresor und geniessen die lauschige Atmosphäre der Besenbeiz.
Bald zieht es uns aber weiter, denn es liegen noch einige der insgesamt 9 Kilometer des Weinweg Weinfelden vor uns. Es ist fast sommerlich warm und der Föhn lässt die Berge des Alpsteins fast zum Greifen nah erscheinen. Die Ausblicke sind traumhaft. Schon bald erreichen wir den ersten Tresor. Zum Glück haben wir zusätzlich zum Trockenbrot auch noch ein Schneidbrettchen, ein Sackmesser, etwas Trockenfleisch und Käse eingepackt – letztere natürlich regional im Schrofen Hofladen gekauft, meinem Lieblingshofladen in Kreuzlingen. So ganz ohne alles wäre das Brot dann doch etwas traurig gewesen.
Wir freuen uns über die Genüsse und ernten manch neidischen Blick von anderen Weinwanderern. Ansonsten ist die Stimmung fröhlich und ausgelassen. Wie viel der Wein dazu beigetragen hat, das bleibt ein Geheimnis.
Gestärkt wandern wir weiter, immer zwischen den Reben durch. Unterwegs befinden sich zahlreiche Schilder mit Wissenswertem rund um den Weinanbau. In den Wiesen und Gärten entlang des Weges geniessen auch viele Nutztiere einen der vermutlich letzten warmen Sonnentage des Jahres. Der Weinweg ist im wahrsten Sinne des Wortes ein tierisches Vergnügen.
Die anderen, zahlreichen, einladenden Beizen lassen wir in weiser Voraussicht links und rechts des Weges liegen. Irgendwann erreichen wir Ottoberg, einen kleinen Weiler mit zauberhaften Fachwerkhäusern.
Bald danach ist auch schon der zweite Weintresor erreicht. Die Wanderer sitzen in Grüppchen in der Wiese. Wir haben Glück und finden noch Platz am Tisch. Hier sitzen wir uns erst mal fest und philosophieren mit unseren Freunden Ilaria und Stefano über Gott und die Welt und darüber, was wir bei ihrem nächsten Besuch bei uns in der Ostschweiz noch so alles anschauen und erleben wollen. Die Karthause in Ittingen, den Alpstein, das Appenzell, St.Gallen….
Die untergehende Herbstsonne begleitet uns bis zum Ende des Weges. Es ist ein Traum! Das war zwar unser erstes Mal auf dem Weinweg, aber ganz sicher nicht unser letztes Mal!
Der Weinweg dauert rund 3 Stunden (reine Gehzeit). Wir haben insgesamt etwa 5 sehr gemütliche Stunden gebraucht. Der Rucksack mit Inhalt kann nach vorheriger Bestellung für CHF 25 pro Person am Bahnhof in Weinfelden abgeholt werden. Ich empfehle zusätzlich noch Trockenfleisch und/oder Käse mitzunehmen.
Mehr zur Halbtagestour: Webseite Weinweg
Was sonst noch? Ein kurzer Ausflug nach Neuhausen zum Rheinfall, nach Stein am Rhein und nach Konstanz durfte natürlich auch nicht fehlen. Zum Glück haben wir es ja dorthin gar nicht weit.
Nun sind wir gespannt, was Ilaria und Stefano uns in Parma zeigen werden – und wir freuen uns schön riesig darauf.
Unser Fazit: Grade in unruhigen Zeiten wie diesen, scheint es mir umso wichtiger, dass wir zusammenrücken, dass die Kulturen offen voneinander lernen und aufeinander zugehen. Wie geht das besser, als wenn uns ein Einheimischer seine Stadt, seine Region und sein Leben zeigt?
Wir haben Gäste empfangen und Freunde verabschiedet und fühlen uns reich beschenkt.
Mit sonnigen Grüssen
Offenlegung: Unsere Entdeckungstour in der Heimat wurde von Thurgau Tourismus unterstützt.
Hallo! Ich bin Ellen. Ich bin die Gründerin von PATOTRA, Content-Creator und freie Journalistin. Ich liebe das Meer und kleine Inseln. Aber auch die Berge, die Wüste, der Dschungel und Grossstädte können mich begeistern. Begegnungen mit Menschen sind für mich der Schlüssel zu anderen Ländern und deren Kultur. Nachhaltige Projekte liegen mir dabei ganz besonders am Herzen. Meine grossen Leidenschaften sind: das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren.
Im Jahr 2014 entstand PATOTRA als reiner Familienreiseblog. Gemeinsam mit meinen drei Kindern und meinem Mann durfte ich viele tolle Nah- und Fernreisen erleben, die sich hier auf dem Blog in Form von Reiseinspirationen und Reisetipps wiederfinden. Aus den Reisen mit Kindern wurden im Laufe der Jahre Reisen mit Teenagern. Schliesslich ist der Blog, gemeinsam mit meinen Kindern, den Kinderschuhen entwachsen. Mittlerweile reise ich meist gemeinsam mit meinem Mann – oder auch mal alleine.
Mit viel Herz und ansprechenden Reisefotografien möchte ich Euch ermutigen, diese Welt selbst und mit offenen Augen zu entdecken. Mein Fokus liegt auf spannenden Geschichten, traumhaften Landschaften und Begegnungen mit Menschen. Manchmal bringe ich Euch den Geschmack der grossen, weiten Welt auch in Form von Rezepten von meinen Reisen mit.