Schaffhausen zählt für mich zweifelsohne zu den charmantesten Städten der Schweiz. Die meisten Besucher lassen das gemütliche Städtchen allerdings auf Ihrem Weg zum Rheinfall links liegen. Dabei liegt der Rheinfall gar nicht in Schaffhausen, sondern in der Nachbargemeinde Neuhausen. Ein Fehler, Schaffhausen einfach auszusparen! Auch wenn Schaffhausen mit seinen Sehenswürdigkeiten zum Teil etwas stiefmütterlich umgeht, lässt sich in der Stadt doch das eine oder andere unerwartete Schätzchen entdecken.
Wusstet Ihr, dass Schillers Glocke in Schaffhausen steht? Und dass Goethe vom Rheinfall derart fasziniert war, dass dieser in seinem Werk Faust II „schillernd“ beschrieben wurde?
Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,
Ihn schau’ ich an mit wachsendem Entzücken
.
Und weiter heisst es:
Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend,
Dann abertausend Strömen sich ergiessend,
Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.
Aber auch ohne die alten Dichter zu bemühen findet man in Schaffhausen durchaus Orte, denen eine gewisse Poesie innewohnt. Kommt mit auf Entdeckungsreise durch die Erkerstadt Schaffhausen! Ich zeige Euch die schönsten Ecken, das bunte Marktleben, teure Präzisionsarbeiten und vieles mehr….
Ein perfekter Tag in Schaffhausen:
Es Kafi und es Gipfeli
Meinen Tag in Schaffhausen starte ich gemeinsam mit Mr. Patotra bei einem Kafi und einem Gipfeli im gemütlichen Café Müller Beck in der Vorstadt. Bei schönem Wetter sitzt man draussen vor dem Café mit Blick auf die wunderschönen Häuserfronten, teils aufwendig bemalt, teils mit verzierten Erkern bestückt. In blumengeschmückten Brunnen plätschert das Wasser. Schaffhausen erscheint mir immer ein wenig so, als habe es sich das Sonntagskleid angezogen und sich adrett herausgeputzt.
So langsam erwacht der Tag und mit ihm machen sich die Schaffhauser auf den Weg ihre Besorgungen zu machen. Zeit für einen Schwatz findet sich dabei immer. Schaffhausen ist mit seinen rund 36’000 Einwohner keine grosse Stadt. Sie hat sich ihren kleinstädtischen Charme bewahrt. Man kennt sich, wenn man sich auf der Strasse begegnet. Schaffhausen ist nicht anonym, sondern zugänglich. Da fühlt man sich auch als Gast gleich wohl.
Einmal über den Markt schlendern
Gestärkt setzen wir unseren Rundgang durch Schaffhausen fort. Nicht mal die Häuser sind in Schaffhausen anonym! Die meisten tragen einen Namen. Vorbei am Haus zum Riesen, dem Haus zum Ritter und wie sie nicht alle heissen, geht es über den Fronwagplatz zur Vordergasse. Heute ist Samstag. Da findet in der Vordergasse der Wochenmarkt statt (immer dienstags und samstags am Vormittag).
Bunte Blumen, frisches Gemüse und Früchte, Käse, Fisch und feine, duftende Brote wandern über die Theken und verschwinden begleitet von einem zufriedenen Lächeln in den Einkaufstaschen der Kunden. Ich liebe es über Märkte zu schlendern. Man erfährt dabei so viel über einen Ort und seine Menschen.
Auf der Suche nach Schillers Glocke
Durch die Münstergasse, vorbei am reich verzierten Haus zum Ritter machen wir einen kleinen Abstecher zum Kloster zu Allerheiligen.
Durch den Kreuzgang hindurch gelangen wir in einen kleinen Klostergarten mit allerlei blühenden Heilkräutern, an denen sich offensichtlich auch die Bienen erfreuen.
Das war allerdings nicht das, wonach wir gesucht haben. Das Ziel der Begierde entdecke ich nach etwas Suchen in einer versteckten Ecke. Da steht sie, die 4,5 Tonnen schwere Schillerglocke, die 1486 gegossen wurde. Ihre Inschrift nahm Schiller in seinem berühmten Lied von der Glocke auf.
“ Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango” Zu Deutsch: „Die Lebenden rufe ich, die Toten beklage ich, die Blitze breche ich.“
Nur eine kleine Tafel erinnert daran. Wir wundern uns doch ein wenig, dass dieser ganz besondere Schatz so stiefmütterlich behandelt wird.
Wer mit mehr Zeit kommt, dem empfehle ich einen Blick ins Museum zu Allerheiligen mit Ausstellungen zur Archäologie, Kulturgeschichte, Naturgeschichte und Kunst.
Weitere Infos dazu: Museum zu Allerheiligen
Uns drängt die Zeit ein wenig, da wir noch eine besondere Verabredung haben.
Süsse Schaffhauser Zungen
Auf dem Weg in die Unterstadt schnappen wir uns ein paar Schaffhauserzungen im Café Reber, die Spezialität von Schaffhausen.
Das feine Haselnuss-Mandelgebäck mit Buttercremefüllung ist seit 1886 die süsse Offenbarung der Schaffhauser. Wir haben etwas Pech. Vermutlich den sommerlichen Temperaturen geschuldet ist das sonst so knusprige Gebäck etwas lätschig. Dem Geschmack tut das zum Glück keinen Abbruch.
Schaffhauser Zungen sind ein perfektes Mitbringsel für die süssen Mäuler zu Hause.
Wir schlendern weiter in Richtung Unterstadt.
Auf dem Munot – hoch über den Dächern von Schaffhausen
Aus der Unterstadt führt der Munotstieg durch die mittelalterlichen Häuser und schliesslich über eine Treppe durch die Weinreben hinauf zum Munot.
Wie wir ja nun wissen, ist der Rheinfall nicht das Wahrzeichen der Stadt. Das ist nämlich die 400-jährige Zirkularfestung Munot. Den Munot spricht man übrigens nicht französisch aus, sondern ganz einfach so wie er geschrieben wird.
Vom Munot aus breitet sich ein wunderschöner Ausblick über die Stadt Schaffhausen, das Umland und den Rhein, der hier ruhig in einem satten blau-grün durch die Stadt fliesst. Für die Besichtigung des Munot empfehle ich eine Führung mit der Munotwächterin zu buchen. Das lohnt sich sehr.
Weiter Infos dazu: Auf einen Rundgang mit der Munotwächterin
Über den nur im Rahmen eine Munotführung zugänglichen Wehrgang steigen wir ab in Richtung Rhein, durch lauschige, blühende Gärtchen, die sich an die mittelalterlichen Mauern schmiegen.
Für ein paar Fotos geht es über die Rheinbrücke – mal kurz hinüber in den Kanton Zürich. Die Kantonsgrenze verläuft hier direkt im Rhein. Vom Kanton Zürich aus hat man den besten Blick zum Munot. Nach ein paar Aufnahmen huschen wir aber wieder zurück nach Schaffhausen.
Die Rhybadi – das älteste Kastenbad der Schweiz
Die Rhybadi hat unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das 140 Jahre alte Holzkastenbad ist das älteste Kastenbad der Schweiz. Wie ein vertäutes Schiff liegt es am Ufer des Rheins und doch mitten drin. Zu dumm, dass wir Bikini und Badehose nicht dabei haben. Eine Erfrischung im Rhein wäre jetzt genau das Richtige!
Wer möchte, der kann im Rhybad übrigens auch ohne zu baden einen Apéro oder einen Snack geniessen.
Statt schwimmen im Rhein haben wir uns aber doch noch einen Abstecher an den Rheinfall vorgenommen.
Von der Haltestelle am Münster wollen wir mit dem kleinen Touristenzüglein, Rhyfallexpress, zum Rheinfall gelangen. So war es zumindest unser Plan. Leider lässt uns der Fahrer einfach wortlos an der Haltestelle stehen und fährt ohne anzuhalten einfach vorbei. Vermutlich, weil das Zügle gut besetzt ist. Eine Station früher, an der Schifflände, einzusteigen wäre vermutlich eher von Erfolg gekrönt gewesen. Hinterher ist man immer schlauer. Dann halt nicht! Schade nur, um die im Voraus gebuchte – und bezahlte! – Felsenfahrt.
Zum Glück befindet sich das IWC Museum gleich ums Eck und so disponieren wir kurzerhand um und steuern das International Watch Museum an.
Luxus-Uhren und Zeitgeschichte im IWC Museum
1868 gründete der Amerikaner Florentine Ariosto Jones die International Watch Company. Die einzige Uhrenmanufaktur im Nordosten der Schweiz.
Zahlreiche wertvolle Exponate zeigen die Geschichte und die Entwicklung der Manufaktur und ihrer Luxus-Uhren und nehmen den Besucher mit auf eine spannende Zeitreise.
Einen Gang in den angrenzenden Shop verkneifen wir. Wir haben das passende Bankkärtli heute ausnahmsweise leider nicht dabei.
Weitere Infos: IWC Museum
Nach dem Rundgang ist es noch früh am Nachmittag.
Weil es halt in Schaffhausen doch irgendwie dazu gehört und weil ich Goethes Faszination vom Rheinfall auch nach gefühlten 100 Besuchen noch immer gut nachvollziehen kann, entschliessen wir uns nun doch noch zum Rheinfall zu fahren. Diesmal mit dem Auto. So sind wir etwas flexibler. Grundsätzlich würde ich das aber nicht empfehlen. Die Parkplätze sind oft recht voll.
Berauschend – der Rheinfall
Ein Besuch beim Rheinfall ist immer wieder ein Erlebnis. Ganz besonders, wenn er der Rhein viel Wasser führt. Da das nicht nur mir so geht, ist der Rheinfall am Wochenende natürlich auch voll mit Menschen – auch in Zeiten von Corona. Ein Besuch an einem Wochentag wäre ganz bestimmt entspannter. Der Rheinfall ist trotzdem toll – berauschend, wie immer halt!
Mehr Infos zum Rheinfall, zu den Felsenfahrten und Angeboten rundrum gibt es hier: Ausflugstipp Rheinfall – der grösste Wasserfall Europas
Zum Ausgang in der Unterstadt
Entspannt beginnt dafür der Abend zurück in Schaffhausen, bei einem Apéro in der Bar No.13 in der Unterstadt. Die Unterstadt ist die Ausgehmeile von Schaffhausen. Wir sind froh, dass wir recht früh dran sind und verziehen uns nach einem gepflegten Cüpli (dt. ein Glas Prosecco oder Champagner) in Richtung Schifflände.
Im Restaurant Güterhof lassen wir den Tag dann bei sehr vorzüglichen Speisen und einer ausgesprochen freundlichen und aufmerksamen Bedienung (Danke Johan!) ausklingen.
Die Sonne sinkt tiefer und schickt ihre letzten goldenen Strahlen. Die letzten Schiffe der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein legen an. Die Menschen flanieren am Rhein entlang. Es fühlt sich an wie richtige Ferien! Schaffhausen, man muss dich einfach gerne haben!
Pünktlich um 21:00 Uhr läutet dann auch das Munotglöckli und mahnt die Bürger von Schaffhausen bald nach Hause zurück zu kehren. Auch wenn es für uns um diese Zeit noch zu früh erscheint, werden auch wir nach einem herrlichen und erlebnisreichen Tag bald müde und zufrieden in unsere Betten sinken.
Mein Tipp für Schaffhausen: Ein Citytrip nach Schaffhausen lohnt sich unbedingt! Die Stadt hat so viel mehr zu bieten, als nur den Rheinfall. Kommt unbedingt mit Zeit und lasst Euch vom gemütlichen Flair der Stadt mitreissen!
In diesem Sinnen wünsche ich Euch traumhafte Entdeckungen.
Mit sonnigen Grüssen
Hallo! Ich bin Ellen. Ich bin die Gründerin von PATOTRA, Content-Creator und freie Journalistin. Ich liebe das Meer und kleine Inseln. Aber auch die Berge, die Wüste, der Dschungel und Grossstädte können mich begeistern. Begegnungen mit Menschen sind für mich der Schlüssel zu anderen Ländern und deren Kultur. Nachhaltige Projekte liegen mir dabei ganz besonders am Herzen. Meine grossen Leidenschaften sind: das Reisen, das Schreiben und das Fotografieren.
Im Jahr 2014 entstand PATOTRA als reiner Familienreiseblog. Gemeinsam mit meinen drei Kindern und meinem Mann durfte ich viele tolle Nah- und Fernreisen erleben, die sich hier auf dem Blog in Form von Reiseinspirationen und Reisetipps wiederfinden. Aus den Reisen mit Kindern wurden im Laufe der Jahre Reisen mit Teenagern. Schliesslich ist der Blog, gemeinsam mit meinen Kindern, den Kinderschuhen entwachsen. Mittlerweile reise ich meist gemeinsam mit meinem Mann – oder auch mal alleine.
Mit viel Herz und ansprechenden Reisefotografien möchte ich Euch ermutigen, diese Welt selbst und mit offenen Augen zu entdecken. Mein Fokus liegt auf spannenden Geschichten, traumhaften Landschaften und Begegnungen mit Menschen. Manchmal bringe ich Euch den Geschmack der grossen, weiten Welt auch in Form von Rezepten von meinen Reisen mit.
Offenlegung: Die Recherche zu diesem Artikel wurde von Schaffhauserland Tourismus unterstützt. Meine Meinung bleibt davon unberührt.
4 Antworten
Sehr schön geschrieben mit tollen Fotos.
Herzlichen Dank! Das Kompliment freut mich sehr!
Vor ein paar Jahren – lange vor meiner Bloggerzeit – war ich zufällig in Schaffhausen, weil dort eine Band spielte, die ich unbedingt sehen wollte. Ich hatte keinerlei Vorstellungen von der Stadt, entschloss mich aber trotzdem, ein paar Stunden früher anzureisen, um noch ein bisschen die Gegend zu erkunden. Das war ein Glücksfall. Ich fand das Städtchen total hübsch und verstehe eigentlich nicht, wieso wir hier in der Nordwestschweiz so wenig von der Stadt wissen – und verstehe auch nicht, wieso ausgerechnet Schaffhausen im Schweizer Monopoly die billigste Strasse hat.
Lieber Oli
Ja, ich finde es auch verwunderlich, dass Schaffhausen so eine Art Schattendasein führt und auf der touristischen Karte meist nur als der „Ort mit dem Rheinfall“ auftaucht. Die Monopoly Geschichte kannte ich gar nicht. Sehr witzig!