Mit Speck fängt man Mäuse und mit Geschichten lockt man Kinder. Zum Beispiel mit der über den schlauen Fuchs. Wusstet Ihr, wie ein Fuchs seine Beute anlockt? Er stellt sich tot. Kommt beispielsweise eine neugierige Krähe daher, schnappt der hungrige Fuchs zu. Happs – und weg ist die Krähe.
Neugierig? Diese und andere spannende Details aus der Tierwelt lernen Kinder und auch Erwachsene auf dem Fabelweg am schweizerischen Bodenseeufer zwischen Steckborn und Ermatingen kennen. 18 Mitmachtafeln warten entlang des elf Kilometer langen Wegs auf die kleinen und großen Wanderer und erzählen spannende Geschichten. Denn wer Kinder hat weiß, dass man mit einem Fußmarsch alleine niemand aus dem Haus locken kann.
Attraktiv ist ein Wanderweg vor allem dann, wenn er nebenher Geschichten erzählt. Das haben drei Studentinnen der Hochschule St. Gallen im Auftrag des Vereins Thurgauer Wanderwege bei einer Befragung von Familien, Lehrern und Wanderern herausgefunden. So entstand die Idee vom Fabelweg.
Jetzt wartet eine große Infotafel am Bahnhof Steckborn auf die Besucher. „Fabelhaft“ steht in dem grünen Quadrat auf den gelben Wanderwegschildern. Von hier schlängelt sich der breite Schotterweg leicht bergauf, durch schattige Laubwälder, vorbei an saftigen Wiesen, auf denen zur Freude der Kinder friedlich die Kühe grasen. Auf der sonnenbeschienenen Anhöhe öffnet sich der Blick über den Bodensee in Richtung Hegau und seine Vulkanberge. Ab und zu wird der Ausblick durch ein Maisfeld verdeckt. Während der Zeppelin am Himmel fast lautlos seine Runden dreht kann hier unten eine aufregende Entdeckungsreise in die Welt der Fabeln beginnen.
Unterwegs begegnen, zumindest den grossen Wanderern, alte Bekannten, wie Meister Lampe, der sich in Aesops Fabel im Wettrennen mit der behäbigen Schildkröte misst. Oder Meister Petz, ebenfalls aus einer Fabel von Aesop, der von der hochmütigen Mücke gar grässlich gepiesackt wird. Das überraschende Ende der Mücke, die vor lauter Stolz ein Spinnennetz übersieht, regt Groß und Klein zum Nachdenken an. Die Frage auf der Tafel „Kennst Du ein passendes Sprichwort dazu?“ Können auch die Kleinen Wanderer meist schon beantworten – oder sie denken sich eben selbst eines aus. Mit dem Bären, der auf der friedlich auf dem Boden liegt, während ihn die blutrünstige Mücke mit Ihrem Stachel angreift, bekommt man durchaus Mitleid. Wer kennt dieses Gefühl nicht?
Die liebevoll gestalteten Illustrationen der Thurgauer Künstlerin Maria Leonardi auf den Tafeln hauchen den Fabeltieren weiteres Leben ein. Begleitet werden die lebendigen Geschichten und Bilder von Meister Petz, Meister Lampe und ihren pelzigen und gefiederten Kollegen von kurzweiligen Quizfragen, Spielanregungen und lehrreichen Informationen.
Wer nach Jean de La Fotaines Fabel vom listigen Fuchs, der dem eitlen Raben ein Stückchen Käse abluchst, Hunger bekommt, ist an der zehnten Tafel genau richtig. Hier gibt es zwei Grillstellen mit Sitzgelegenheiten, an denen man sich ausruhen und stärken kann. Für Grillholz ist gesorgt. Lediglich die Grillstöcke müssen gesucht und geschnitzt werden.
Frisch gestärkt kann die Tour dann weitergehen. Unweit der Raststelle ist der mit 580 Höhenmetern höchste Punkt der Wanderung, das Schützenhaus über dem Schlösserdorf Salenstein, erreicht. Hier belohnt der Blick über den westlichen Teil des Bodensees, die Klosterinsel Reichenau und die kleinen, schmucken Fischerorte mit Ihren wein berankten Fachwerkhäusern entlang des Schweizer Ufers für die Anstrengung. Bei schöner Witterung kann man mit viel Glück sogar das Alpstein massiv in der Ferne sehen.
Bei so viel Kurzweil vergehen selbst für kleine Wanderer drei Stunden wie im Fluge und die zahlreichen Bänkchen die am Wegesrand zu einer Rast einladen finden wenig Beachtung. Die Kinder sind viel zu beschäftigt damit die nächste Tafel zu entdecken.
Die leichte Wanderstrecke eignet sich ganz besonders für Familien mit Kindern etwa ab Grundschulalter, aber auch für interessierte Wandergruppen und Wanderer, die alleine unterwegs sind. Für Schulklassen und die begleitenden Lehrer bietet die Homepage des Thurgau Tourismus zusätzliche Informationen und Unterrichtsmaterial an.
Familien mit kleinen Kindern, oder Kinderwagen können dem Wanderweg über Adelmoos in Richtung Mannenbach-Salenstein folgen und so etwa ein Drittel der Strecke abzukürzen. Der weitere Weg in Richtung Ermatingen ist nicht durchgängig kinderwagengeeignet. Von Mannenbach-Salenstein aus kommt man bequem mit der halbstündlich fahrenden Seelinie der Thurbo-Bahn wieder nach Steckborn oder in Richtung Romanshorn zurück.
Wer es bis zum Endpunkt des Fabelweges, den grünen Seerücken hinab in das malerische auf einer Landzunge gelegene und von Weinreben eingebettete Fischerdorf Ermatingen mit seinen stattlichen Fachwerkbauten geschafft hat, mag es kaum glauben: hier ist das„langweiligste Feriendorf der Schweiz“ . So zumindest lautet der findige Werbeslogan der Ermatinger. Nur gut, dass auch im langweiligsten Feriendorf der Schweiz der Thurbo hält und grosse und kleine Wandersleute nach einem hoffentlich vergnüglichen und fabelhaften Tag in Richtung Steckborn oder Romanshorn bringt.
Also los, worauf wartet Ihr noch? Rein in die Wanderschuhe und schon könnt ihr Euch in ein neues Abenteuer stürzen, sofern die Sonne ein Einsehen hat.
In diesem Sinne – mit sonnigen Grüssen,
Tipps:
- Weg: 11 Kilometer Steckborn-Ermatingen in etwa 3 Stunden zu bewältigen. Einfache Wanderung. Nicht durchgängig Kinderwagentauglich!
- Übernachtung: Es gibt zahlreiche, auch ausgefallene Übernachtungsmöglichkeiten in der Region, die ich allerdings selber noch nicht ausprobiert habe, wie z.B. das Übernachten im Stroh- und Heuhotel in Eschenz oder gar im Zirkuswagen oberhalb Tägerwilen
- Weitere Infos zum Themenweg und zu den Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten unter www.thurgau-tourismus.ch/fabelweg
Wenn die roten Apfelbäckchen in den Obstplantagen in der Sonne leuchten ist der Thurgau ganz besonders schön!