Rumänien – überraschend anders!

Wenn ich etwas am Reisen ganz besonders liebe, dann sind es die überraschenden Entdeckungen. Rumänien hatte ich mir so ganz anders vorgestellt. Ein Reisebericht über eine Busrundreise durch Siebenbürgen.
Inhalt

Häufig sind es seltsam verschwommene Bilder im Kopf, die wir mit auf eine Reise in ein unbekanntes Land nehmen, um danach, bereichert mit völlig neuen Bilder, wieder heim zu kehren.

Rumänien, das waren für mich der Sozialismus, ein geknüppeltes Volk unter dem Diktator Nicolae Ceausescu und dessen Geheimdienst Securitate. Dann flimmerten da 1989 Bilder über den Fernseher. Bilder von einer blutigen Revolution, vom Fall Ceausescus, seiner Exekution – und von Waisenhäusern mit halb verhungerten und völlig verwahrlosten Kindern.

Es folgten für mich viele Jahre mit wenig Bildern, wenn man einmal von den organisierten Bettelbanden in einigen Städten absieht. Ach ja, Graf Dracula war da ja auch noch  – und die Redewendung „mitten in der Walachei“, die nicht viel Aufregendes vermuten lässt. Es wurde also Zeit, meine offensichtlichen Lücken mit eigenen Eindrücken zu füllen und Rumänien, dieses Land, das seit 2007 Mitglied der europäischen Union ist, mit eigenen Augen zu sehen.

Bukarest

Meine Reise beginnt in Bukarest. Dort, wo 1989 der Brennpunkt der Revolution war und wo auch heute mitunter wieder Proteste gegen Korruption und die derzeitige Regierung stattfinden.

Bukarest
Altstadt Bukarest

Ich erlebe Bukarest als äusserst lebhafte Stadt. Im Verkehrsaufkommen steht sie anderen europäischen Städten in nichts nach. Die Fahrt durch ein schmuckes Viertel im französischen Stil überrascht mich. So hatte ich mir Bukarest nicht vorgestellt, auch wenn ich weiss, dass die Stadt früher das Paris des Ostens genannt wurde. Weiter in Richtung Stadtzentrum kommen dann vereinzelt auch die sozialistischen Gebäude, quadratisch und hoch und wenig charmant, zum Vorschein. So hatte ich mir Bukarest eher vorgestellt. Nur, dass diese Gebäude das Stadtbild so gar nicht dominieren. Immer wieder ziehen prunkvolle Gebäude meine Blicke auf sich. Dazwischen Zerfall, wie er leider mittlerweile in vielen europäischen Städten zu sehen ist.

Impressionen Bukarest

Die lebhafte Fussgängerzone mit modernen Restaurants, Bars und Cafes könnte genauso gut in London oder Paris sein.

Cafe Bukarest
Grafiti Bukarest
Boutique Bukarest

Einzigartig ist der monströse Prachtbau, der Parlamentspalast, mit dem Ceausescu sich sogar noch postum ein Denkmal gesetzt hat. Es handelt sich dabei um eines der grössten Gebäude der Welt. Nach dem Pentagon das zweitgrösste Verwaltungsgebäude der Welt. Fertiggestellt wurde es allerdings erst nach Ceausescus Tod. Schätzungen zufolge hat der Bau 3,3 Milliarden Euro gekostet. Nicht viel weniger bombastisch thront eine halbfertige orthodoxe Kathedrale an der Hinterseite des Palastes. Diese soll dann auch nur 400 Millionen Euro verschlingen. Parallelen sind rein zufällig.

Nach einem kurzen Einblick lasse ich Bukarest nachdenklich hinter mir. Die Fahrt geht durch das weite Land der Walachei in Richtung Karpaten und Siebenbürgen.

Rumaenien Land

Riesige Schafherden, begleitet vom Schäfer und Hütehunden, sprenkeln die weiten spätsommerlichen Felder und Wiesen. Rumänien hat mit geschätzten 6’600 Bären die grösste Braunbärendichte Europas. Da macht es sehr viel Sinn, dass Schäfer und Schäferhund bei der Herde sind.

Das Land ist flach und kaum besiedelt. Hin und wieder durchfahren wir ein Dorf, in dem sich kleine, einfache Einfamilienhäuser an die Strassenränder drängen. Ein Bild, das sich stetig wiederholt. Die Dörfer wirken meist ärmlich, aber in aller Regel gepflegt. Die Farbgebung der Häuser ist mutig, als wolle man der leichten Tristesse ein buntes Schnippchen schlagen.

Rumaenien Dorf

Meine Reise führt mich weiter von der Walachei nach Siebenbürgen. Hier wird das flache, offene Land durch tiefe Wälder und die bis zu 2’544m hohen Bergspitzen der Karpaten abgelöst.

Karpaten

Siebenbürgen ist das Land der Schlösser und Burgen und der hübschen Städte. Eine Region, das es zu entdecken lohnt

Schloss Peleș

Die Kleinstadt Sinaia in den Karpaten ist ein beliebter Wintersportort.

Schloss Peles

Zwischen 1873 und 1883 wurde hier das Schloss Peles für den rumänischen König Carol I erbaut wurde. Im Stil erinnert es ein wenig an die Burg Hohenzollern, die ursprüngliche Heimat des Königs. Peles war denn auch sein Lieblingsschloss.

Peles Schloss

Heute lockt das hübsch, in einem grossen Park gelegene Schloss viele Touristen an. Besonders am Wochenende, wenn halb Bukarest aufs Land flüchtet.

Die Spuren der Deutschen in Rumänien

Was auf den ersten Blick verwundert, ist, dass viele der Ortschaften in Siebenbürgen neben ihrem rumänischen auch einen deutschen Namen haben. In Rumänien lebte bis zur Ära unter Ceausescu eine grosse Deutsche Minderheit. In den Jahren 1968-1989 hat Deutschland viele dieser Deutschen von Rumänien freigekauft. Man schätzt, dass es etwas 100’000 waren. Nach der Wende 1990 sind noch einmal 100’000 ausgewandert, sodass heute nur noch etwa 40’000 Deutschstämmige in Rumänien leben. Nichtsdestotrotz existieren auch heute noch deutsche Schulen und an den Universitäten wird teilweise auf Deutsch unterrichtet. In Siebenbürgen trifft man auf Schritt und Tritt auf die Spuren der Deutschen.

Siebenbürgen – das Land der Burgen

Kirchenburg Honigberg (Hărman)

Honigberg

Auch die weisse Kirchenburg Honigberg (rom.: Hărman) erzählt von der Geschichte der deutschen Siedler, die nach 1211 vom Deutschen Ritterorden hier angesiedelt wurden. Sie gibt einen spannenden Eindruck in das damalige Leben der Bauern. Errichtet wurde die trutzige Burg zum Schutz der Bevölkerung vor feindlichen Angreifern.

Kirchenburg Birthälm (Biertan)

Biertan

Rund 150 km nordwestlich von Honigberg befindet sich Birthälm (rom.: Biertan), die grösste Kirchenburg Siebenbürgens. Die Kirchenburg thront imposant über dem kleinen Städtchen. Sie diente den evangelischen Bischöfen Siebenbürgens jahrhundertelang als Sitz.

Schnitzer Biertan
Ausblick Biertan

Schässburg (Sighisoara)

Nur 30 km weiter stosse ich auf die UNESCO Weltkulturerbestadt Schässburg (rom.: Sighisoara). Sie ist der schönste und am besten erhaltene Bau im bäuerlich gotischen Barock und Renaissance Stil im Osten Europas.

Schaessburg

Schässburg ist die einzige heute noch bewohnte Burg Siebenbürgens. Kleine Cafés, Restaurants und Souvenirläden beleben die schmucken Gebäude. Hier stosse ich auch zum ersten Mal auf den wohl bekanntesten Exportschlager Rumäniens, Graf Dracula.

Sighisoara

Angeblich befindet sich hier sein Geburtshaus. Sein Geburtszimmer kann sogar besichtigt werden. Was hier Realität und was Marketing ist, bleibt im Dunklen der Vergangenheit verborgen.

Schloss Bran (Törzburg)

Graf Dracula ist es, der mich zur letzten und bekanntesten Burg meiner Reise führt, Schloss Bran. Schloss Bran befindet sich rund 130 km südlich von Schässburg, an der Grenze zur Walachei.

Bran Toerzburg

Unzählige Souvenirläden scharen sich um den Fuss der Burg. Vampirzähne, wohin das Auge reicht. Auf T-Shirts, auf Tassen, auf Aschenbechern. Die Burg selbst enttäuscht ein wenig und gehört für mich definitiv nicht zu den Highlights meiner Reise. Warum, das erfahrt Ihr hier: Eine Reise nach Transsylvanien –Wo ist Dracula?

Toerzburg Bran

Wesentlich spannender als die unzähligen Burgen, Kirchen und Schlösser, finde ich die Eindrücke unterwegs. Immer wieder öffnet sich das Land. Einfache Dörfer, riesige Maisfelder, grosse Schafherden, Pferdewagen, die auf dem Land noch immer als Transportmittel dienen und schier endlose Weiten wechseln sich ab mit tiefen, dunklen Wäldern und schroffen Bergspitzen.
Selten habe ich so viel Vielfalt nebeneinander gesehen.

Landleben Rumaenien

Während der Fahrt über Land kann sich das Auge kaum satt sehen. Dieser Kontrast setzt sich auch in den Städten fort. Während das Leben auf dem Dorf noch nicht in diesem Jahrhundert angekommen zu sein scheint, sind die Städte überraschend modern.

Siebenbürgens schmucke Städte

Kronstadt (Brașov)

Wie der Name vermuten lässt, ist Kronstadt (rom.: Brașov) eine schmucke Stadt mit einem historischen Stadtkern. Sie wurde im 13. Jahrhundert vom deutschen Ritterorden gegründet und war lange Zeit das geistige und wirtschaftliche Zentrum der Siebenbürgener Sachsen.

Kronstadt

Hübsche Restaurants und Cafés laden heute ein, zu geniessen und zu verweilen. Sattliche Häuser mit schnörkeligen Fassaden säumen die Fussgängerzone.

Kronstadt Rumaenien
Kronstadt Impressionen

Auch hier ist Rumänien überraschend bunt. Die üblichen Ladenketten, die leider mittlerweile die meisten Städte weltweit prägen, ziehen kauffreudiges, meist jüngeres Publikum an. Es lohnt sich, sich im Einkausftrubel etwas Zeit zu nehmen um die Geschichten zu entdecken, die viele der Häuser erzählen.

Kronstadt Brasov
Cafe Brasov
Brasov Impressionen

Hermannnstadt (Sibiu)

Rund 150 km weiter westlich befindet sich ein weiteres prächtiges und lebhaftes Städtchen. Hermannnstadt (rom.: Sibiu) war die Weltkulturerbestadt 2007. Auch hier bin ich überwältigt von der Pracht der Gebäude, den farbenfrohen Häusern, die scheinen, als würden sie alles, was in den Gassen der Fussgängerzone geschieht mit Argusaugen zu bewachen.

Sibiu
Sibiu Rumaenien

Sibiu ist ein Städtchen, um sich treiben zu lassen und die Eindrücke aufzusaugen. Die Menschen sind freundlich und aufgeschlossen und ein Blick hinter die nächste Ecke lohnt sich auf jeden Fall.

Menschen Rumaenien
Impressionen Sibiu
Sibiu Gassen

Wer Glück hat, der landet vielleicht auch in einer Seitengasse wo sich der hübsche Gewölbekeller des Restaurants Crama Sibiul Vechi (Strada A. Papiu Ilarian Nr. 3) befindet. Hier werden in authentischer Umgebung die deftigen Köstlichkeiten der rumänischen Küche serviert. Von Maisbrei mit Pilzen bis hin zu Krautwickeln.

Restaurant Sibiu
Speisen Rumaenien

In der Buchhandlung Schiller kann man sich dann noch gleich mit deutschsprachiger Literatur rund um Rumänien und Siebenbürgen eindecken. Natürlich auch mit Bram Stokers Dracula.

Buchhandlung Schiller Sibiu
Rumaenien bunt

Auch ohne Dracula und Gruselmomente ist Rumänien für mich eine spannende Entdeckung. So völlig anders, als ich erwartet hatte. Dieses Land entspricht so ganz und gar nicht den wenig positiven Bildern, die ich vor meiner Reise im Kopf hatte. Ich kehre nach Hause zurück mit dem Kopf voller neuer Bilder von bunten Dörfern und Städten, von imposanten Kirchen, Burgen und Schlössern, von schier endloser Weite, tiefen Wäldern, hohen Bergen, Schafherden, Pferdekarren und freundlichen Menschen. Ich fühle mich reich beschenkt! Danke, Rumänien!

Häufig stimmen die Bilder in unseren Köpfen so ganz und gar nicht mit der Realität überein. Zieht los und entdeckt selbst! Ersetzt die falschen Bilder mit echten Bildern. Was gibt es Schöneres, als nach einer Reise nach Hause zurück zu kommen und sich reich beschenkt zu fühlen, beschenkt von Eindrücken und Erkenntnissen?

Mit sonnigen Grüssen,

Alte Zahlen

Rumänien Rundreise

Ich habe Rumänien im Rahmen einer geführten Busreise mit ITS Coop bereist. Eine sehr angenehme und unkomplizierte Art und Weise ein fremdes Land zu bereisen und kennenzulernen.

Während der Reise wurden wir vom deutschsprachigen Reiseführer immer wieder mit spannenden Informationen über Land und Leute versorgt. Die Reise dauert normalerweise 1 Woche. Untergebracht waren wir in 4*-Hotels. Man sollte hier die Ansprüche jedoch nicht allzu hoch setzen und nicht vom mitteleuropäischen 4*-Standard ausgehen.

Weitere Infos zur ganzen Rundreise findet Ihr hier: ITS Coop-Rumänien

Weitere Infos zu Rumänien

  • Währung & Geld: Die Landeswährung ist der Leu. 1 Leu entspricht ungefährt 0,25 CHF (Stand Oktober 2018). Ich würde empfehlen direkt am Flughafen mit der EC-Karte am Automaten Geld zu beziehen.
  • Die Lebenshaltungskosten in Rumänien sind vergleichsweise günstig. Ein Mittagessen inklusive Getränke kostet rund CHF 10-15. In den Städten gibt es Wechselstuben und Geldautomaten.
  • Sprache: Neben Rumänisch wird besonders in Siebenbürgen vielerorts auch heute noch Deutsch gesprochen. Auch mit Englisch kommt man gut durch.
Rumaenien Souveniers
Rumaenien farbenfroh
Rumaenien Rundreise

Offenlegung: Ich war zu dieser Rechechereise von ITS Coop eingeladen. Meine Meinung bleib davon unberührt.


7 Antworten

  1. Hey Ellen,
    danke für die vielen Bilder von deiner Reise, schwelge gerade in Erinnerungen. Ich war nämlich letztes Jahr in Rumänien und hatte ungefähr die gleiche Route. Das Dracula Schloss sollte definitiv auf keiner Reise fehlen, auch wenn es da doch sehr touristisch ist.

    Viele Grüße,
    Julian

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