Suche
Close this search box.

St. Gallen im Winter – Biber, Bier und Blütenträume

Sankt Gallen im Winter ist, neben 700 leuchtenden Sternen und einem romantischen Weihnachtsmarkt in der Weihnachtszeit, auch ganz viel Geschichte, Genuss und Gemütlichkeit. St. Gallen lohnt einen genaueren Blick.
Inhalt

Klein aber fein schmiegt sich St. Gallen an die Flanke der Appenzeller Hügellandschaft. Ihre eigentlich ideale Lage führt dazu, dass sie auf der Weiterfahrt ins Appenzell zum Skifahren oder Wandern oft links liegen gelassen wird. Ein grosser Fehler, denn St. Gallen lohnt einen Besuch!

Altstadt St.Gallen
Die Altstadt von St. Gallen ist ausgesprochen hübsch

Stiftskirche und Stiftsbibliothek

Stiftskirche St.Gallen
Die Stiftskirche zieht Besucher aus aller Welt an

Grösster Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt stellen die imposante Stiftskirche mit ihren zwei markanten Türmen, sowie die Stiftsbibliothek mit einzigartigen Exponaten dar. Beide gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Besuch der Stiftsbibliothek, der ältesten Bibliothek der Schweiz, mit ihrem prächtigen Barocksaal und den zahlreichen, kunstvollen mittelalterlichen Handschriften und Illustrationen gehört tatsächlich zu den Highlights eines St. Gallen Besuchs. Und auch die Stiftskirche beeindruckt zweifelsohne sehr. Aber die Gallusstadt, die der Legende nach vom irischen Mönch Gallus im Jahre 612 gegründet wurde, hat darüber hinaus noch wesentlich mehr zu bieten.

Stiftskirche innen
Die Stiftskirche ist eine der letzten Sakralbauten des Spätbarocks

Die Erkerstadt

Wer durch die Gassen der Altstadt schlendert, entdeckt immer wieder reich verzierte Erker an den mittelalterlichen Fachwerkhäusern. Sie erzählen Geschichten von fremden Ländern, exotischen Früchten und spiegeln gleichzeitig die Geschichte während der Blütezeit der Stadt wider.

Erker St.Gallen
Reich verzierte Erker zieren die Häuser der Altstadt

Hier ist der Ausdruck Blütezeit durchaus wortwörtlich zu nehmen!

Blütenträume im Textilmuseum

Die genaue Erklärung findet man im Textilmuseum an der Vadianstrasse. Der einstige Reichtum der Stadt ist auf der Produktion von feinen Leinenstoffen begründet, die bereits im Mittelalter in der Region ansässig war. Leinen wurde als das „weisse Gold“ bezeichnet. Der Handel mit den kostbaren Produkten blühte und führte die St. Galler Händler in aller Herren Länder.

Das Gesehene und auch der durch den regen Handel erworbene Reichtum wurden dann mit aufwendig geschnitzten Erkerverzierungen kokettierend zur Schau getragen. Da konnte es schon mal vorkommen, dass man bildhaft dem Nachbarn die Zunge herausstreckte, frei nach dem Motto: „Ich habe etwas, was Du nicht hast.“

Erkerstadt St.Gallen
Wer streckt dem Nachbarn die Zunge raus?

Ihre Blütezeit fand die Textilherstellung und Veredelung in den „goldenen Jahren der Stickerei“. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden handgestickte- und später auch maschinengestickte Stoffe in alle Welt exportiert und brachten den St. Galler Stickereien Weltruf heim. Diese Blütezeit der St. Galler Stickerei dauerte bis Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Wirtschaftskrise und die beiden Weltkriege läuteten den bitteren Niedergang der zarten Industrie ein.

Stickmaschine St.Gallen
Kleine Tannenbäumchen entstehen mit der Stickmaschine

Nur noch wenig ist von der einstigen Textilblüte übrig geblieben. Einige wenige Unternehmen konzentrieren sich heute auf exklusive Nischenprodukte, textile Blütenträume für die Haute Couture, und innovative Funktionstextilien u. a. für den Medizinalbereich und für die Raumfahrt. Bis heute wird St. Galler Spitze von der High Society geschätzt. Sie schmückt Celebreties wie Pippa Middleton, Cameron Diaz und Michelle Obama.

historische Spitzenkleider
Historische Spitzenkleider
St.Galler Spitze Haute Couture
Haute Couture mit St.Galler Spitze

Das Textilmuseum bietet einen spannenden Einblick in die textile Geschichte der kleinen Stadt am Fusse des Alpsteins, die ihr über die Jahrhunderte den Duft der grossen, weiten Welt nach Hause brachte.

… und den riecht man auch noch in den Gassen von St. Gallen:

Der St. Galler Biber

Ich folge dem Duft und mache vor der Confiserie Roggwiler in der Multergasse halt.

St.Galler Biber
St. Galler Biber mit Weihnachtsmotiven

Es duftet nach exotischen Gewürzen – Koriander, Zimt, Nelken, Ingwer und Anis. Kunstvolle Biber, so heisst das lebkuchenähnliche Gewürzgebäck, zieren das weihnachtliche Schaufenster der Confiserie, während man sich dahinter, im einladend altmodischen Tearoom, bei einem heissen Tee die Hände und das Herz wärmen lässt.

Cafe Roggwiler
Herrlich altmodisch geht es im Café Roggwiler zu

Der St. Galler Biber taucht bereits im 15. Jahrhundert auf. Die Stoffhändler brachten von ihren Reisen exotische Gewürze mit, aus denen die ersten Bimen- oder Biberzelten, wie sei damals genannt wurden, wurden gebacken. Bis heute wurde die Herstellung des edlen Gebäcks perfektioniert und mit einem zarten Mandelkern verfeinert.

Inhaber Martin Schnyder ist der Meister der Biber in der Confisserie Roggwiler. Er erlaubt mir einen kleinen Einblick in seine Backstube.

Martin Schnyder
Der Meister der Biber, Martin Schnyder

Ich darf ihm sogar ein wenig mithelfen und bekomme einen kleinen Eindruck davon, wie aufwendig die Herstellung des Gewürzgebäcks ist. Das ist noch echte Handarbeit. Am Ende bin ich ein wenig Stolz auf mich: Mein erster selbstgemachter St. Galler Biber kann sich durchaus sehen lassen. Ich heb ihn mir auf zum Dessert!

St.Galler Biberli
So schlecht sieht das nicht mal aus

Die St. Galler Bratwurst

Jetzt gelüstet es mich aber erst mal nach etwas Herzhaftem. Kaum stehe ich wieder draussen auf der Gasse, zieht mir Bratwurstduft in die Nase. Wie beim Biber, waren es die Gewürze aus aller Herren Länder, die den Grundstein für den Triumphzug der Bratwurst in St. Gallen legten.

Den St. Gallern ist ihre Bratwurst heilig. Sorry, liebe Vegetarier, hört mal weg. Ein Besuch in St. Gallen, ohne eine Bratwurst gegessen zu haben, ist meines Erachtens kein richtiger Besuch in St. Gallen. Das gehört einfach dazu, das ist Kulturgut! Die weisse Bratwurst kommt hier gleich in drei unterschiedlichen Grössen daher: als St. Galler Bratwurst, das ist die Kleinste (ca. 110 g), als Olma Bratwurst, das ist die Mittlere (ca. 160 g) und als St. Galler Kinderfest-Bratwurst, das ist die Grösste (ca. 220 g). Die Kinder müssen schliesslich noch wachsen.

Brartwurst St.Gallen
Bratwurst mit Bürli – was sonst!

Klassisch wird die Bratwurst mit einem St. Galler Bürli (womit auch sonst!) und unbedingt OHNE Senf genossen. Nur wer sich bei den St. Gallern so richtig unbeliebt machen möchte, oder sich als Unwissender outen möchte, klatscht Senf darauf.

St. Galler Bier

Das passende Getränk dazu wird auch in St. Gallen hergestellt. Genauer gesagt in der Brauerei Schützengarten, der ältesten Brauerei der Schweiz. Auch hier kamen damals die verschiedenen Gewürze zum Einsatz. Welches Bier denn am besten zur Bratwurst passt, kann man in der Brauerei mit angeschlossenem Bierflaschenmuseum bei einer Bierdegustation mit Biersomelieuse Pia Zweifel selbst herausfinden.

Bierflaschenmuseum
Im Bierflaschenmuseum
Bierdegustation
Wer die Wahl hat, hat die Qual

Mich darf man hierzu allerdings nicht befragen. Ich bin ein echter Banause, was Bier anbelangt. Guten Wein hat St. Gallen übrigens auch zu bieten und, ihr verzeiht mir den Fauxpas, aber ich persönlich würde tatsächlich den Wein als Begleitgetränk bevorzugen. Aber Wasser tut es auch!

Wo hingegen ich mir das Bier durchaus gefallen lasse ist im Fondue. Ja, ihr habt richtig gelesen: im Fondue!

Aber dazu gleich mehr.

Die weihnachtliche Sternenstadt

Allerstern
Der Allerstern leuchtet über St.Gallen

Wer das Glück hat, in der Weihnachtszeit nach St. Gallen zu kommen, der sollte sich unbedingt am frühen Abend unter den 700 Sternen, die die Stadt beleuchten, durch die Gassen treiben lassen und den Weihnachtsmarkt besuchen. St. Gallen ist um diese Jahreszeit hübsch, feierlich und romantisch. Die Weihnachtsstimmung, die über der Stadt hängt, ist ansteckend. Kinderaugen glänzen, während sie kräftig an der Schnur des riesigen Hampelmanns, der zu dieser Zeit die Fassade des Spielwarengeschäfts Zolli Bolli ziert, ziehen und ihn zum Hampeln bringen. Manch älterer St. Galler verdrückt sich dabei verstohlen ein Tränchen, weil er sich an seine eigene Kindheit erinnert, wie er selbst dort stand und entschlossen am Seil zog. Plötzlich ist es wieder da, das wohlig kribbelnde Gefühl aus Kindertagen, die freudige Aufregung – bald, bald ist Weihnachten.

Gemütliches Fondue mit Bier

Warm ums Herz und kühl vom Winterwind, lockt die gemütliche Stube des legendären „Restaurant National“, auch „goldener Leuen“ genannt oder einfach nur „Naz“ an der Schmiedgasse 30 zum Fondue. Die Tische der heimeligen Stube sind gut besetzt und es duftet nach Käse.

Bierfondue im Naz
Bierfondue im Naz mit Pilzen und Speck schmeckt köstlich

Auch hier wird St. Galler Bier ausgeschenkt und es landet nicht nur in den Gläsern der zahlreichen Gäste, sondern zusammen mit Speck und Pilzen im köstlichen Fondue. In geselliger Runde schmeckt es gleich noch dreimal so gut – aber ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, dass dieses Fondue das Beste ist, das ich jemals probieren durfte.

Wer St. Gallen auf der Durchreise links liegen lässt, der hat wirklich etwas verpasst. St. Gallen ist sowohl kulinarisch, als auch geschichtlich – im wahrsten Sinne des Wortes – spitze und man kann sich seinem kleinstädtischen Charme kaum entziehen.

Fahrt nicht einfach durch, dafür ist St. Gallen viel zu schade! Haltet an, verweilt und geht auf Entdeckungsreise durch die romantischen Gassen der Stadt.

Mit sonnigen Grüssen,

Altstadt St.Gallen
Ein Bummel durch die hübschen Gassen der Altstadt lohnt sich auch im Winter

Weitere Tipps für einen Citytrip nach St.Gallen:

UnterkommenKulinarikStadtführungenUmgebung

Ich war im Hotel Einstein untergebracht. Die Lage im Stadtzentrum ist ideal um die Stadt zu erkunden und das Frühstücksbuffet sucht seinesgleichen. Mein Tipp: Zimmer nach vorne, zur Stadt hin buchen.

Feine Biber gibt es in der Confiserie Roggwiler, in der Multerergasse 17

St. Galler Bratwurst mit Bürli gibt es beim Metzgerei Gemperli an der Schmiedgasse 34

Gemütlich geht es am Abend bei einem Fondue im Restaurant Naz an der Schmiedgasse 30 zu. Man sollte hier vorab einen Platz reservieren.  Tel: +41 71 222 02 62

An einer Stadtführung teilzunehmen möchte ich Euch wärmstens ans Herz legen. Es bleibt einem sonst viel Spannendes verborgen.

Infos dazu findet Ihr hier: Stadtführungen

Die Region Nord-Ostschweiz am Bodensee und rund um die Stadt St. Gallen, bietet zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter eine Menge Sehens- und Erlebenswertes. Dies ist meine Heimatregion. Sie liegt mir besonders am Herzen, weshalb ich ihr hier auf PATOTRA eine eigene Rubrik gewidmet habe. Schaut doch einfach mal rein unter

und lasst Euch anstecken von der Schönheit und Vielfältigkeit meiner Heimat.

Wer schreibt hier?
Ellen Gromann-Goldberg

Hallo! Ich bin Ellen. Ich bin die Gründerin von PATOTRA, Content-Creator und freie Journalistin. Ich liebe das Meer und kleine Inseln. Aber auch die Berge, die Wüste, der Dschungel und Grossstädte können mich begeistern. Begegnungen mit Menschen sind für mich der Schlüssel zu anderen Ländern und deren Kultur. Nachhaltige Projekte liegen mir dabei ganz besonders am Herzen. Meine grossen Leidenschaften sind: das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren.

Im Jahr 2014 entstand PATOTRA als reiner Familienreiseblog. Gemeinsam mit meinen drei Kindern und meinem Mann durfte ich viele tolle Nah- und Fernreisen erleben, die sich hier auf dem Blog in Form von Reiseinspirationen und Reisetipps wiederfinden. Aus den Reisen mit Kindern wurden im Laufe der Jahre Reisen mit Teenagern. Schliesslich ist der Blog, gemeinsam mit meinen Kindern, den Kinderschuhen entwachsen. Mittlerweile reise ich meist gemeinsam mit meinem Mann – oder auch mal alleine.

Mit viel Herz und ansprechenden Reisefotografien möchte ich Euch ermutigen, diese Welt selbst und mit offenen Augen zu entdecken. Mein Fokus liegt auf spannenden Geschichten, traumhaften Landschaften und Begegnungen mit Menschen. Manchmal bringe ich Euch den Geschmack der grossen, weiten Welt auch in Form von Rezepten von meinen Reisen mit.


Offenlegung: Ich wurde von  St. Gallen-Bodensee Tourismus zu dieser Recherchereise eingeladen. Meine Meinung bleibt davon unberührt.


4 Antworten

  1. Hallo Ellen,

    Ganz herzlichen Dank für den tollen St. Galler-Bericht. Ja St. Gallen gibt schon was her, besonders auch jetzt in der Vorweihnachtszeit. In St. Gallen aufgewachsen – meine Frau hat viele Jahre im Roggwiller gearbeitet – hast du unseren Nerv getroffen.
    Als foto- und videobegeisterter Grufti, finde ich deinen Reiseblog super, besten Dank für die schönen Bilder und informativen Berichte.

    Dir und deiner Familie wünsche ich eine beschauliche Adventszeit.

    liebe Grüsse vom Bodensee

    Fritz Vogel

    1. Lieber Fritz
      Ganz, ganz herzlichen Dank für den sehr netten Kommentar. Die netten Worte freuen mich unbeschreiblich! Schön, dass ich den Flair von St.Gallen für Euch einfangen konnte!
      Ich wünsche Dir und Deiner Familie ebenfalls eine wunderschöne und friedvolle Weihnachtszeit!
      Liebe Grüsse
      Ellen

  2. oh nein. Warum habt ihr das Fondue versaut? Pilze? Jetzt is mir schlecht..

    Aber ansonsten klingt das sehr fein. Wusste gar nicht, dass es da Bier gibt.. wäre auch für mich dann :))))

    Und da ich das Fondue so ja nicht essen kann: Ich nehme dann 3-4 der Kinder-Bratwürste 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert