Bei der Puerta de Jerez steht eine grosse Menschenmenge im Halbkreis beisammen. Ihr rhythmisches Klatschen feuert die Tänzer, die mit ihren Füssen im gleichen Takt schlagen, an. Zwei Frauen und ein Mann tanzen Flamenco. Ein Tanz voller Anmut, Leidenschaft, Lebensfreude und Stolz. Hier, in Sevilla, ist er zu Hause.
Was könnte diese Stadt also besser beschreiben, als genau dieser Tanz?
Sevilla, das ist Lebensfreude, Tradition und Moderne
Schlendert man durch die gemütlichen, schmalen Gassen der Altstadt, fallen einem die zahlreichen Läden mit Flamencobekleidung und die Hochzeitsausstatter gleich ins Auge. Besonders in der Einkaufsstrasse Mateo Gago.
Neugierig werfe ich einen Blick in eines der Geschäfte. Flamencokleider in alle möglichen Farben und Mustern hängen an den Kleiderstangen.
Flamencokleider, das sind keine Trachten, sondern sie unterliegen dem modischen Diktat der Zeit,
erfahre ich von Paula, die mir ihr Sevilla zeigt. Modern soll es sein und doch traditionell. Auch ein bisschen frech.
Genau diese verspielte und ein wenig freche Seite von Sevilla zeigt sich auch ganz in der Nähe, auf der Plaza Mayor. Während sich der riesige, moderne Metropol Parasol, auch der Pilz von Sevilla genannt, wie eine gigantische Waffel frech über den Köpfen der Menschen breit macht und von seinem Dach umwerfende Ausblicke auf die Stadt freigibt, befindet darunter ein Markt mit Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch. Noch eine Stufe weiter unten, unter der Erde, befindet sich ein insgesamt 4800qm grosses Areal mit römischen Ausgrabungen. Eine spannende Kombination!
Vor der nächsten Kirche, und davon gibt es sehr viele in dieser Stadt, erfahre ich, was es mit den vielen Hochzeitsausstattern auf sich hat. Eine riesige Hochzeitsgesellschaft, deren Teilnehmer allesamt scheinbar dem neuesten Modejournal entsprungen sind, versammelt sich vor dem Eingang.
Wir Spanier sind bekannt für unsere grossen, aufwendigen Hochzeiten. Aber hier in Sevilla wird noch grösser und noch aufwendiger gefeiert und mit noch mehr Leidenschaft, als im Rest des Landes
erklärt Paula.
Lebensfreude pur!
Diese spürt man auch am Abend, in und vor den zahlreichen, sehr gut besuchten Bars, Tabernas und Bodegas. Man steht und sitzt beisammen, bei einem guten Glas Wein und den obligatorischen, köstlichen Häppchen, den Tapas. Dabei wird viel gescherzt, gelacht, das Leben gefeiert und genossen.
Über all dem wacht stolz und anmutig das beleuchtete Wahrzeichen der Stadt, der Glockenturm von Giralda. Ursprünglich stellte er das Minarett einer grossen Moschee dar. Heute ist er der Turm der drittgrössten Kathedrale der Welt, der Kathedrale von Sevilla, Santa María de la Sed. Gleichzeitig ist er Zeitzeuge einer bewegten Geschichte, die ihre Spuren in der Stadt hinterlassen hat.
Römer, Araber, Spanier und die Entdeckung der neuen Welt haben das vielfältige Gesicht von Sevilla massgeblich geprägt. Die begünstigte Lage am Fluss Guadalquivir und mit ihm ein direkter Zugang zum Meer und den globalen Handelsrouten, führte Sevilla in Blütenzeiten, die sich auch heute noch im Stadtbild widerspiegeln.
Sevilla, die Anmutige und Stolze
Schmale, gemütliche Gassen, imposante Gebäude und prächtige Paläste, lauschige Parks und nicht zuletzt der Fluss Guadalquivir verleihen Sevilla ein einzigartiges Antlitz. Irgendwo habe ich gelesen, dass Sevilla eine der schönsten Städte der Welt sei. Wohl wahr!
Carmen aus der Zigarrenfabrik
Es gibt unzählige Sehenswürdigkeiten in der Stadt und viele Geschichten .
Die ehemalige Zigarrenfabrik ist so eine Sehenswürdigkeit. Einst grösstes Fabrikgebäude Europas, beherbergt sie heute die zweitgrösste Universität Spaniens. Die feurige Carmen aus Bizes gleichnamiger Oper hat hier als Zigarrendreherin gearbeitet, bevor sie erst dem braven José den Kopf verdreht und sich dann einem feurigen Stierkämpfer zuwendet. Den Rest der Geschichte kennen wir. Das Happy End bleibt uns hier leider verwehrt.
Sevilla für die Schönen und Reichen
Dann geniesse ich im Luxushotel Alfonso XIII doch lieber ein paar Tapas, einen guten Rotwein oder einen Café Cortado, die spanische Variante des Espresso. Einst vom gleichnamigen König in Auftrag gegeben, sollte das Haus den illustren Gästen der iberoamerikanischen Ausstellung 1929 eine adäquate Unterkunft bieten. Heute treffen sich hier die High Society, solche, die dazugehören wollen und Schauspieler von Rang und Namen. Hollywoodgrössen haben das Glück, dass sich berühmte Regisseure durchaus gerne die besonders angenehmen und schönen Orte als Kulissen für ihre Dreharbeiten aussuchen. Tom Cruise und Cameron Diaz kamen für die Dreharbeiten für „Knight and Day“ in den Genuss die Stadt erleben zu dürfen.
Auch die Schauspieler von „Game of Thrones“ durften Sevilla als ganz besonderen Arbeitsort kennelernen. Schauspieler sollte man sein!
Hochkarätig, wenn auch in diesem Falle blaublütig, geht es im Real Alcázar von Sevilla zu. Der Stadtpalast ist der älteste königliche Palast in Europa, der tatsächlich noch von der Königsfamilie genutzt wird. Er blickt auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurück. Die verschiedenen Kulturen und Epochen Sevillas finden sich in prächtiger Inszenierung in seinen Gemäuern und Gärten wieder.
Kunstvolle Keramikarbeiten und Mosaike, filigrane Holzschnitzereien und Steinarbeiten bilden zusammen einen Palast, der in all seiner Pracht diese Bezeichnung mehr als verdient hat. Die Gärten, dank des milden Klimas immergrün und häufig blühend, laden ein zu lustwandeln.
Überhaupt sind blühend Gärten und Parks ein sehr grosses Thema in Sevilla. Es gibt unzählige davon.
Die Murillo Gärten eignen sich besonders gut, um sich zwischen Palmen unter den Augen der anwesenden Papageien, ja Papageien, vom straffen Sightseeing Programm ein wenig auszuruhen.
Noch mehr Sightseeing
Ich entscheide mich aber lieber weiter an einer der zahlreichen, von Orangenbäumen gesäumten Strasse entlangzuspazieren. Orangen, als Marmelade, als Duft oder ganz einfach als Frucht, das ist neben Flamenco ein weiterer Exportschlager von Sevilla und dem andalusischen Umland.
Ich möchte noch mehr sehen von dieser Stadt der Superlative. Denn in Sevilla befindet sich nicht nur die ehemals grösste Fabrik und der älteste Palast, sondern auch der grösste Platz Spaniens ist hier beheimatet. Die Plaza Espana.
Auch die Plaza Espana wurde, wie viele weitere Bauwerke in der Stadt, anlässlich der iberoamerikanischen Ausstellung von 1929 erbaut. Heute ein Touristenmagnet mit einem, trotz allem, beschaulichen Charakter. Wer Zeit und Lust hat, kann ihn von kleinen Ruderbooten aus geniessen. Der Platz dient heute häufig als Ort für Veranstaltungen. Mich überrascht eine farbgesprenkelte Plaza Espana mit einem gewissen Jöh-Effekt. Bunte, kleine Seats haben sich zur Freude der Passanten um den Platz herum im Kreis aufgereiht. Irgendwie frech!
Und weil ich grade so im Schwung bin, statte ich auch dem Palacio de las Duenas noch einen kurzen Besuch ab. Er ist erst seit März 2016 der Öffentlichkeit zugänglich. Erbaut wurde er zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert.
Das Haus, das auch heute noch von der Adelsfamilie Alba als Wohnhaus genutzt wird, beherbergt eine grosse Kunstsammlung. Zitronenbäume und Bougainvillea zieren den Garten und die Gebäude. Eine echte Oase in der Stadt.
Prominente und adelige, wie Jaqueline Kennedy, Wallis Simpson, Grace Kelly und ihr Ehemann Rainier von Monaco wussten diese Annnehmlichkeit zu schätzen und gaben sich hier die Klinke in die Hand. Für mich allerdings viel eindrücklicher, das eigens eingerichtete Zimmer, in dem die schrille und exzentrische Herzogin von Alba, einst Liebling der Regenbogenpresse, ungestört ihrer grossen Leidenschaft frönen konnte. Dem Flamenco!
Immerhin führte sie hier, an ihrer eigenen Hochzeit im Jahr 2011, die Dritte übrigens, ihrem 25 Jahre jüngeren Gatten und den Hochzeitsgästen Barfuss ein feuriges Tänzchen vor. Ganz gewiss, trotz ihres damaligen Alters von 85 Jahren, voll Anmut, Lebensfreude und Stolz!
Das ist Sevilla, zeitlos, altehrwürdig und dabei immer ein wenig frech!
Mein Fazit zu einer Reise nach Sevilla:
Sevilla ist eine unglaubliche Stadt! Sevilla, das ist Flamenco, voll Musik und Rhythmus, aufregend und begeisternd und auch etwas dramatisch. Eine Stadt, die man kaum in Worte fassen kann – man muss sie spüren und sich von ihr mitreissen lassen!
Mit sonnigen Grüssen,
Reisetipps für Sevilla:
- Edelweiss Air fliegt ab Zürch jeweils Dienstags und Samstags Sevilla direkt an (Stand November 2016). Der Flug dauert rund 2 ½ Stunden. Die Stadt ist vom Flughafen aus in wenigen Minuten erreicht.
Ich war im Melia Hotel Lebreros untergebracht. Ein vier Sterne Cityhotel – Leider etwas ausserhalb des Zentrums.
Im Zentrum gibt es viele bezaubernde (zumindest dem Augenschein nach) kleine Boutiquehotels.
Z.B.:
- Hotel Casas del Rey de Baeza
- Hotel Dona Maria (Öffentliche Bar auf Dachterrasse mit traumhaftem Blick auf die Kathedrale!)
- Wer es sehr luxuriös möchte, der gönnt sich das Luxushotel Alfonso XIII
- Metropol Parasol
- Real Alcazar
- Goldener Turm am Fluss
- Palacio de las Duenas
- Hospital de los Venerables
- Die Kathedrale von Sevilla
- Plaza Espana
- Flamencomuseum
- Am Fluss entlanglaufen und am Ufer einen Drink geniessen (Mein Tipp: Bar: Rio Grande, Puerto de Cuba)
- Tappas essen …
- u.v.m.
Restaurants:
- Don Juan de Alemanes in der Nähe der Kathedrale (C.Alemanes 7): Nette Atmosphäre, Tapas
- Robles Placentines im Zentrum (C.Placentines2): gute Andalusische Küche, Tapas
- El Rinconcillo (C. Gerona 40) : Eine der ältesten Tavernen in Sevilla. Leckere Tapas mit den Einheimischen!
Bars:
- Hotel Dona Maria in der Nähe der Kathedrale( C.Don Remondo 2): Tolle Dachterrasse mit super Blick
- Rio Grande, Puerto de Cuba (Calle Betis): Terrasse direkt am Fluss
Cafés:
- Café Giralda: Traditionscafé, in der Nähe der Kathedrale
- Monolo Mayo Restaurant
Avenida de Sevilla, Los Palacios y Villafranca
Sterneküche ausserhalb von Sevilla (etwa 20-30 Minuten mit dem Auto)
Sehr gute andalusische Küche. Ein Tipp für Feinschmecker.
Romantische, luxuriöse Hacienda in der Mitte von nirgendwo (etwas 45 Minuten Fahrzeit von Sevilla):
Ideal für Ruhe suchende, hochpreisig
Beste Reisezeit ist Herbst und Frühjahr. Aber auch der Winter ist klimatisch eher mild.
Im Frühjahr, besonders um Ostern finden in der Stadt zahlreiche Feste statt.
Offizielle Informationen des spanischen Fremdenverkehrsamtes: Spain-info
Offenlegung: Die Recherchereise wurde vom Spanischen Fremdenverkehrsamt und von Edelweiss Air unterstützt. Herzlichen Dank dafür!
5 Antworten
Hallo,
Ich gestehe ich hatte Sevilla bisher nie auf dem Schirm, aber das schaut wirklich super aus! Gerade der Stadtpalast hat mir gut gefallen. Welche Jahreszeit kannst du für einen Besuch besonders empfehlen?
Viele Grüße
Simone
Liebe Simone
Ich war im Herbst dort und fand es sehr schön, den Sommer noch ein wenig zu verlängern. Im Frühjahr soll es aber auch sehr schön sein und um die Osterzeit finden einige besondere Feste statt. Das wäre bestimmt auch ein schönes Erlebnis.
Liebe Grüsse
Ellen
Hallo Ellen,
sehr schöne Fotos! Macht richtig Lust auf Sevilla. Habe ich zwar schon lange auf meiner Löffelliste, aber ich glaube, nach dem Bericht, muss ich sie neu ordnen. Vielen Dank dafür
Liebe Grüße
Steffi
Liebe Steffi
Vielen Dank! Hach, das freut mich! Sevilla ist ein Traum und zählt zu meinen absoluten Lieblingsstädten:
Lieber Gruss,
Ellen
Diese Eindrücke vermitteln mir wirklich ein buntes Bild. Da hab ich echt Lust auf diese Stadt! lg