Unterwegs im Thurgau – blühende Landschaften und coole Museen

Frühling am Untersee mit blühenden Apfelbäumen
Der Kanton Thurgau lockt nicht nur mit Blütenträumen und umwerfender Natur, er hat auch in Sachen Museumslandschaft einiges zu bieten. Das Saurer Museum in Arbon und das Typorama in Bischofszell.
Inhalt

Ich lebe in einem der meist unterschätzten Kantone der Schweiz. Wer von Zürich her kommt merkt gleich: Im Thurgau hat es viel Platz und viel Luft – und ausserdem natürlich den zauberhaften Bodensee. Aber ausser blühenden Landschaften, die im Frühling zur Bluescht (Obstblüte) zu einem wahren Feuerwerk an Farben und zarten Blütenträumen auffahren und den im Herbst daraus resultierenden saftigen Äpfeln, hat der Thurgau noch einiges mehr zu bieten:

Im Zeitalter der Industrialisierung befand sich der Thurgau auch in Sachen Innovation und Erfindergeist in einer wahren Blütephase.

Das Saurer Museum in Arbon

Davon berichtet das beeindruckende Saurer Museum in Arbon.

Direkt am See in einer grossen Halle kann der Besucher um die 20 historische Fahrzeuge aus der schweizer Traditions-Fahrzeugschmiede Saurer und einige Stick- und Webmaschinen bewundern, die die Blütenträume des Thurgaus in textiler Form ganz meisterlich aufgreifen. Die Exponate wurden dem Verein allesamt geschenkt.

Ermöglicht wird dieses spannende Museum dank der rund 600 Mitglieder des Oldtimer Club Saurer.

Etwa 11 freiwillige Helfer kümmern sich um Unterhalt und Wartung der motorisierten Schätze, die so manches Herz höher schlagen lassen. Das Saurer Museum ist übrigens das grösste Museum in der Schweiz, das ausschliesslich von freiwilligen betrieben wird und es konnte wegen der bemerkenswerten Arbeit bereits einige hoch dotierte, internationale Preise einheimsen. So zum Beispiel den Siletto Preis 2014, eine vielbeachtete europäische Auszeichnung.


Zarte Muster und starke Motoren erzählen von der bedeutenden Thurgauer Industriegeschichte, die ihren Triumphzug von Arbon am Bodensee in die ganze Welt startete. Und aus der Ferne haben einige Exponate ihren Weg wieder zurück in die heimischen Hallen gefunden. Wie der Lastwagen Caminhão, Baujahr 1911, der in Brasilien auf Zuckerrohrplantagen zum Einsatz kam und vor einigen Jahren, Dank seines Saurer Logos, im brasilianischen Dschungel wieder entdeckt wurde. Ein robustes Fahrzeug mit einem Aufbau aus massivem Tropenholz.

Saurer Caminhão von 1911
Saurer M8 8×8, 1943 & Saurer Caminhão, 1911

Einen spannenden Gegenpol dazu bilden die zarten Spitzen, die von den Stickmaschinen unter lautem Klappern gezaubert wurden und so manche Dame schmückten. Man sagt, dass Michele Obama zur Vereidigung ihres Mannes zum Präsidenten der USA ein Spitzenkleid aus St. Galler Spitze trug, die auf einer Saurer Maschine produziert wurde.

Spitzen Thurgau
Spitzen aus dem Thurgau


Den Eintritts-Chip für das kurzweilige Museum bezieht man ganz unkompliziert im benachbarten Hotel Wunderbar. Damit kann man dann ganz alleine durch die Halle schlendern und über die technischen Erfindungen der Familie Saurer staunen.

Wer etwas tiefer in die Materie eindringen möchte, dem sei eine Führung wärmstens ans Herz gelegt. Dann kann man miterleben, wie die Stickmaschinen laut rattern und klappern und dabei meterweise ganz zarte Blütenträume fabriziert. Bis 1987 hat die Firma Adolph Saurer AG ausserdem Webmaschinen produziert, die in alle Welt verkauft wurden. Einige davon, u.a. in einem Werk in den USA produzieren heute noch einwandfrei. Schweizer Qualitätsarbeit vom Feinsten!

Stick Maschine

Natürlich kommen auch die Freunde der vierrädrigen motorisierten Vehikel voll auf ihre Kosten. Wer kennt sie nicht, die gelben Postautos von Saurer, die noch heute gerne für eine Ausfahrt bei Hochzeitsfeiern genutzt werden. Bis auf 5 Autos sind alle Fahrzeuge, LKWs und Busse, Militärfahrzeuge und Feuerwehrautos, voll funktionstüchtig. Dafür sorgen die freiwilligen Helfer mit ihrem tatkräftigen Einsatz in unbezahlter Arbeit.

Saurer Museum

Nicht nur die Arbeit der Freiwilligen beeindruckt. Auch die Dynastie Saurer selbst fasziniert.

Franz Saurer baute die Firma 1863 in Arbon auf. Sein Sohn Adolph übernahm die Firma. „Papa Saurer“, wie er von der Bevölkerung auch gerne genannt wurde, war ein Patron, wie er im Buche steht. Schaffig, aber auch gerne im Ausgang und einem oder mehreren Bierchen nicht abgeneigt.

Er führte 1870 eine betriebseigene Krankenkasse ein, und darauf folgend eine Personalhilfskasse und eine Pensionskasse. Auch sonst war er sehr sozial eingestellt und generös. Das schlug sich nicht nur in seiner alljährlichen Spende von CHF 10`000 an die Kirche nieder, sondern auch am Arboner Jahrmarkt. Die Manteltasche hatte dann, der der Erzählung nach, mit klimpernden 10 Räpplern gefüllt. Sobald ihm die Kinder „Papa Saurer“ zuriefen holte er diese aus der Tasche und warf eine Handvoll über den Kindern in die Luft.

Mein Fazit: Fans von knatternden Motoren und historischen Maschinen kommen im Saurer Museum in Arbon voll und ganz auf ihre Kosten. Ein spannender Einblick in ein Stück Industriegeschichte am Bodensee für Gross und Klein.

Das Typorama in Bischofszell

Bischofszell ist ungleich dem Rest des Thurgaus weniger für seine Obstblütenpracht im Frühling bekannt, als für seine alljährliche Rosenwoche im Sommer. Das ganze Städtchen erstrahlt dann in einer floralen Pracht, die ihresgleichen sucht.


Florale Motive findet man im Museum Typorama in Bischofzell zwar auch, aber eher weniger. Wohl  aber die Zutaten, die Ihre Pracht in geschriebener Form zu den Menschen brachte.Etwa 3000 verschieden Schriftsätze sind in der Lagerhalle der ehemaligen Papierfabrik zu finden.

Mit einer Linotype Ideal, Jahrgang 1979 fing alles an. Sie bildete den Grundstein einer beachtlichen Sammlung, die der passionierte Leiter und Gründer des Typorama zusammengebracht hat. Das Typorama ist kein Museum in eigentlichen Sinne, denn hier wird noch richtig gearbeitet bzw. gedruckt. Ganz wie früher.

Die unterschiedlichen Maschinen geben einen anschaulichen Einblick in das Handwerk und die Geschichte des Buchdrucks.

Typorama Bischofzell

Von den Anfängen des Bleidrucks, die noch etwas an das Prinzip der Kartoffeldrucks erinnern, bis zu komplexen und durchdachten Setzmaschinen, die ab etwa 1880 den hohen Aufwand des Buchdrucks deutlich vereinfachten. Bis dahin war alles echte Handarbeit. Vom Giessen der Bleilettern bis hin zum Setzen der Wörter und Texte.

Drucken wie früher
Percy Penzel führt fachkundig durch das Typorama
gegossene Bleiletter
Bleiletter
Buschstaben
Der Setzkasten mit den Buchstaben
Druck

Eine äusserst aufwendige und zeitraubende Arbeit. Genau diese Abläufe, vom Anfang des Buchdrucks, bis zu den ersten Computer gesteuerten Maschinen kann man im Typorama hautnah erleben.


Auch im Typorama rattern die Maschinen und faszinieren durch ihre durchdachten Abläufe. Wie z.B. die Linotype, die den Setzerberuf revolutionierte und die von Edison als das achte Weltwunder bezeichnet wurde. Diese Maschie konnte gleich mehrere Arbeiter ersetzen.

Auch wenn wir heute, Dank der Computertechnologie noch ganz andere Möglichkeit haben, begeistert das ausgeklügelte System der Setzmaschinen auch heute noch. Zudem bietet das Typorama einen Einblick in längst vergangene Berufe und bewahrt das alte Wissen für zukünfige Generationen.

Mein Fazit: Ein spannender Einblick in die Geschichte des Buchdrucks, der nicht nur die Herzen von Bücherwürmern höher schlagen lässt.

Der Thurgau kann eben nicht nur ganz viel Natur, wunderschöne Blütenträume im Frühling und die besten und saftigsten Äpfel im Herbst. Nein! Er kann auch bei schlechtem Wetter mit spannenden und einzigartigen Museen informieren und unterhalten. Ein Karton für jede Lebens- und Wetterlage und für die ganze Familie.

In diesem Sinne freue ich mich, Euch bald in „meinem Thurgau“ zu sehen.

Mit sonnigen Grüssen,

Weitere Infos zum Saurer MuseumWeitere Infos zum Typorama
  • Öffnungszeiten:
    täglich von 10 bis 18 Uhr
  • Homepage
  • Seit 2017 existiert mit dem Depot eine Aussenstelle des Museums, in der weitere Exponate gelagert sind und die ebenfalls für die Öffentlichkeit zugänglich sind.
  • Öffnungszeiten:
    Jeden ersten Sonntag im Monat findet um 15 Uhr eine öffentliche Führung statt.
    Am Mittwoch ist das Museum von 14 bis 16:30 geöffnet.
  • Interessierte Kinder und Jugendliche können unter fachlicher Anleitung setzen und drucken.
  • Auch für Betriebs- Firmen- und Familienanlässe buchbar.
  • Homepage

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