Trauminsel Alicudi – wo Entfernungen in Treppenstufen gemessen werden

Die Insel ist terrassenförmig angelegt mit Gärten
Alicudi ist die westlichste und ursprünglichste der Äolischen Inseln. Sie besteht aus unzähligen Treppen, die nur zu Fuss überwunden werden können.
Inhalt

Zwei Kinder hüpfen mit Müllsäcken in den Händen die Treppenstufen hinunter. Der Wind säuselt sanft zwischen den Olivenbäumen hindurch und vor ihnen breitet sich der Ozean in seinem endlosen blau aus. Auf Alicudi erhält der Satz, «Bring mal bitte den Müll runter», eine ganz andere Dimension. Denn jeder Weg auf Alicudi führt unweigerlich über unzählige, bzw. tatsächlich gezählte Treppenstufen.

Alicudi
„Kinder, bringt mal bitte den Müll runter“

Die kleine Insel Alicudi ist die westlichste der nördlich von Sizilien gelegenen Äolischen Inseln. Mit ihren grade mal 5,2 km² ist Alicudi die zweitkleinste bewohnte Insel des Archipels. Gleichzeitig ist sie auch die Ursprünglichste. Hierher verirren sich nur wenige Touristen. Ein paar Aussteiger, die die Vorzüge der Abgeschiedenheit schätzen, gesellen sich zu den 100 permanenten Bewohnern der von Alicudi.

Hafen von Alicudi

Eigentlich hätten wir gerne eine Nacht auf Alicudi verbracht. Allein meine Suche nach einer Unterkunft stellte sich als äusserst schwierig dar. In einen Hotel am Ort wusste man noch nicht so recht, ob man Anfang Juni schon geöffnet habe, im anderen konnte ich nicht für eine Nacht buchen und die Besitzerin eines Ferienzimmers meinte nach einem netten Kontakt: «Für eine Nacht zu uns kommen? Das lohnt sich gar nicht. Fragen Sie zur Not einfach im Laden nach, wenn sie da sind. Dort wird man ihnen schon ein Privatzimmer besorgen können.»

Ich fand die Aussage etwas verwegen. Warum sollte ich nicht für eine Nacht nach Alicudi kommen? Auf den Versuch, mit Gepäck auf die Insel zu reisen, um vielleicht kurzfristig irgendein Privatzimmer zu bekommen, wollte ich mich nicht einlassen. Also sollte es bei einem Tagesausflug von der Nachbarinsel Filicudi aus, bleiben.

Maulesel statt Taxi fürs Gepäck

Schon bei der Anreise mit dem Tragflügelboot, fiel es mir beim ersten Blick auf Alicudi wie Schuppen von den Augen. Pastellfarbene Häuser sprenkeln den steilen Hang. Alicudi ist ein Berg.

Alicudi am Hafen

Im Hafen liegen bunte Boote am Strand. Sobald das Trageflügelboot mit seinem lauten Motor am Horizont verschwindet, breitet sich eine wohltuende Stille aus. Autos gibt es auf Alicudi lediglich eine Handvoll unten am Hafen. Vermutlich, um die ankommenden Schiffe einfacher be- und entladen zu können. Wozu auch sonst? Die Autos können die Treppen nicht überwinden. Wohl aber die Maulesel, die hier unermüdlich mit Gepäck, Einkäufe oder Baumaterialien die vielen Treppen hochtragen.

Alicudi Maulesel am Hafen

Wanderinsel Alicudi

Wir besorgen uns im Hafen eine Wanderkarte. Insgesamt 10 Wanderwege gibt es auf dem Inselchen. Die Entfernungen sind nicht in Kilometer, sondern in der Anzahl Treppenstufen, Minuten aufwärts und Minuten abwärts angegeben. Wir wählen von der Piazetta aus die dunkelblaue Route, vorbei an der Chiesa del Carmine.

Der Aufstieg über die Steintreppen ist schweisstreibend. Aber die traumhaften Ausblicke aufs Meer und über die Bergflanke der Insel sind eine gebührende Belohnung für die Anstrengung.

Chiesa del Carmine auf Alicudi und Filicudi im Hintergrund

Nach 267 Stufen, oberhalb der Chiesa biegt der graue Weg links ab. Wir wandern vorbei an gepflegten, blühenden Gärten und Terrassen, auf denen Wein, Obst, Gemüse und Oliven angebaut wird.

Die vulkanische Erde ist fruchtbar. Die Haustüren der meisten Häuser stehen offen und der Wind spielt mit den weissen Vorhängen.

Der Mittagssonne geschuldet, die auch im Juni schon gut Kraft hat, verzichten wir auf einen weiteren Anstieg. Wir folgen dem Weg auf der Höhe bis zum Belvedere, der schönen Aussicht, wo sich eine kleine Kapelle Cappella di San Giuseppe befindet.

Alicudi Belvedere
Belvedere

Der rote Weg vom Belvedere zurück zum Hafen ist sehr steil. Die Höhe der Treppenstufen sind unterschiedlich und nicht alle Stufen in sind in einem guten Zustand.

Trittsicher muss man auf Alicudi also auf jeden Fall sein. Ich bin froh, als wir die 467 Stufen sicher geschafft haben und heil wieder unten am Meer ankommen sind. Die Einsamkeit und Ursprünglichkeit von Alicudi muss man sich verdienen.

Alicudi am Meer

Im Restaurant L’Airone (der Reiher) stärken wir uns bei gutem Essen und Blick aufs Meer. Ein wenig Wehmut schwingt mit. Wir sind uns einig: Wir hätten länger bleiben sollen! Ein paar Tage die Ruhe, abseits der Hektik des Alltags verbringen, in den frühen Morgenstunden treppauf und treppab wandern, die traumhaften Ausblicke bei Sonnenuntergang geniessen – all das muss auf Alicudi ganz wunderbar sein.

Maulesel als Transportmittel auf Alicudi

Alicudi hält fit!

Am Nachbartisch telefoniert eine junge Schweizerin, Typ Aussteigerin, laut mit Freunden zu Hause. Wir sind unfreiwillige Zuhörer. Sie schwärmt von der Insel und ihrem täglichen Fitnessprogramm. «Wenn die Zimmer gemacht sind, wandere ich all die Treppen runter ins Dorf, um einen Kaffee oder ein Bierchen zu trinken und danach schwimme ich eine Runde und wandere all die Treppen wieder bergauf. Ich bin super fit.» Wir beneiden sie ein wenig um diese Erfahrung.

Wenige Meter vom Restaurant entfernt, schwimmen auch wir nach dem Essen noch ein paar Runden im glasklaren Meer, das uns ganz wunderbar abkühlt.

Am Strand von Alicudi
Badestrand von Alicudi

Leider gehen die wenigen Stunden auf Alicudi viel zu schnell vorbei. Das Brummen der Motoren kündigt das sich nähernde Schnellboot an. Zeit Abschied zu nehmen von diesem kleinen Hideaway im Tyrrhenischen Meer.

Man muss sich Alicudi sehr verdienen. Aber wie so oft im Leben, wird auch hier die Anstrengung bzw. das Verlassen der Komfortzone gebührend belohnt.

Mit sonnigen Grüssen
Eure Patotra

Weiter Informationen rund um Alicudi:

Anreise nach Alicudi

Ab Milazzo oder von den anderen Äolischen bzw. Liaprischen Inseln fahren regelmässig Schnellboote (Liberty Lines) nach Alicudi. Empfohlener Flughafen auf Sizilien: Catania. Von hier aus verkehren Busse zum Fährhafen nach Milazzo.

Rumkommen auf Alicudi

Für den Transport von Gepäck stehen gegen Bezahlung Maultiere zur Verfügung. Ansonsten kann die Insel nur zu Fuss erkundet werden.

Unterkommen auf Alicudi

Es gibt zwei Hotels und einige Privatunterkünfte auf der Insel. Man sollte den Anstieg zu den Unterkünften nicht unterschätzen. Es klingt harmloser, als es ist. Hier würde ich tatsächlich empfehlen, Booking.com zur Hilfe zu nehmen, um eine Auswahl zu haben.

Einkaufen und Essen gehen auf Alicudi

Im Ort gibt es einen kleinen Lebensmittelladen mit dem Notwendigsten. Die sehr gute und hilfreiche Wanderkarte für die Insel kann direkt beim Hafen, im Hafenbüro, erstanden werden.

Es gibt ein paar wenige Restaurants auf Alicudi. Wir haben im L’Airone sehr gut gegessen.

Baden auf Alicudi

Wie seine Nachbarinseln ist auch Alicudi keine Badeinsel. Traumhafte Sandstrände sucht man hier vergebens. Allerdings kommt man, idealerweise mit Badeschuhen, in der Nähe des Hafens ganz gut ins Meer, das traumhaft klar ist. Andere Buchten und Badeplätze können nur per Boot erreicht werden.

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Wer schreibt hier?
Ellen Gromann-Goldberg

Hallo! Ich bin Ellen. Ich bin die Gründerin von PATOTRA, Content-Creator und freie Journalistin. Ich liebe das Meer und kleine Inseln. Aber auch die Berge, die Wüste, der Dschungel und Grossstädte können mich begeistern. Begegnungen mit Menschen sind für mich der Schlüssel zu anderen Ländern und deren Kultur. Nachhaltige Projekte liegen mir dabei ganz besonders am Herzen. Meine grossen Leidenschaften sind: das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren.

Im Jahr 2014 entstand PATOTRA als reiner Familienreiseblog. Gemeinsam mit meinen drei Kindern und meinem Mann durfte ich viele tolle Nah- und Fernreisen erleben, die sich hier auf dem Blog in Form von Reiseinspirationen und Reisetipps wiederfinden. Aus den Reisen mit Kindern wurden im Laufe der Jahre Reisen mit Teenagern. Schliesslich ist der Blog, gemeinsam mit meinen Kindern, den Kinderschuhen entwachsen. Mittlerweile reise ich meist gemeinsam mit meinem Mann – oder auch mal alleine.

Mit viel Herz und ansprechenden Reisefotografien möchte ich Euch ermutigen, diese Welt selbst und mit offenen Augen zu entdecken. Mein Fokus liegt auf spannenden Geschichten, traumhaften Landschaften und Begegnungen mit Menschen. Manchmal bringe ich Euch den Geschmack der grossen, weiten Welt auch in Form von Rezepten von meinen Reisen mit.

5 Antworten

  1. Liebe Grüße, war für einen Italiener Kurs auf Salina! Super!! Dort wurde auch der Film il Posting gedreht.gehts gut?
    Ciao Hella
    Das Thurgau Schiff wird

  2. Hallo, sehr geehrte Ellen,
    Wir waren vor kurzem auf Lipari. Auch eine selten geworden, wunderschöne äolische Insel. Das Wandern und erkunden schöner, bequemer Insel-Routen war herrlich. Alicudi ist unser nächstes Ziel.
    Gruß Michael

  3. Liebe Frau Gromann Goldberg,
    Ich habe mich sehr über den tollen Beitrag über die Äölischen Inseln gefreut.
    Bei mir ist es fast 30 Jahre her. Ich kann mich noch gut erinnern wie ich zum ersten Mal nach Vulcano kam. Es hat mich von Anfang an in den Bann gezogen. Ich war damals im Orsa Maggiore untergebracht. Damals war es noch eine kleine Pension mit Hausmannskost, hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
    Es war im Mai als ich da war alles hat geblüht es war wunderschön.
    Ich bin dann zum Capo Grillo spaziert und habe den traumhaften Ausblick auf die anderen Inseln genossen, ich konnte mich fast nicht mehr losreissen.
    Dann bin ich noch bis nach Gelso gewandert. Ich habe die tolle Landschaft regelrecht inhaliert.
    Bin natürlich auf den Vulcano rauf.
    Das Schauspiel werde ich nie vergessen. Den Geruch nach faulen Eiern auch nicht.
    Panarea mit seinen Cap Milazese und seinen blau weißen Häusern hat mir sehe gut gefallen.
    Der Ausblick zum Stromboli war ein interessantes Erlebnis.
    Bemerkenswert dass die Bewohner von Ginostra in ein Boot steigen müssen um zu Stromboli Ort zu kommen. Die Aktivität vom Vulkan haben wir später vom kleinen Boot aus bestaunen können.
    Lipari und Salina haben wir nur kurz angeschaut.
    Auf Filcudi haben wir bei einen wunderschönen Blick auf das tiefblaue Meer ein tolles Essen genossen.
    Alcudi hat mich schon damals fasziniert.
    Da war das Hotel noch nicht.
    Ich finde es toll dass sich die kleine Perle bis heute kaum verändert hat.
    Ich würde oft am liebsten von der verdammten Hektik hier hin fliehen.
    Sie haben mich tief berührt und meine Erinnerungen in die Gegenwart geholt.
    Vor meinen geistigen Auge kommen all die Bilder aus längst vergangenen Tagen.
    Bleiben sie gesund und machen sie weiter mit ihren tollen Beiträgen.
    Ganz liebe Grüße aus Tirol
    Peter Völlenklee

    1. Lieber Herr Völlenklee
      Haben Sie herzlichen Dank für Ihre sehr netten Worte. Das freut mich ausserordentlich. Mit so netten und bewegenden Kommentaren macht meine Arbeit gleich noch viel mehr Spass! Ja, auf den Äolischen Inseln, besonders auf Alicudi, hat sich in den letzten 30 Jahren vermutlich kaum etwas verändert. Sie sind wie kleine Oasen in unserer hektischen Welt.
      Ich freue mich, dass ich Sie ein wenig dorthin entführen durfte.
      Herzliche Grüsse aus der Schweiz
      Ellen

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