1620 landeten die Pilgerväter (und Pilgermütter) mit der Mayflower in Amerika, im heutigen U.S.-Bundesstaat Massachusetts. Ihren ersten Fuss an Land setzten sie, so sagt man, auf den Plymouth Rock, dort wo heute die Stadt Plymouth liegt. Davor lagen sie mit der Mayflower fünf Wochen am Cape Cod. Der Plymouth Rock ist ein einfacher, kleiner Steinbrocken, dem, typisch amerikanisch, mit dem Plymouth Rock Monument ein imposantes Denkmal gesetzt wurde.
Plymouth Rock – der (vielleicht) erste Schritt der Pilgerväter
Ob es denn tatsächlich dieser Stein war, auf den die Pilgerväter den ersten Fuss setzten, ist freilich nicht bewiesen. Wohl weiss man aber, dass der Stein früher grösser war. Einmal zerbrach er beim Transport in den Ort hinein, wo man ihm vor dem Stadthaus einen Ehrenplatz bieten wollte. Dann war es Mode, sich ein Stückchen abzuklopfen, um es als Souvenir mit nachhause zunehmen. Man sagt, auch der berühmte amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau habe sich ein Stück davon als Souvenir mitgenommen.
Wir kennen das ja von der Berliner Mauer. Nur, dass der Plymouth Rock per se schon um einiges kleiner war. Und so schrumpfte er weiter, bis man ihn als kleines Felslein an den Strand zurückbrachte, um ihm dort das erwähnte Monument zu errichteten.
Geschichte und Mythos verschwimmen.
Plimoth Plantation – eine spannende Zeitreise von rund 400 Jahren
Deutlich greifbarer als am Plymouth Rock Monument ist die Geschichte der Pilgerväter in der Plimoth Plantation dargestellt. Etwas ausserhalb von Plymouth, in der saftig grünen Hügellandschaft Neuenglands, hat man das Dorf der ersten Siedler mit viel Liebe zum Detail nachgebaut.
Das Museumsdorf ist belebt. Die Siedler aus dem 17. Jahrhundert sind mitteilsam und erzählen mir mit deutlich britischem Akzent von ihrem Leben, ihren Nöten und ihren Freuden in der neuen Welt.
Von einer netten Dame am Zaunrand erfahre ich, dass sie neben ihrem Garten ums Haus ausserhalb des Dorfes noch weitere Felder hat, auf denen sie Mais und Kürbisse anbaut. Die Arbeit sei hart, aber man müsse für den Winter vorsorgen. Aber ansonsten sei sie sehr zufrieden hier gelandet zu sein, erzählt sie mir in einem Dialekt aus einer anderen Zeit und einer anderen Welt.
Ein Professor für historische Linguistik hat mit den Schauspielern ausgiebig geübt, erfahre ich. Es gelingt den Schauspielern sprachlich so perfekt in ihre Rolle und in die vergangenen Zeit zu schlüpfen, dass ich mich frage, ob sie dies am Abend überhaupt wieder ablegen können.
Hier bekomme ich einen sehr guten Eindruck vom Leben der frühen Siedler aus England.
Ich bin restlos begeistert. Ganz besonders freue ich mich darüber, dass auch dem Leben der indigen Urbevölkerung ein Teil des Areals gewidmet ist, in Form einer Siedlung der Wampanoag.
Während im englischen Teil des Freilichtmuseums Schauspieler die Besucher in eine andere Zeit entführen, sind es in diesem Teil tatsächlich Stammesangehörige der Wampanoag, die den Besuchern ihre Welt und ihr Weltbild erklären.
Im Craft Center schaue ich Bob lange zu, wie er den traditionellen Haarschmuck der indigenen Bevölkerung herstellt. «Am Kopfschmuck können wir auch heute noch erkennen, woher unser Gegenüber kommt. Jede Region bzw. jeder Stamm hat sein eigenes Design. Der Haarschmuck aus Stachelschweinhaaren symbolisiert den Specht. Der Specht ist zum äussersten bereit, um seine Kinder zu beschützen. So sollen auch die Krieger mutig und tapfer zum äussersten bereit sein, ihren Stamm zu schützen», erfahre ich von Bob.
Hübsches Neuengland-Städtchen Plymouth
Beeindruckt und auch etwas nachdenklich verlasse ich die Plimoth Plantation. Ich lasse mich durch das beschauliche Städtchen Plymouth mit seinen knapp 60’000 Einwohnern treiben. Einen wunderbaren Überblick über die Stadt habe ich vom Burial Hill Cemetery. Der Rundumblick ist so schön, sogar Familien zum Picknick hierherkommen.
Einladende Cafés und Restaurants, sowie hübsche kleine Läden warten in den für Neuengland typischen Holzhäusern entlang der Strassen in der Stadt auf Besucher.
Abstecher zur Grist Mill (Getreidemühle)
Ein kleiner, grüner Stadtpark durch den ein Bächlein fröhlich plätschert, lädt ein zu verweilen.
Am anderen Ende des Parks lohnt es sich einen Blick in die Plimoth Grist Mill zu werfen, den Nachbau einer Mühle aus dem Jahre 1636. Hier erfährt man, wie damals mit schweren Mühlsteinen Korn oder Mais gemahlen wurde.
Ich wandle weiter auf den Spuren der Pilgerväter und lasse mich vom gemütlichen, beschaulichen Flair des Städtchens anstecken.
Das Pilgrim Hall Museum
Im Pilgrim Hall Museum wird die Geschichte anhand von Dokumenten und Einzelschicksalen greifbar gemacht. Auch hier wird den Wampanoags ein Teil der Ausstellung gewidmet. Ein neuer Teil des Museums beschäftigt sich mit den Pilgermüttern und -töchter. Wer waren sie, die ersten Siedlerinnen? Welches Schicksal erwartete sie in der neuen Welt? Auf all diese Fragen gibt hier Antworten.
Ich tauche ein, in eine Welt voller spannender Entdeckungen. Die Schicksale der Einzelnen sind nicht weiter nur reine Geschichte, sie werden fast real und man fühlt mit den Menschen. Auch hier verlasse ich begeistert das so gar nicht staubige Museum.
Genuss am Wasser
Mich zieht es runter ans Wasser. Restaurants, aus denen es nach frischem Hummer duftet, und kleine geschmackvolle Souvenirgeschäfte reihen sich an der Strasse entlang der Küste aneinander. Ein schöner Ort für eine kleine Rast und um sich den Köstlichkeiten Neuenglands zuzuwenden.
Gestärkt schlendere ich durch die Geschäfte und in der Plymouth Bay Winery koste ich vom regionalen Wein aus Beeren und Trauben. Für mich schmeckt diese Art von Wein ungewohnt – aber es ist eine neue, überraschende Erfahrung und der Laden ist zudem sehr hübsch gemacht.
Die Mayflower ist ausgeflogen
Die Mayflower, das berühmte Schiff mit dem die Pilgerväter vor rund 400 Jahren diesen Ort erreichten, liegt leider nicht, wie sonst üblich, im Hafen von Plymouth (Stand Mai 2019). Sie wird renoviert und hübsch gemacht für das grosse 400-jährige Jubiläum im Jahr 2020.
Statt einer weiteren Besichtigung geniesse ich nun also die Ausblicke über die Cape Cod Bay, bevor es gegen Abend Zeit wird wieder zurück in Richtung Boston aufzubrechen.
Lohnt sich ein Abstecher nach Plymouth?
Egal, ob für einen Tagesausflug von Boston, oder ob als Station auf einer Neuengland Rundreise, ein Besuch in Plymouth lohnt sich! Das Städtchen ist ausgesprochen hübsch anzuschauen und es bietet viele authentische Möglichkeiten in die amerikanische Geschichte einzutauchen – wenn man den Plymouth Rock mal etwas ausser Acht lässt. Besonders, die Plimoth Plantation, das belebte Freilichtmuseum, hat mich begeistert, da es mich auf ganz charmante Art in eine andere Welt, weit zurück vor unsere Zeit entführt hat. Ein tolles Erlebnis!
In diesem Sinne: Entdeckt sie, die Spuren der Geschichte, die das Hier und Heute begründen.
Mit sonnigen Grüssen,
Weitere Infos zu Plymouth:
- Plymouth liegt im Bundesstaat Massachusetts, rund 40 Meilen (ca. 64 km) südlich von Boston.
- Von Boston ist Plymouth ganz einfach mit dem Bus zu erreichen. Weitere Infos hier: Boston – wo ein Hauch von Geschichte durch die Gassen weht
Hallo! Ich bin Ellen. Ich bin die Gründerin von PATOTRA, Content-Creator und freie Journalistin. Ich liebe das Meer und kleine Inseln. Aber auch die Berge, die Wüste, der Dschungel und Grossstädte können mich begeistern. Begegnungen mit Menschen sind für mich der Schlüssel zu anderen Ländern und deren Kultur. Nachhaltige Projekte liegen mir dabei ganz besonders am Herzen. Meine grossen Leidenschaften sind: das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren.
Im Jahr 2014 entstand PATOTRA als reiner Familienreiseblog. Gemeinsam mit meinen drei Kindern und meinem Mann durfte ich viele tolle Nah- und Fernreisen erleben, die sich hier auf dem Blog in Form von Reiseinspirationen und Reisetipps wiederfinden. Aus den Reisen mit Kindern wurden im Laufe der Jahre Reisen mit Teenagern. Schliesslich ist der Blog, gemeinsam mit meinen Kindern, den Kinderschuhen entwachsen. Mittlerweile reise ich meist gemeinsam mit meinem Mann – oder auch mal alleine.
Mit viel Herz und ansprechenden Reisefotografien möchte ich Euch ermutigen, diese Welt selbst und mit offenen Augen zu entdecken. Mein Fokus liegt auf spannenden Geschichten, traumhaften Landschaften und Begegnungen mit Menschen. Manchmal bringe ich Euch den Geschmack der grossen, weiten Welt auch in Form von Rezepten von meinen Reisen mit.
Offenlegung: Die Eintrittstickets in die Museen wurden mir von der Destination Plymouth zur Verfügung gestellt. Meine Meinung bleibt davon unangetastet.