„Wenn Gäste zu uns kommen, reiben sie sich häufig verwundert die Augen und wir müssen dann erklären, warum es hier keine weiss-blauen Häuser gibt. Und überhaupt, warum Korfu so ganz anders ist, als andere griechische Inseln“, erzählt mir Wafaa Spirou mit einem zwinkernden Auge. Wafaa besitzt ein Hotel nördlich von Korfu Stadt. Zudem zeigt sie interessierten Touristen als Tour Guide ihre Insel. Die Insel, die so ganz anders ist, als es manch ein Tourist erwartet.
Korfu, von den Korfioten auch Kerkyra genannt, ist die nördlichste der ionischen Inseln. Sie erstreckt sich auf einer Länge von 62 km und einer maximalen Breite von 28 km und reicht im Norden bis knapp 2 km vor die albanische Küste.
Die grüne Insel Korfu
Bereits bei der Anreise zeigt Korfu ein deutlich anderes Gesicht, als man es von anderen griechischen Inseln gewohnt ist. Korfu ist grün! Der Landeanflug auf den kleinen Inselflughafen lässt dem Besucher kaum Zeit sich verwundert die Augen zu reiben. Erst das tiefblaue Meer, dann ein Blick auf Olivenwälder, verziert mit Zypressen, die sich frech in den Himmel recken. Und schon setzt das Flugzeug neben einem See, ganz knapp hinter der Strasse, rumpelnd auf. Die Strasse, die von der Inselhauptstadt in Richtung Süden führt, wird während dem Start und der Landung von Flugzeigen kurzerhand mittels einer Ampel für den Verkehr gesperrt. Die Gefahr einer Kollision wäre zu gross.
Dank seines Mikroklimas, wachsen auf Korfu neben den geschätzten 4 Mio. Olivenbäumen unzählige Zypressen, Zitrusfrüchte, wilde Kräuter, wilde Orchideen und andere Blumen. Ein Teil davon ist endemisch, also nur auf Korfu zu finden. Die Oliven wurden den Korfioten im 16. Jh. von den Venezianern gebracht, die die Geschicke der Insel während fast 400 Jahre als Kolonialmacht leiteten. Die Venezianer haben auch in der Architektur und in der korfiotischen Küche ihre unverkennbaren Spuren hinterlassen. Ihnen ist es zu verdanken, dass Korfu, im Gegensatz zu den anderen griechischen Inseln, nie unter türkische Herrschaft gefallen ist. Der sonst in Griechenland übliche orientalische Touch ist hier schlicht nicht vorhanden. Auch das macht die Insel und die Stadt Korfu so überraschend anders.
Überraschende Stadt Korfu/Kerkyra
Die Inselhauptstadt Korfu oder Kerkyra, ist nur wenige Fahrminuten vom Flughafen entfernt.
Auf die britische Art
Ich beginne meinen Spaziergang an der Uferpromenade, mit Blick auf die alte Festung. Eine der insgesamt fünf venezianischen Burgen auf Korfu.
Von dort überquere ich die Grünfläche des Esplanda Square, bzw. Spianada. Ein riesiger Platz mit Grünfläche. Wer Glück hat, kann hier die Korfioten bei einer gänzlich ungriechischen Beschäftigung beobachten. Eine der Hinterlassenschaft des britischen Protektorats im 19. Jahrhundert ist Cricket. Und so verwundert es dann auch nicht, dass die griechische Cricket Nationalmannschaft in Korfu beheimatet ist. Im Esplanada Square kann dieser Leidenschaft nach Lust und Laune nachgegangen werden.
Ein Stückchen Frankreich in Korfu
Kaum habe ich den Platz überquert und das Stückchen England hinter mir gelassen, begrüsst mich Frankreich. Ja, auch die kurze Zeit der französischen Herrschaft über Korfu Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts, hat unverkennbare Spuren hinterlassen. Liston heisst der Häuserzug, der die Handschrift des französischen Ingenieurs Mattie de Lesseps trägt und der Korfu einen kleinen Hauch von Paris verleiht. Gemütliche Cafés unter den Torbögen locken Touristen und Einheimische zum Verweilen bei einem griechischen Kaffee und anderen Leckereien. Kumquat–Eiscreme zum Beispiel. Asiaten haben diese Pflanze Anfang des 19. Jahrhunderts nach Korfu gebracht und seitdem zählen Kumquatmarmelade und süss eingelegte Kumquatfrüchte zu den Spezialitäten der korfiotischen Küche. Sogar im griechischen Salat kann man sie auf Korfu finden.
Die Venezianer lassen grüssen
Hinter Liston beginnt die historische Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Man vermutet die Herkunft des Namens Liston darin begründet, dass das Stadtzentrum früher nur für die reichen Bürger zugänglich war. In einem goldenen Buch, dem „Libro d`Oro“, waren die Mitglieder dieser Gesellschaft aufgelistet. Wer rein durfte, war also „List on“.
Zum Glück gibt es diese Liste heute nicht mehr und somit ist die Altstadt, ganz im venezianischen Stil, für jeden zugänglich. Sich am frühen Morgen in den Gassen, zwischen den Souvenirgeschäften, scherzenden Griechen beim morgendlichen Klatsch und Tratsch und unter bunt behangenen Wäscheleinen zu verlieren ist das Schönste, was einem passieren kann!
Gegen Mittag schieben sich dann die Tagesausflügler von den im Hafen ankernden Kreuzfahrtschiffen zwischen den Häusern durch. Da kann es schon mal voll werden.
Die Kirche Griechenlands
Wer Zeit hat, und die sollte man unbedingt haben, der wirft einen Blick in die kleine Kirche Agios Ioannis, die älteste Kirche der Stadt, von 1480. Pater Provatas öffnet gerne seine Türen und zeigt bereitwillig die Schätze im Inneren.
Ein paar Meter weiter befindet sich die Kirche des Inselheiligen Spyridon. Auch sie lohnt einen Blick hinein.
Unweit der Kirche hat Herr Karydis seine Silber und Gold Werkstatt, in der er in traditioneller Handwerkskunst neben Schmuck hauptsächlich Ikonen fertigt. Man darf ihm bei der diffizilen Arbeit gerne über die Schulter schauen.
Eine Zeitreise in der „Casa Parlante“
Auf eine kurzweilige Zeitreise ins 19. Jahrhundert lässt man sich im Museum „Casa Parlante“ an der Nikiforou Theotoki Strasse ein. Der Graf und die Gräfin öffnen für den neugierigen Besucher ihre Arbeitszimmer und Privatgemächer. Im Salon werden dem Besucher die traditionellen gebrannten Mandeln serviert und Rosenlikör kredenzt. Aus feinstem Kristall natürlich, das die Familie neben zahlreichen anderen Trophäen von ihren vielen Reisen in die ganze Welt mitgebracht hat. Im Kinderzimmer wird derweil musiziert. Musik spielt im Leben vieler Korfioten eine grosse Rolle. So wundert es auch nicht, dass das Konservatorium der Universität Korfu, die übrigens die erste Universität Griechenlands war, nach Athen das zweitwichtigste Konservatorium im Land ist.
Eine gute Mischung
Ich begebe mich im Anschluss an meine Zeitreise gerne wieder in die Gegenwart. Ich lasse mich durch die Gassen treiben, degustiere die korfiotischen Delikatessen in einem der vielen kleinen Läden und geniesse den überraschenden Mix aus italienischer und griechischer Küche in einer der Tavernas. Pastitsada heisst eines der lokalen Gerichte, das aus geschmortem Rindfleisch mit Tomaten und Spaghetti besteht. Ein Hauch von Zimt kitzelt den Gaumen und verleiht die griechische Note.
Lieblingsplätze am Meer
Zum Digestif schlendere ich durch den Garten des Palastes von St. Michael und St. George. Hier sind neben der städtischen Kunstgalerie auch das Museum für asiatische Kunst untergebracht. In einem verstecken Winkel des Gartens entdecke ich meine Wendeltreppe ins Glück. Diese endet direkt im türkisblauen Meer. Leider führt sie ein trauriges Dasein. Sie rostet vor sich hin und der Zutritt ist deshalb nicht möglich. Sie steht damit sinnbildlich für viele Besonderheiten dieser Stadt. An zahlreichen alten Gebäuden nagt der Zahn der Zeit, und er hinterlässt tiefe, unübersehbare Wunden. Was für den Besucher einen gewissen Charme hat, ist für die Griechen bittere Realität. Das Geld, Altes und Schützenswertes zu erhalten fehlt an vielen Ecken und Enden, auch wenn es Korfu vergleichsweise gut geht.
Als Tourist bemerkt man, ausser eben der Patina an den Gebäuden, kaum etwas von der Krise.
Ich gehe weiter durch einen Torbogen zur nördlichen Seite des Palastes. Ein gepflastertes Strässchen führt bergab durch einen kleinen Tunnel. Hier finde ich mein persönliches Lieblingsplätzchen, auf der Terrasse des Restaurant Enplo. Direkt am Meer, mit Blick auf das alte Fort, geniesse ich die Abendstimmung. Zu trinken gibt es Tsisibira, ein alkoholfreies Ingwerbier. Die lokale Spezialität erfrischt angenehm.
Ich liebe diese Orte am Meer, an denen man einen erlebnisreichen Tag gebührend verabschieden kann.
Ein weiteres Lieblingsplätzchen, das am Abend ganz besonders hübsch ist, befindet sich am Ende der langen Bucht, Garitsa Bay. Dort, wo von weitem sichtbar die alte Mühle steht und sich ein langer Steg ins Meer gebaut ist, lockt das Restaurant Nautilus. Nicht nur mit einer wunderbaren Aussicht, sondern auch mit einer gut sortierten Speise- und Getränkekarte. Die Meeresfrüchteplatte schmeckt köstlich!
Während der Sonnenuntergang das Meer in überraschende Farbnuancen hüllt, ist dies der ideale Ort, um das spannende Puzzle Korfu gedanklich zusammenzubringen. Man nehme eine Prise Frankreich, einen Klecks von Britannien, eine grosszügige Menge Venezien und eine riesige Portion Griechenland!
Unerwartet anders
Korfu ist definitiv anders als manch ein Tourist es von Griechenland erwartet. Das Griechenlandklischee sucht man hier vergebens. Aber Korfu ist eine spannende Mischung aus dem Besten, das die Besatzer während der Jahrhunderte hinterlassen haben, gepaart mit der griechischen Seele und Geschichte. Ungewöhnlich und überraschend zugleich. Eine Stadt, die ich durchaus auch für einen Citytrip empfehlen kann.
Es sind genau diese Überraschungsmomente, die das Reisen so spannend machen. Man hat ein Bild von einem Ort im Kopf und wenn ich ehrlich bin, stimmt dieses Bild nur selten mit der Realität überein. Auch wenn ich noch so viel über mein Ziel lese und mich informiere, ist die Realität oft ganz anders. Genau das macht den Reiz des Reisens aus. Man kann einen Ort nicht aus Büchern, Zeitungen oder auch Blogs kennenlernen. Man kann sich nur eine klitzekleine Ahnung holen. Erleben muss man ihn selbst, um ihn in seinem Wesen zu erfassen. Zumindest ein Stück weit.
In diesem Sinne wünsche ich Euch viele überraschende Entdeckungen auf Euren Reisen!
Mit sonnigen Grüssen,
Ach, und noch etwas:
Ich möchte es nicht versäumen, eine kleine Warnung aussprechen! Wer mit Griechen unterwegs ist, wird es nicht vermeiden können, sich mit einem Grinsen an den Film „My Big Fat Greek Wedding“ zu erinnern.
Gegessen wird viel und reichhaltig. Wie sagte doch Eleni, eine meiner netten Begleiterinnen auf Korfu nach den ersten zwei Gängen in einer Taverna:
„Jetzt ist der Moment gekommen, in dem man den Hosenknopf öffnen sollte!“
Während ich mich noch frage, ob ich nun lachen oder ob meines übervollen Magens weinen soll, reissen mich die Griechen mit ihrer Freude am Genuss schon wieder aus meinen Gedanken – und der nächste Gang wird aufgetischt.
Auch die fortgeschrittene Stunde des Tages fordert Ihren Tribut. Gegessen wird auf Korfu spät. Sehr spät. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen.
Wenn die Griechen von Nachmittag und Kaffeetrinken sprechen, dann meinen sie etwa 19 Uhr. Zu Abend gegessen wird dann aller, aller frühestens um 20:30 Uhr und dann am liebsten bis Mitternacht oder 1:00 Uhr. Das führt dazu, dass ich als bekennende Frühschläferin in Griechenland mit einem Gefühl von Jetlag kämpfe – auch ohne grosse Zeitumstellung. Die eine Stunde Zeitunterschied zu Mitteleuropa käme mir da eher noch entgegen.
„The Big Fat Greek Wedding“ eben. Ich trage mein Schicksal mit einem zwinkernden Auge.
Reisetipps für Korfu Stadt:
- Ta Kokoria, 17 Pargas
Traditionelle, schmackhafte Korfiotische und griechische Küche. Man sitzt gemütlich im Innenhof. Unbedingt den Schafskäse mit Honig probieren! - Restaurant Rex, Kapodistriou 66
Raffinierte griechische Küche. Eines der besten Restaurants in der Stadt. - Taverna Marina`s, Ecke Agias Sofias & Velissariou
Traditionelle Küche. - Restaurant Nautilus, am Ende der Garitsa Bay, bei der Windmühle.
Blick über die Bucht und das Fort. Gutes Essen und nette Atmosphäre. - Café Gelateria Spathis, Liston
Ein historisches Café unter den Arkaden, mit sündhaft leckerem Eis. Schokolade mit Kirschen und Kumquat kann ich ganz besonders empfehlen. - Restaurant Enplo an der Nordseite des Palastes St. Michael & St. George.
Eine kleine Strasse mit Kopfsteinpflaster führt durch ein Tor zu meinem Lieblingsplatz. Von dort aus hat man einen herrlichen Blick auf das Fort und auf der anderen Seite auf den Sonnenuntergang. Wer möchte kann dort auch ein Bad im Meer nehmen.
Lokale Delikatessen im Delikatessenladen, 21 Kopodistriou Str., schräg gegenüber des Restaurant Rex.
Oliven, Wurstwaren, Käse und Olivenöl, Produkte aus Kumquats, kandierte Mandeln und Feigenbrot.
In den Gassen hinter der Kirche Ag. Spyridon finden sich unzählige Geschäfte mit Lederwaren, Olivenholzprodukten, Silber- und Goldschmuck und sonstigen Souvenirs.
Ikonen und Schmuck gibt es ausserdem bei Karidys, Sofocleous Dousami 45.
Hier kann man dem Meister bei der Arbeit über die Schulter schauen.
Ich habe im Mayor Mon Repos Palace Art Hotel übernachtet.
Das Hotel liegt etwa 30 Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt. Ein hübsches erst kürzlich renoviertes Hotel an der Garitsa Bay. Das Hotel ist leider nur für Erwachsene.
Weitere Tipps für einen Reise nach Korfu findet Ihr hier:
Die liebe Kollegin Inge hat Korfu per Segelschiff und zu Fuss erkundet. Erfahrt hier mehr über Ihre Endrücke:
Korfu – per Segel und per Pedes
Offenlegung: Diese Recherchereise wurde von Visit Greece unterstützt.
7 Antworten
Danke fürs Mitnehmen und die schönen Bilder Ellen. Ich habe ja eine Weile auf Korfu gearbeitet und bin so oft ich konnte in die Stadt gefahren. Ich mag Korfu sehr, die Insel zeigt einmal mehr, wie vielfältig Griechenlands Inseln sind. Liebe Grüße, Ines
Liebe Ines,
Du hast auf Korfu gearbeitet – wow, spannend! Ja, die griechischen Inseln überraschen immer wieder in ihrer Einzigartigkeit und genau das macht den Reiz von Griechenland aus. Wir sind ernsthaft am überlegen im nächsten Jahr in den Sommerferien Inselhopping in Griechneland zu planen. Ich bin jedes Mal wieder so begeistert von meinen Entdeckungen!
Lieber Gruss, Ellen
oh, dieser Bericht kommt mir gerade gelegen! Ich plane meine Adria Kreuzfahrt im Herbst mit meinen Eltern! Super schöne Bilder, da freut man sich umso mehr. Liebe Grüsse
Ach wie schön! Seid Ihr dann mit der Costa unterwegs, oder mit welchem Anbieter?
Lieber Gruss,
Ellen
Good evening,dear Ellen!
Thank you for your kind words about me and for the lovely comments and beautiful pictures!
Are you going to put any picture from the day we have spent together?
I would like to tell you that I was pleased to meet you and to make you discover a part of my beautiful island,Corfu!
I hope to see you again either here or in Switzerland! Have a wonderful summer season and keep well !
Wafaa Spirou
Dear Wafaa
You are very welcome. It was a great pleasure meeting you. there are more articles to come within the next weeks and of course there will be photos of our trip!
I hope to see you again some time. Take care and have a great season on your amazing island!
Kind regards,
Ellen
Hallo, I am since 1994 each year on this wonderful island. My husband, the Austrian Artist Gerald Matzner, died in 2018, has left his sculptures in our garden. It‘s really a pitty, nobody knows about! But if somebody likes to visit, and I am here – I would be glad about. Rena