«Langweilst du dich nicht?» – Eine Donaukreuzfahrt mit Kind 

Eine Flusskreuzfahrt mit Nicko Cruises auf der Donau mit Kind. Ein Erfahrungsbericht.
Inhalt

Die Donau ist für mich einer der schönsten Flüsse. Vielleicht liegt es an Johann Strauss’ populärem «Donauwalzer» – im Gegensatz zur «Moldau» ein Stück, das in mir als Kind immer gute Laune geweckt hat. Einmal eine Donaukreuzfahrt zu machen, war deshalb ein langgehegter Traum, zumal ich, obwohl ich so gern und viel reise, noch nie in Wien und Budapest war. Doch sollte man sein Kind mitnehmen auf diese «Alte-Leute-Reise»? Unbedingt.

«Spektakuläre Metropolen» heisst die Tour von Nicko Cruises, die an insgesamt fünf Stationen an der Donau Halt macht. Sie hat mit acht Tagen für mich die perfekte Länge, und sie beinhaltet gleich mehrere mir noch nicht vertraute oder sogar gänzlich fremde Orte. Start ist im bayerischen Passau, ebenfalls Neuland für mich. Leider dauert die Anreise mit dem Auto länger als erwartet, so dass keine Zeit bleibt, um die Drei-Flüsse-Stadt zu erkunden. Das Parkhaus habe ich für die ganze Woche vorab gebucht, der Transfer zum Schiff klappt reibungslos.

Passau

Ich reise diesmal nur mit einem Teil der Familie, weil der Rest arbeiten oder lernen muss. Glücklicherweise findet die Tour inmitten der Frühlingsferien statt – umso verwunderter bin ich, dass Tim das einzige Kind an Bord ist. Kreuzfahrten seien für alte Leute, sagt man – völlig zu Unrecht, finde ich. Denn welches Kind fährt nicht gerne Schiff? Tim findet auch die Schleusen faszinierend, den Minigolfplatz auf dem Dach toll und die Kabine mit Flusssicht «chillig». Ausserdem freut er sich auf das Riesenrad in Wien und die Fahrt mit dem Riverridebus in Budapest. Beide Ausflüge kann man neben vielen anderen vor Ort buchen.

Nach einer erholsamen Nacht – von den sechs Schleusen habe ich nicht das Geringste mitbekommen – legen wir am Morgen im niederösterreichischen Ybbs an. Direkt nach dem Frühstück zieht es uns an Land. Ybbs ist ein kleines Städtchen mit knapp 6000 Einwohnern, aber für ein paar Stunden bietet sie genug: Wir geniessen die Sonne an der Donau, «trainieren» im Playparc direkt am Donauufer und besichtigen das Fahrradmuseum. Hier, in den historischen Gewölben, können historische Zweiräder nicht nur bestaunt, sondern auch ausprobiert werden. Fasziniert ist Tim aber auch von den Hochwassermarken am Salzamt und an den vielen geschichtlichen Informationen, die man überall findet. Zum Beispiel war Ybbs einst Salzladestätte und verlangte von Reisenden eine Weinmaut. All das erfährt man auf einem kurzen historischen Spazierweg durch die Gassen.

Als wir zum Schiff zurückkehren, wird es gerade mit Lebensmitteln beladen. Über den Schiffssteg reicht die eingespielte Crew kistenweise Früchte, Gemüse und Getränke weiter – die Schiffsleute haben dabei beste Laune, und doch schäme ich mich ein wenig, welche Mengen an Nahrungsmitteln sie für uns heranschleppen müssen. Zum Glück handelt es sich, wie ich auf Nachfrage erfahre, um das Essen und Trinken für die ganze Woche.

Durch die Wachau nach Wien

Die Wachau ist bekannt für ihre eindrückliche Landschaft und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir passieren Brücken, fahren vorbei an Wäldern und an der Burg Dürnstein, die man aus den «Sissi»-Filmen kennt. Am Abend erreichen wir Wien. Leider sind wir wegen Staus auf der Donau verspätet, so dass der Besuch des Praters ins Wasser fällt. Also leider kein Riesenrad für Tim, dafür spannende Schleusen-Erlebnisse und ein fantastischer Sonnenuntergang.

Wien, Kaiserstadt. Stadt  der Musik, des Barock, der Kaffeehäuser. Unser erster Eindruck von Wien: eine Steinmauer direkt vor unserem Fenster. Das Schiff liegt quasi unterhalb der Stadt. Unheimlich. Aber als wir an Deck gehen, ist es bereits 16 Grad warm und die Sonne scheint vom Himmel. Vom Schiff aus sehen wir die wunderschöne Jubiläumskirche zu Ehren von Kaiser Franz Joseph, die, so erfahren wir später vom Tourguide, in Gedenken an die im gleichen Jahr ermordete Kaiserin Elisabeth oder eben «Sisi» («Sissi» hiess sie lediglich in den Romy-Schneider-Filmen) auch Gedächtniskirche heisst.

G’schissne und Krokodüs in Wien

Wir haben das «Ausflugspaket» gebucht, das insgesamt vier Stadtrundfahrten beinhaltet. Mit einem Reisebus fahren wir der Ringstrasse entlang um die Altstadt herum und sehen zahllose Gebäude von historischer Relevanz – etwa das Haus, wo Johann Strauss den Donauwalzer schrieb. Die Ringstrasse war früher eine Stadtmauer, die 1858 abgerissen wurde. In der Folge entstanden hier Dutzende repräsentative Gebäude. Heute sind in vielen der ehemaligen Adelspaläste schicke Hotels einquartiert. Eine Stadtführung ist für Tim etwas Neues, und ich bin skeptisch, wie lange er am Ball bleiben wird. Doch der Reiseleiter ist ein guter Erzähler. Wir erfahren, dass das weltbekannte Café Sacher täglich rund 1000 Torten herstellt, dass die Hofburg vier Mal so gross wie der Buckingham Palace ist und dass es in der Stadt 270 römisch-katholische Kirchen gibt. Und wir staunen darüber, dass der Wiener gern «a Eitrige mit an G’schissenen», «an Krokodü» und «an Scherzel» isst und dass er zum Kaffee schluckweise Wasser trinkt, damit das Erlebnis länger dauert und der Kaffeegeschmack intensiver ist. Der Stadtführer hat seine Hausaufgaben gemacht und kann auch Kinder für seine Stadt begeistern.

Vorbei am Burggarten, dem auf acht Kilometern mit zahlreichen Graffitis geschmückten Donaukanal und dem Riesenrad – immerhin – geht’s zurück zum Schiff. Was für eine eindrückliche und grüne Stadt! Gerade im Vergleich zum doch recht viel kleineren Zürich fallen die vielen Parks auf. Der Nachmittag ist zur freien Verfügung, wir überlegen kurz, auf eigene Faust nochmals durch Wien zu ziehen – mit der U-Bahn sind es nur vier Stationen von der Schiffanlegestelle, und Tim möchte eigentlich noch das Naturhistorische Museum und die Kapuzinergruft mit den Särgen der Habsburger Dynastie sehen, wo auch Sisi begraben liegt –, aber der Schlendrian in uns gewinnt. Und so verbringen wir den Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein auf Deck und spielen Kniffel und Scrabble. Ja, zum Glück hat es eine Reihe von Gesellschaftsspielen an Bord! Auch der kleine Pool wird von Tim eingeweiht.

Wer an Bord der Nicko Vision ist, geniesst Vollpension. Das grösste Schiff der Flotte verfügt über drei Restaurants, manche mit Buffet, andere à la carte. Man kann sich hinsetzen, wo man will – das ist nicht überall so: Auf vielen Schiffen gibt es feste Sitzplätze. Auch die Essenszeiten sind hier nicht fix. Die Mitarbeitenden sind alle sehr freundlich, das Essen ist ausgezeichnet und der Service ist schnell – trotz immerhin 185 Passagieren an Bord. An Vegetarier ist gedacht, und auch Kinder kommen auf ihre Kosten: Wer rechtzeitig fragt, bekommt sogar Leckereien ausserhalb der Karte. In unserem Fall ist das Pasta mit Parmesan, Tims Lieblingsessen. Und der Fruchtsalat schmeckt ihm so gut, dass er sich wortlos einen zweiten wünscht – der Kellner liest ihm seinen Wunsch von den Lippen ab.

Sightseeing in Buda, Shopping in Pest

Heute erreichen wir Budapest, Königin der Donau. Die Ankunft ist spektakulär, denn die Stadt der Brücken beeindruckt vor allem vom Wasser aus, wo sich ein Prachtbau an den anderen reiht: das Parlament, die Matthiaskirche, die Fischerbastei. Wir legen direkt vor der Stadt an. Das ist ein grosser Unterschied zu einer Hochseekreuzfahrt: Mit Ausnahme von Wien, wo der Kanal zu schmal zum Anlegen ist, erreicht man vom Schiff in wenigen Gehminuten die Innenstadt. Am Nachmittag nehmen wir an einer Stadtrundfahrt teil, die Tim leider nicht so anspricht wie die Wiener Tour – die Reiseleiterin spricht nur gebrochen Deutsch und ist im Gegensatz zu ihrem Wiener Pendant etwas zu seriös. Wer auf eigene Faust unterwegs ist, kann mit der Strassenbahn Nummer 2 der Donau entlang fahren und die Gebäude bestaunen.

Die Donau teilt die 2-Millionen-Stadt in zwei Hälften: das flache Pest mit 17 Bezirken und das hügelige Buda mit 6 Bezirken. Wir besichtigen die berühmte Markthalle, das sogenannte Walfischgebäude, die königliche Reithalle, die im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört und wie viele Gebäude hier rekonstruiert wurde, wir schlendern kurz durch die wichtigste Shopping-Meile der Stadt, die Váci utca, die parallel zur Donau verläuft, und ich gönne mir einen himmlischen Kaffee, der allerdings auch preistechnisch mit Zürich mithalten kann. Und dann beginnt es plötzlich wie aus Kübeln zu schütten. Ich rette meinen Coffee to go unter den Regenschirm, den ich wohlweislich eingepackt habe. Anschliessend geht es im Car weiter Richtung Heldenplatz, Opernhaus und Városliget, einen der grössten Parks im Osten der Stadt, wo sich auch der Zoo, die Kunsthalle und eines der grössten Heilbäder Europas befinden.

(Offenbar seltenes) Pech: Auch unser für den Abend gebuchter Ausflug mit dem Riverride-Bus, einem Amphibien-Fahrzeug, das an Land und im Wasser fährt, findet nicht statt, weil sich zu wenige Passagiere angemeldet haben – schade! Es muss toll sein, Budapest bei Nacht vom Wasser aus zu sehen. Aber schliesslich sind ja auch wir auf einem Schiff, und so gehen wir nach Einbruch der Dunkelheit kurzerhand an Deck und geniessen die Donaustadt bei Nacht.

Zweiter Tag in Budapest. Vorbei an einer Reihe von Restaurantschiffen laufen wir dem Donauufer entlang über die Kettenbrücke zur Standseilbahn, die uns zum Burgviertel bringt. Hoch über der Donau thront der Burgpalast – ein riesiger Palastkomplex auf dem Budaer Burgberg. Heute beherbergt er mehrere Museen. Die Gebäude sind eindrücklich und die Aussicht ist trotz trüben Wetters traumhaft. Kleiner Tipp: Wer sich das Geld für die Bahn sparen will, kann auch ganz einfach hochlaufen. Leider habe ich die Treppe erst von oben aus entdeckt. Auf dem Rückweg zum Schiff gönne ich mir noch einmal einen Kaffee – und siehe da: Er ist wieder fantastisch! Zufall – oder ist Budapest die heimliche Stadt des besten Kaffees?

Bratislava punktet mit seiner Altstadt

Es geht nun zurück auf der Donau. Am nächsten Morgen erreichen wir Bratislava, die Hauptstadt der Slowakei und die einzige Hauptstadt weltweit, die an der Grenze von drei Ländern liegt. Es regnet immer noch. Heute geht es zeitig von Bord, denn nach dem Mittag legen wir bereits wieder ab. Die nur eine halbe Million Einwohner zählende Metropole fällt nicht nur grössenmässig hinter Wien und Budapest zurück, sondern auch architekturtechnisch. Sozialistische Plattenbauten säumen das Flussufer, und das Parlamentsgebäude ist ein hässlicher Achtzigerjahre-Bau. Dass Bratislava während der Besetzung Budapests durch die Türken drei Jahrhunderte lang die Rolle der Haupt- und Krönungsstadt des ungarischen Reiches innehatte, ist dem ehemaligen Pressburg trotz seiner hübschen Altstadt nicht wirklich anzusehen. Selbst das Wahrzeichen der Stadt, die Burg, ist ein architektonisches Mischmasch. Am besten gefallen uns hier die vielen Cafés, die mit Originalität punkten. So ist die Konditorei Kormuth ein wahres Kunstmuseum, und das begrünte Café Urban möchte man am liebsten nie mehr verlassen (erneut ein klasse Kaffee, wieder jedoch zu einem stolzen Preis).

Am Mittag essen wir im kleinsten der drei Schiffsrestaurants, dem Mario Grill, denn heute gibt es Vegi-Burger. Für uns als Vegetarier eine willkommene Abwechslung zu Pasta, Gemüse und Salat. Das Restaurant hat nur eine Handvoll Tische und ist viel ruhiger als die anderen – eine Wohltat. Durch die grünen Donauauen geht es zurück in Richtung Österreich.

Unser letzter Stopp auf der Donaureise: Melk, auch «Tor zur Wachau» genannt. Über der 5000-Seelen-Gemeinde thront der ganze Stolz der Stadt: das Benediktinerkloster Melk auf dem 11. Jahrhundert, das schon den Schriftsteller Umberto Eco zu seinem Roman «Der Name der Rose» inspirierte. Meine Befürchtung, Tim könnte sich langweilen, bewahrheitet sich nicht – zu beeindruckend ist der Prunk. Trotzdem ist es irgendwann zu viel und wir gehen auf eigene Faust in den bezaubernden Garten und durch die Altstadt zurück zum Schiff. Endlich zeigt sich die Sonne wieder!

Mein Fazit der Reise?

Ich finde Schifffahren wahnsinnig entspannt. Man erspart sich anstrengende Autofahrten und mühsames Kofferpacken, ohne auf eine geballte Ladung Sightseeing verzichten zu müssen. Tim wird auf der Fahrt immer wieder von Mitreisenden gefragt, ob er sich als einziges Kind nicht langweile, und seine aufrichtige Antwort lautet jedes Mal nein. Im Gegenteil: Er hat es sichtlich genossen, das Küken an Bord zu sein und von allen verwöhnt zu werden. Am besten habe er das Personal, das Essen und Budapest gefunden, sagt er auf meine Nachfrage hin – in dieser Reihenfolge. Ich kann dem nur zustimmen. Klar, man ist auf einer Schiffsreise weniger unabhängig, als wenn man alleine reist, man entdeckt keine lokalen Restaurants und man hat immer die gleiche Gruppe an (betagten) Menschen um sich herum. Und vielleicht muss man sich bei längeren Touren vorab kindgerechte Ausflüge überlegen, die ja jede Stadt bietet, denn das vorgeschlagene Angebot an familientauglichen Erlebnissen ist bescheiden. Aber für mich überwiegen eindeutig die Vorteile – nach einer Woche komme ich entspannt und mit vielen neuen Erlebnissen im Gepäck zurück. Es war bestimmt nicht meine letzte Schiffsreise – ich habe schon entdeckt, dass Nicko Cruises auch Asien- und sogar Weltreisen im Angebot hat. Mal sehen, was die Zukunft bringt.



Offenlegung: Diese Reise fand auf Einladung von Nicko Cruises statt.


Wer schreibt hier?
Miriam Bosch Autorin Reiseblog Patotra
Miriam Bosch

Miriam kümmert sich seit Juli 2018 bei PATOTRA hauptsächlich um das Themengebiet Reisen mit Kindern.

«Als langjährige Journalistin ist es für mich selbstverständlich, mit Neugier und offenen Augen durchs Leben zu gehen. Doch nicht immer sieht man aus der eigenen Perspektive alles – und so bin ich glücklich und dankbar, dass mein Mann und meine Kinder (14 und 8 Jahre) meine Weltsicht erweitern.

Ich liebe es, neue Welten zu entdecken – seien sie nah oder fern. Low-Budget-Reisen durch Südostasien gehören für mich ebenso dazu wie ein Verwöhnwochenende in den Alpen. Wichtig sind mir vor allem zwei Dinge: Die Reiseorte müssen authentisch sein. Und: Sie müssen nicht nur mich und meinen Mann, sondern auch unsere Kinder begeistern.»

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