Provincetown – wo Amerika bunt, fröhlich und etwas anders ist

Ansichten des bunten Städtchens
Ob für einen Tagesausflug von Boston, oder gleich für ein paar Tage, ein Besuch im gemütlichen Städtchen Provincetown auf der Halbinsel Cape Cod ist auf jeden Fall eine Reise wert. Provincetown ist erfrischend anders.
Inhalt

Die Masten der Schiffe schaukeln im Gleichklang als ich den langen Pier entlang schlendere. Vor mir liegt Provincetown, oder auch nur P’town, wie die etwa 3’000 Einwohner ihr kleines Städtchen liebevoll nennen. Provincetown liegt am äussersten Zipfel der Halbinsel Cape Cod, dem westlichsten Teil des Bundesstaates Massachusetts in Neuengland, unweit von Boston.

Schon von weitem zu sehen ist das alles überragende Pilgrims Monument, das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde, um an die Ankunft der Pilgerväter mit der Mayflower im Jahre 1620 zu erinnern. Hier landeten die Pilgerväter zuerst, bevor sie fünf Wochen später mit der Mayflower hinüber zum heutigen Plymouth fuhren. Irgendwie passt das Pilgrims Monument, das einem Turm im italienischen Siena nachempfunden wurde, nicht so ganz ins Bild. Aber irgendwie halt doch, denn Provincetown ist zwar vieles – aber ganz und gar nicht gewöhnlich!

Hafen Provincetown
Am Hafen von Provincetwon. Das Pilgrim Monument scheint nicht recht ins Bild zu passen. Tut es aber doch!

Ich bin von Boston mit der Schnellfähre für einen Tag hierhergekommen.

Nach wenigen Schritten entlang der kleinen Holzhäuschen auf dem Pier, in denen Tickets für die Walbeobachtungsfahrten verkauft werden, erreiche ich die Commercial Street. Farbenfrohe, für Neuengland typische Holzhäuser, einfach etwas bunter als im Rest von Neuengland, säumen die beschauliche Strasse. Ich fühle mich wie in einer hübsch fein gemachten Puppenstube. Provincetown ist reizend!

P'Town
Love n‘ Happiness – P’Town ist erfrischend anders

Seine Lage, fast ein wenig versteckt hinter hohen Sanddünen ganz am äussersten Zipfel der Halbinsel, hat diesen Ort zu einem ganz besonderen Ort werden lassen. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts waren es Künstler, Maler und Schriftsteller, die hier ihr Hideaway fanden. In kleinen Hütten in den Dünen zogen sie sich zurück, um sich vom Rauschen des Atlantik und vom geschwungenen Verlauf der Dünen inspirieren zu lassen.

Art’s Dune Tour in Provincetown

Rob erwartet mich schon in seinem Büro der Art’s Dune Tours nur einen Katzensprung von der Commercial Street entfernt. Mit festem Händedruck und einem breiten Strahlen empfängt er mich. 1946 hat sein Vater Art Costa das Unternehmen gegründet. 50 Jahre lang hat er Gästen die Dünen und die Künstler-Hütten in den Dünen gezeigt. Damals noch mit einem Ford Woody, Baujahr 1936.

Art and Dunes Tours
Stolz zeigt Rob das Foto seines Vaters mit dem Ford Woody

Der kleine Wagenpark von Rob ist moderner und bequemer. Im modernen SUV geht es in Richtung Dünen. Rob kennt sich dort aus, wie in seiner Westentasche. Immerhin sitzt er auch schon seit 40 Jahre für seine Gäste hinter dem Steuer.

Der warme Wind weht durch die geöffneten Fenster und los geht die Fahrt in die Dünen. Selbstverständlich werden nur ganz bestimme Wege befahren. Der Rest der Dünen gehört der Natur: Vögeln, Heidelbeeren und Cranberries, Reptilien und Säugetier, wie z. B. Hasen, haben hier ihr Zuhause. Angeblich schrieb Tennessee Wiliams in einer der Hütten seinen Roman „Endstation Sehnsucht“. Auch heute noch kommen Künstler hierher, um in der Abgeschiedenheit zu wirken.

Strandhuette Provincetown
Hin und wieder entdeckt man eine der alten Strandhütten, die sich in den Dünen versteckt

Rob kennt viele Anekdoten in und um die Dünen, die Strandhütten und ihre ehemaligen Bewohner. Nach einer Fahrt über die Sandberge erreichen wir den Atlantischen Ozean. „Sehr viele Haie gibt es hier, aber einige Leute sind verrückt genug, im Sommer hier zu baden“, stellt Rob mit einem Kopfschütteln fest.

Strand Provincetown
Ein schier endloser Strand hinter den Dünen von Provincetown

Die Haie kommen, weil es hier viele Robben gibt. Leider lässt sich just in dem Moment, in dem wir da sind, keine einzige Robbe blicken. Dennoch ist der Blick auf den schier endlosen, fast menschenleeren Strand und auf den blauen, nicht enden wollenden Ozean unbezahlbar.

Rob ruft zum Aufbruch und schweren Herzens trenne ich mich vom Augenblick. Der schwere 4×4 kämpft sich die Sandberge hinauf, während Rob ein Gedicht über die Dünen rezitiert.

Art's Dune Tours
Heute geht es bequemer durch die Dünen

Mitten drin bleibt der Wagen schliesslich doch noch im weichen Sand stecken. Rob lässt ihn rückwärts rollen und nimmt danach nochmal vorsichtig Anlauf. Wieder geht es nicht weiter und das Auto gräbt sich in den Sand. Rob nimmt erneut Anlauf. Diesmal klappt es und wir können die Fahrt fortsetzen. Man möge mir verzeihen, dass ich mir Inhalt und Autor des Gedichtes nicht gemerkt habe. Ich war zu sehr damit beschäftigt, zu hoffen, dass wir nicht stecken bleiben. Aber Rob hat sein Fahrzeug voll im Griff.

Den Fahrtwind in den Haaren geht es, wieder mit festem Asphalt unter Rädern, zurück ins bunte Örtchen.

Provincetown ist anders – hübsch anders

Sei es wegen der Abgeschiedenheit vom Rest der USA oder der Anwesenheit illustrer Gäste und Künstler, Provincetown zieht auch viele Schwule und Lesben an. Sie geben dem ohnehin schon bunten Ort auf ihre Weise gleich noch mehr Farbe.

Bojen Provincetown
P’Town ist bunt

Drei Jungs verabschieden sich mit Küsschen hier und Küsschen da. „Come on girls“, ruft einer seinen drei kleinen Hündchen zu, alle fein herausgeputzt mit einer glänzenden Haarspange am Schopf. Die Mädels folgen und trippeln ihm brav hinterher, ohne dass sich ihre Strass-glitzernden Hundeleinen spannen. Ich muss schmunzeln. Provincetown ich mag Dich!

Unten beim Hafen geniesse ich ein Hummer-Brötchen. Hummer satt lautet in Neuengland die Devise und ich bin solchen kulinarischen Genüssen gegenüber nicht abgeneigt.

Hafen Provincetown
Am Hafen wird gearbeitet

Viel Zeit bleibt mir aber nicht mehr. Leider! Ich spaziere noch ein wenig die Commercial Street rauf und runter und erfreue mich an Paradiesvögeln, netten Cafés, Bars und kleinen Läden mit verlockenden Auslagen und an den zahlreichen Kunstgalerien. Dann wird es Zeit, zum Hafen zu gehen. Es geht auf Walbeobachtungstour!

Provincetown bunt
Provincetown ist ein hübsches, aufgeräumtes Städtchen

Leuchttürme, viel Ozean und ein wenig Wal

Nicht nur viele Haie, sondern auch viele Wale gibt es in den Gewässern an diesem Teil der amerikanischen Ostküste. Der ideale Ort also, um an einer Wal-Beobachtungstour teilzunehmen.

Die See ist rau heute und die Gischt spritzt mit jeder Welle, auf der das Schiff reitet. Provincetown verschwindet am Horizont und wir fahren die lange Sandbank entlang, die sich ins Meer erstreckt. Leuchttürme sind in der Ferne zu sehen.

Cape Cod
Leuchttürme an der Küste von Cape Cod

Aber viel mehr als das Ufer zieht das endlose Blau unsere Blicke auf sich. Irgendwann ist tatsächlich mal ein Walrücken in der Ferne zu erkennen und eine Robbe streckt ihren Kopf neugierig aus dem Wasser.

Robbe
Eine Robbe streckt neugierig ihren Kopf aus dem Wasser

Wir verbringen ein paar Stunden auf dem Wasser. Immer in der Hoffnung, noch mehr und spektakulärere Blicke auf die sanften Riesen zu erhaschen. Doch ausser ein, zwei weiteren Walrücken haben wir nicht viel Glück. So ist das nun mal mit der Natur. Man kann nicht an jedem Tag Glück haben.

Wal Provincetown
Immerhin den Rücken eines Wales habe ich gesehen

Dennoch geniesse ich die schaukelnde Fahrt. Den Geschmack von Salz auf meinen Lippen, den kühlen Wind in den Haaren und mit dem Blick über die Küste kehren wir schliesslich zurück zur hübschen Puppenstube Provincetown mit ihren gepflegten Vorgärten. Die Einwohner müssen diesen Ort sehr lieben. Das spürt man auf Schritt und Tritt.

Eigentlich wollte ich dem Pilgrims Monument noch einen Besuch abstatten, doch als ich dort ankomme ist man grade dabei zu schliessen. Schade! Ich bereue es ein wenig, nicht mit mehr Zeit hergekommen zu sein. Hier könnte ich es eine gute Weile aushalten.

Gut gegessen in Provincetown

Im The Lobster Pot gönne ich mir zum Abschied eine Portion Tagliatelle mit Hummer und weiteren Köstlichkeiten aus dem Meer und mit Blick über den Hafen, um mich danach etwas wehmütig mit dem Schnellboot wieder auf den Weg nach Boston zu machen.

Lobster Neuengland
Leckeren und frischen Lobster gibt es im Lobster Pot. Hinten raus hat man eine wunderbaren Blick über den Hafen.

Hierher möchte ich wieder kommen!

Infobox

Lohnt sich ein Besuch in Provincetown?

Ja, unbedingt. Wer es bunt, aufgeräumt und auch ein wenig aussergewöhnlich mag, der wird diesen Ort lieben! Macht nur nicht denselben Fehler, wie ich! Plant unbedingt mehr Zeit ein! Provincetown ist ein wunderbarer Ort zum Verweilen. Zum Verlieben schön!

In diesem Sinne, geht raus und schaut Euch an, wie herrlich bunt und vielfältig unsere Welt ist!

Mit sonnigen Grüssen,
Eure Patotra

Provincetown
Kabelsalat und aufgeräumte Strassen in Provincetown
Wer schreibt hier?
Ellen Gromann-Goldberg

Hallo! Ich bin Ellen. Ich bin die Gründerin von PATOTRA, Content-Creator und freie Journalistin. Ich liebe das Meer und kleine Inseln. Aber auch die Berge, die Wüste, der Dschungel und Grossstädte können mich begeistern. Begegnungen mit Menschen sind für mich der Schlüssel zu anderen Ländern und deren Kultur. Nachhaltige Projekte liegen mir dabei ganz besonders am Herzen. Meine grossen Leidenschaften sind: das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren.

Im Jahr 2014 entstand PATOTRA als reiner Familienreiseblog. Gemeinsam mit meinen drei Kindern und meinem Mann durfte ich viele tolle Nah- und Fernreisen erleben, die sich hier auf dem Blog in Form von Reiseinspirationen und Reisetipps wiederfinden. Aus den Reisen mit Kindern wurden im Laufe der Jahre Reisen mit Teenagern. Schliesslich ist der Blog, gemeinsam mit meinen Kindern, den Kinderschuhen entwachsen. Mittlerweile reise ich meist gemeinsam mit meinem Mann – oder auch mal alleine.

Mit viel Herz und ansprechenden Reisefotografien möchte ich Euch ermutigen, diese Welt selbst und mit offenen Augen zu entdecken. Mein Fokus liegt auf spannenden Geschichten, traumhaften Landschaften und Begegnungen mit Menschen. Manchmal bringe ich Euch den Geschmack der grossen, weiten Welt auch in Form von Rezepten von meinen Reisen mit.


Offenlegung: Die Recherche wurde von Provincetown unterstützt. Meine Meinung bleibt davon unagetastet.


6 Antworten

  1. Ich war 1988 in Ptown und hab es sehr genossen. Immer noch bunt, immer noch liebenswert und lebenswert. Danke für den netten Bericht.

    1. Ganz herzlichen Dank für den lieben Kommentar. Ich freue mich sehr darüber – und zudem habe ich jetzt auch noch einen tollen Blog entdeckt!
      Liebe Grüsse
      Ellen

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