Aus der Ferne klingt ein eigenartiges heiseres, aber gleichzeitig dröhnendes Brüllen. Ich schrecke aus dem Schlaf hoch. Draussen ist es noch stockdunkel. Es ist halb fünf, verrät mir der Blick auf die Uhr. Die Kinder und Mr. Patotra schlafen noch ruhig in ihren Betten. Wir befinden uns in einer Hütte im Dschungel des Tortuguero Nationalparks, an der Karibikküste Costa Ricas.
Dort wo normalerweise Fenster wären, trennt uns nur ein dünnes Fliegengitter vom tiefen Urwald und genau von dort draussen kommt dieses eigenartige Geräusch.
Das Bellen kommt immer näher und jetzt auch von mehreren Seiten gleichzeitig. Irgendwie unheimlich. Was ist das, um Himmels Willen? Es klingt, als würden uns Aliens umzingeln. Jetzt sitze ich aufrecht im Bett und ich höre gebannt auf das näher kommende Brüllen.
„Habt ihr das gehört?“, frage ich etwas ängstlich in das Dunkel der Nacht.
„Das sind nur die Brüllaffen“, kommt es von rechts neben mir etwas verschlafen.
„Logisch, Brüllaffen, dass ich da nicht selbst drauf gekommen bin!¨ Mir fällt ein Stein vom Herzen. Also doch keine Invasion der Aliens!
Jetzt brüllt es überall um uns herum und es rumpelt auf dem Hüttendach. Sie sind überall!! Mr. Patotra schlüpft rasch in seine Hose, schnappt die Kamera und stürzt aus der Hütte. Die Kinder sitzen mittlerweile auch wachgebrüllt in ihren Betten und lauschen fasziniert dem fremdartigen Geräusch. Der Tag erwacht und mit ihm das aufregende Leben ganz tief im Dschungel.
Nach einer morgendlichen Tour durch die hübsche Anlage der Evergreen Lodge, direkt am Flussufer, ziehen die Affen brüllend weiter. Immer leiser wird ihr Ruf, bis er schliesslich ganz im Urwald verschwindet. Zwitschernde Vögel lösen ihr Konzert ab.
Zwei Tage und zwei Nächte verbringen wir im Tortuguero Nationalpark. Es ist die erste Etappe unserer 14-tägigen Rundreise durch Costa Rica.
Wir hoffen, viele Tiere zu Gesicht zu bekommen und der morgendliche Start ist schon mal sehr vielversprechend. Auch in der Hotelanlage gibt es einiges an Gekreuche und Gefleuche zu entdecken.
Noch ein wenig den Jetlag in den Knochen freuen wir uns jetzt auf das Frühstück und auf die geplante Dschungeltour.
Endlich wird im Haupthaus ein leckeres Frühstück mit vielen frischen Früchten serviert. Wer jedoch gemütlich am Tisch sitzen möchte, ist hier am falschen Platz. Immer wieder kommt ein Gast mit neuen Entdeckungen in den Saal gestürzt. „Da draussen sind ganz viele Kapuzineräffchen!“, „Vorne am Eingang ist eine Schlange!“, „Ein Ameisenbär!“.
Da hält es auch uns nicht lange auf den Stühlen. Schnell noch ein Stück Ananas in den Mund geschoben und die Banane geschnappt und schon stürzen wir nach draussen.
Flink hangeln sich die Äffchen von Ast zu Ast, hüpfen auf das Restaurantdach und betrachten neugierig das Grüppchen von Menschen, die mit gereckten Hälsen nach oben schauen. Was für ein Affentheater!
Wer beobachtet hier wohl wen?
Die kleine grüne Schlange sei nicht sehr giftig, beruhigt uns unser Guide, Leo, während er sie hinter dem Kopf greift und aus dem Busch zieht.
Eigentlich habe ich Angst vor Schlangen, aber die sieht tatsächlich harmlos und fast schon niedlich aus. So langsam gewöhne ich mich an den Gedanken, dass es hier um mich herum kreucht und fleucht. Eine gewisse Vorsicht ist aber durchaus angebracht. So prangt denn auch ein ziemlich eindeutiges Warnschild beim Bootsanleger, von wo aus wir auf unsere Bootstour durch die Kanäle des Nationalparks starten:
Nicht im Traum wäre ich auf die Idee gekommen hier zu schwimmen….
Im Boot fühle ich mich sicher. Von dort aus lässt es sich wunderbar auf Entdeckungstour gehen. Wir sehen hübsch aufgereihte Fledermäuse an einem Bootshaus, Tukane, in den Bäumen schlafende Schlangen, Baselisken, weitere aufgeregte Affenbanden und einen gut getarnten, träge im Wasser liegenden Kaiman. Wer findet ihn?
Unsere Ausbeute ist riesig und wir freuen uns mit jedem entdeckten Tier wie kleine Kinder, die in einem Wimmelbuch wieder etwas Neues entdecken. Ja, Costa Rica ist ein einziges, grosses Wimmelbuch!
Während wir glücklich mit reicher, auf die Speicherkarte der Kamera gebannter Beute in Richtung Lodge schippern, fliegt ein Schwarm grüne Aras über uns hinweg. Kneif mich doch mal einer! Ich glaube, ich habe mich in der Traumwelt eines Buches verloren. Aber nein, das Krächzen ist ganz real!
Schnell kommt der Abend hier in Mittelamerika und die Zikaden kündigen mit ihrem schrillen und scheppernden Zirpen die Nacht an. Das erste Mal, als ich das vor vielen Jahren in Thailand gehört habe, dachte ich tatsächlich, dass irgendwo eine Auto-Alarmanlage losgegangen sei. Mittlerweile mag ich den lärmigen Nachtruf. Er gehört zum Dschungel genauso dazu, wie die nicht ganz ungefährlichen Bullet-Ameisen, giftige Schlangen und Spinnen und das auf einem Baum schlafende Stachelschwein, die wir allesamt am nächsten Morgen auf unserem Dschungelspaziergang entdecken.
Leider ist ist es im Juni noch zu früh für die Eiablage der Meeresschildkröten am Strand beim Dorf Tortuguero. Schade! Besonders die grüne Meeresschildkröte hätten wir doch zu gerne gesehen.
Am Rand des Weges, der durch das kleine, bunte Dorf Tortuguero führt, sitzt Maurizio und schnitzt mit einem einfachen Sägeblatt aus Nussschalen kleine Schildkröten. Wir bleiben stehen und sehen ihm bei der Arbeit zu und unterhalten uns mit ihm, während er flink in wenigen Minuten aus dem Stück Nusschale eine Schildkröte zaubert. Drei davon kaufen wir ihm ab. Für jedes Kind eine, als Glücksbringer. So kommen wir doch noch zu unseren Schildkröten!
Viel zu schnell sind die zwei Tage im Tortugeuro Nationalpark vorbei. Weil wir noch am Anfang unserer Reise stehen, befürchten wir ein wenig, dass hier das Highlight von Costa Rica schon vorweggenommen wurde.
Dass unsere Reise genauso bunt und aufregend weitergehen würde, konnten wir noch nicht ahnen.
Bleibt neugierig auf diese Welt!
Mit sonnigen Grüssen,
Weitere Informationen zum Tortuguero Nationalpark
Der Tortuguero Nationalpark ist etwa 19’000 ha gross. Ein Kanal- und Flusssystem durchzieht den Park. Er ist nur per Boot oder per Flugzeug zu erreichen. Seinen Namen verdankt er den Schildkröten (Tortuga) die hier am Strand des Nationalparks ihre Eier ablegen.
Dank der hohen Temperaturen von durchschnittlich 26°C und der hohen Niederschlagsmengen, findet sich im Tortuguero Nationalpark eine überwältigende Artenvielfalt!
Der Eintritt in den Nationalpark kostet 10 US$ pro Tag (Stand Juni 2017)
Der Aufenthalt im Tortuguero Nationalpark war Teil unserer Rundreise mit Erlebe Familienreisen.
Der Transfer von San José in den Tortuguero Nationalpark war ein Bestandteil unseres gebuchten Rundreise-Arrangements. Mit einem Zwischenhalt bei Guápiles, wurden wir mit dem Bus zum Bootsanleger nach La Pavona gebracht (Fahrzeit ca. 1 ½ Stunden). Von dort ging es mit dem Boot weiter. Die Evergreen Lodge war in weiteren 1 ½ Stunden erreicht.
Die Evergreen Lodge ist eine kleine Anlage inmitten des Dschungels, direkt am Flussufer gelegen. Die einzelnen Häuschen sind einfach aber sehr gut gepflegt und der hübsche Pool ist herrlich erfrischend. Das Essen (Buffet) war sehr gut. Neben Kanus, die man sich vor Ort ausleihen kann, werden vom Resort weitere Aktivitäten, wie Wandern im Dschungel und Bootstouren angeboten. Bei uns waren diese bereits im Programm enthalten.
Offenlegung: Unsere Reise nach Costa Rica wurde vom Reiseanbieter Erlebe Fernreisen unterstützt.
4 Antworten
Danke für den Bericht;
ich starte nächste Woche meine CR-Rundreise mit den kids und Tortuguero steht auch auf dem Plan. Wir haben CR eben gerade wegen der Tiere ausgesucht, explizit auch den Reptilien.
Ich frage mich beim lesen schon, wieso Ihr das als Reiseziel gewählt habe, wenn Ihr so von zivilisationsbedingter Angst (Autohupe, Alien, alles unbekannte „giftig“, „gefährlich“) getrieben seit?
Liest sich etwas nach Konfrontationstherapie 🙂 Danke für die schönen Bilder!
Na dann viel Spass in Costa Rica, Dr. Superman 😉
Hallo,
warum wurde der Tortugero an den Anfang der Reise gestellt? ich habe gelesen, das es in der Regenzeit besser ist, die Karibikküste möglichst in Richtung Ende Juli, August zu besuchen, da es davor zu viele Regenfälle gibt. Aber vielleicht liege ich da falsch… vielen Dank für die Antwort.